Der Seelenjaeger
wir wissen dieses Opfer zu würdigen. Ihr seid die, die den Seelenjäger verbannen werden, die, die Bota Ëndërr zu seiner damaligen Schönheit zurück helfen und die Träumerin aus ihrem totenähnlichen Schlaf befreien.“
„Ich … ähm …“, zögerte Tefan.
„Tu es!“, befahlen die Stimmen.
Der Bandit stöhnte auf, schien seine Kräfte zu sammeln. Ich hörte ein Schwert durch die Luft schneiden, bevor es mit einem lauten Krachen in das Holz schlug. Ein schriller Schmerzensschrei brach hervor. Nicht nur die beiden Ahorne brüllten, der ganze Wald, vermutlich jeder Baum in ganz Bota Ëndërr litt mit dem geschundenen Silberahorn. Ich wünschte mir in diesem grausigen Moment nichts mehr, als jemanden, der mir die Ohren zuhielt. Der lang anhaltende Schrei fuhr durch meinen gesamten Körper. Ließ mich erzittern, schickte mir die Tränen in die Augen, bis das Wehklagen langsam verklang. Unter das gegenwärtige Klingeln in den Ohren gemischt, hörte ich flinke trippelnde Schritte, die sich von uns fortbewegten.
„Sie zeigen keinerlei Reaktion, starren brav weiterhin auf das Schloss“, setzte Knox uns flüsternd in Kenntnis.
„Bringt ihn heran“, überging der Baum die Anmerkung des Krix ungerührt.
Ich wurde von starken Händen gefasst. Mein Körper hob sich an und zwei meiner Freunde trugen mich zum Ahorn.
„Das Harz, das dort austritt, sieht aus wie flüssiges Silber“, stellte Lara, die sich anscheinend neben mir befand, fest.
„Lehnt ihn mit der Wunde gegen den austretenden Lebenssaft“, wiesen die Bäume unisono an.
Die Füße trafen wieder auf den Boden und mein müder Körper wurde, wie erklärt, mit dem Rücken gegen den Stamm gelehnt.
Im ersten Augenblick spürte ich abgesehen von der Rinde, gegen die meine nackte Haut traf, rein gar nichts. Dennoch übte ich mich in Geduld – was blieb mir auch anderes übrig?
Warme dickflüssige Masse rann über die Wunde, lief das Rückgrat hinunter und sammelt sich am Hosenbund. Ich zuckte zusammen, als sich das Silber den Weg in meine Hose bahnte und an den Oberschenkeln herunter glitt. Erst da wurde mir bewusst, dass ich das Zusammenzucken dieses Mal nicht nur innerlich vollzog, sondern dass mein Körper tatsächlich reagiert hatte. Ein freudiges Jauchzen entfloh Laras Kehle.
„Es funktioniert!“, rief Zad glücklich aus.
Immer weiter strömte das Silber über die Wunde an meiner Schulter, meine Nervenzellen nahmen eilig ihre Arbeit auf und sendeten Informationen an mein Hirn. Meine Lider flatterten, als ich mich darauf konzentrierte, sie zur Bewegung zu drängen. Noch gelang es mir nicht, doch meine Hand konnte ich dazu überreden, zuzudrücken.
Zads Atem beschleunigte sich, als er meine Reaktion spürte. Jemand strich mir sachte über die Wangen, wischte die Freudentränen weg, welche mir aus den Augen rannen.
Es war eines der wunderbarsten Gefühle, die ich je zu spüren bekommen hatte. Lange Zeit, mir kam es vor wie eine Ewigkeit, war mein mehr oder weniger wacher Geist gefangen in einer nutzlosen Hülle. Das Einströmen des Lebens war eine so starke Empfindung, die ich nie für möglich gehalten hätte, jemals zu spüren. Hitze schoss durch die Blutbahnen, schob sich vor bis in die entferntesten Winkel. Ein wohliges Kribbeln durchfuhr mich, als sämtliche Körperfunktionen der Reihe nach wieder ansprangen. Ich drückte Zads Hand noch fester.
„Du schaffst es, ich wusste, dass du es schaffst!“, gab er mit wackeliger Stimme zu.
Ich grinste, was Lara erneut einen quietschenden Laut der Freude entlockte. „Da!“, rief sie, „sein Mund hat sich bewegt.“ Sie applaudierte leise, als es sich vor mir zu verdunkeln begann.
Was ist das jetzt?,
fragte ich mich irritiert, als ich plötzlich zwei weiche Lippen spürte, die sich sanft gegen meine drängten.
Zad!
„Lass mir etwas Luft zum Atmen“, lachte ich und schob ihn ein Stück von mir.
„Du bist wieder da! Es hat wirklich funktioniert!“, freute sich mein Partner, schlang die Arme um mich und hielt mich fest gegen seinen Körper gedrückt.
„Ja, ich bin wieder da“, presste ich mit krächzender Stimme hervor.
Knox vollzog einen seiner Freudentänze, bevor er sich mit voller Wucht gegen meinen Oberschenkel warf. Lara folgte unmittelbar und presste sich an meine linke Seite. Tefan freute sich ebenfalls und drückte sich gegen die rechte Körperhälfte.
Ich lachte freudig und versuchte meine Freunde abzuschütteln, denn viel Sauerstoff drang tatsächlich nicht mehr zu mir vor.
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