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Der Seelenhändler

Der Seelenhändler

Titel: Der Seelenhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orontes
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Jakobspilger. Auch konnte für mich an der Tatsache, dass ihr es wart, von denen Alfons gesprochen hatte, kein Zweifel bestehen; er beschrieb euch sehr genau – denk an deine rechte Hand. Außerdem habt ihr ihn ganz in der Nähe des Tales getroffen, in dem Arnulf wohnte. Und nur einen Tag nach eurer Begegnung mit dem Schweinehirten finden Arnulf und seine Familie den Tod. – Begreift ihr nun, weshalb mein Verdacht fast zwingend auf euch fallen musste?“
    „Ich verstehe“, sagte Rudlin leise und nickte.
    „Unglaublich!“, murmelte Heinrich kopfschüttelnd.
    Sonst sagten sie nichts. Auch Wolf schwieg. Stille erfüllte die Kammer, unterbrochen nur vom gelegentlichen Knistern der Kerzenflammen, die nach wie vor kärgliche Helle verbreiteten und bizarre Schatten an die Wand zeichneten.
    Rudlins Gedanken begannen zu kreisen. Tief in sich versunken, betrachtete er die Schatten an der Wand. Welch unterschiedliche Formen sie annehmen, dachte er. Und wie schnell sie sich veränderten – diese dunklen Töchter des Lichts. Glich nicht das Leben selbst dem wechselnden Spiel von Schatten und Licht? Und bestimmte nicht die Art des Lichtes auch die des Schattens? Das scheidende Licht des Tages, zum Beispiel – warf es nicht andere Schatten als das der Morgendämmerung? …
    … Die Männer im Morgengrauen …
    … Der Fluss und die Nebelschwaden …
    … Das Geräusch der Stiefel im Matsch …
    … Die Unterhaltung der vier Männer, die auf den Einarmigen warten …
    … Die rätselhafte Bemerkung des „ Katzengestaltigen “ , als sie davonreiten …
    … Das höhnische Lachen …
    Unvermittelt sprang Rudlin auf.
    „Wann, sagtet Ihr, geschah der Mord? Einen Tag nach unserer Begegnung mit dem Schweinehirten?“, fragte Rudlin mit bebender Stimme.
    Heinrich starrte seinen Mitbruder entgeistert an.
    Auch Wolfs Blick wirkte konsterniert. Seine Brauen zogen sich zusammen.
    „Ja“, sagte er nur. Was hatte der Mann denn auf einmal?
    „Herr, ich weiß nicht … ich machte eine Beobachtung … am Morgen des zweiten Tages, nachdem … ihr wisst schon … nach unserer Begegnung mit dem Schweinehirten … ich glaube, es könnte Euch interessieren, das heißt … ich weiß es nicht …“ Rudlin wurde wieder unsicher.
    „Nur zu. Heraus damit. Welche Beobachtung? Sagt es mir!“, forderte Wolf ihn auf. Er merkte, wie sich die Erregung des Alten auf ihn zu übertragen begann.
    Rudlin hatte sich unterdessen wieder auf der Bettkante niedergelassen. „Wir … ich meine, Bruder Heinrich und ich“, begann er – offenbar merkte er nicht, dass er Wolf soeben ihre Identität bestätigt hatte –, „wir waren … wir hatten am Abend vorher unser Lager an der Enns aufgeschlagen … Am darauffolgenden Morgen wurde ich wach. Ich hatte Geräusche gehört und Stimmen. Aus unserem Versteck heraus konnte ich sie beobachten. Es waren vier Männer … rohe Gesellen. Sie warteten. Drüben, am anderen Ufer. Auf einen, der nur einen Arm hatte … sie nannten ihn auch den Einarmigen. Er brachte ihnen die Pferde. Am Anfang konnte ich nicht verstehen, was sie sagten. Später aber schon … als sie lauter sprachen. Dem, was sie sagten, konnte man entnehmen, dass sie irgendeinen Grund haben mussten, sich zu verbergen. Als der Einarmige dann gekommen war, ritten sie weiter. Doch davor sagte der Anführer noch etwas … etwas sehr Seltsames. Er sprach von einer Trophäe … von einer Zehe … und …“
    Wolf sprang auf. Polternd stürzte der Hocker hinter ihm zu Boden.
    „ Was sagte er? Wiederhol es“, stieß er heiser hervor.
    Rudlin schluckte. Ihm war ganz seltsam zumute. „Nun … wie ich sagte. Der Mann, ich glaube, es war der Anführer, rief einem seiner Kumpane etwas zu … jemandem solle … eine Trophäe überbracht werden … von einer Zehe war die Rede …“ Rudlin hielt inne.
    „Weiter, erzähl bitte weiter. Kannst du dich an den genauen Wortlaut erinnern?“, drang Wolf in ihn.
    Noch immer saß Rudlin auf der Bettkante. Den Kopf in die Hände gestützt, versuchte er sich zu konzentrieren.
    Nach einer halben Ewigkeit schließlich, hob er endlich das graue Haupt.
    „Und?“, fragte Wolf gepresst.
    Mit klarem Blick sah Rudlin ihm in die Augen.
    „Ich glaube, jetzt weiß ich es wieder“, sagte er, nicht ohne Stolz. „Sogar die Namen sind mir wieder eingefallen. Den Einarmigen nannten sie Ingolf. Der andere mit dem langen Haar hieß Randolph.“
    „Randolph? Mit dem langen Haar? Wer ist Randolph?“
    „Na der, zu dem der Anführer es

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