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Der Seelenleser

Der Seelenleser

Titel: Der Seelenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Paul
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geschehen.
    Er konnte nicht sagen, wie es ihnen gelungen war, das alles durchzustehen. Sie hatten beide ihre Verluste alleine ertragen, sie hatten es gleichzeitig getan, jeweils in der Anwesenheit des anderen, aber nicht zusammen. Doch das hatte am Ende eine Beziehung zwischen ihnen erzeugt, von der sie wussten, dass sie auf eine Weise wichtig war, die sie noch nicht verstehen konnten.
    Irgendwann fand Fane einen Weg, wie er zur gleichen Zeit mit Dana und ohne sie leben konnte. Es war ein verrücktes Gedankenspiel. Es steckte keine Methode dahinter, und er hätte niemandem erklären können, wie er es gemacht hatte. Es war nur ein Weg, auf dem er sich in Richtung eines selbst definierten Gleichgewichts kämpfte, und irgendwann konnte er ohne Dämonen einschlafen und ohne Betroffenheit aufwachen.
    Wie er es auch geschafft hatte, es war geschehen mit Roma an seiner Seite. Zusammen hatten sie gelernt, die Trauer des anderen zu respektieren und dort Abstand zu halten, wo nur Einsamkeit gegen den Verlust half. Und sie hatten auch gelernt, dass nur die Stimme des anderen den Schmerz lindern konnte, den sie beide teilten, wenn die Einsamkeit zu grausam wurde.
    Doch in den letzten Monaten gab es Anzeichen, dass irgendetwas zwischen ihnen begonnen hatte, sich zu ändern. Es waren subtile Dinge wie eine gelegentliche Bemerkung von einem von ihnen, die einen intimeren Aspekt des anderen betraf, als sie normalerweise beredeten, oder eine Bemerkung, die ein gemeinsames tiefes Verständnis einer Sache voraussetzte. Ob Fane und Roma sich dieser Details bewusst waren oder nicht, die Distanz zwischen ihnen verkleinerte sich zunehmend.
    Romas Bemerkung über Fanes Foto-Besessenheit war so ein Fall. Er erkannte, dass sie die Dimension seiner Beschäftigung mit diesen Bildern verstand, obwohl er nie mit ihr darüber diskutiert hatte, und ihre einfühlsame Beobachtung brachte sie ihm wieder ein Stück näher. Er schaute sie ein paar Herzschläge lang an, begriff, was gerade geschehen war, und kehrte wieder zu ihrem Tagesgeschäft zurück.
    Er erzählte ihr, was Vera ihm über Elise Currin erzählt hatte, dann was sie ihm später von ihrer morgendlichen Sitzung mit Lore Cha berichtet hatte. Danach fasste er seine eigene Unterhaltung mit Lore am Nachmittag zusammen.
    Wie immer beobachtete er mit Interesse, wie sie die neuen Informationen verarbeitete. Romas Meinung hatte für Fane große Bedeutung. Sie konnte die menschliche Natur hervorragend lesen, aber er achtete nicht nur auf die Worte, die sie verwendete. Ihr Gesicht und ihr Körper drückten vieles aus, was sie vor denen nicht verbarg, denen sie vertraute.
    Roma legte gerne eine unterkühlte, überhebliche Reserviertheit an den Tag, die jeder anderen Frau den Beinamen » Schneekönigin« eingebracht hätte. Doch dieser Begriff passte einfach nicht zu einer olivenhäutigen, dunkeläugigen Rola, wie Kolumbianer liebevoll Frauen aus Bogotá nennen. An Roma war nichts kalt. In ihr war es immer am Brodeln. Sie beherrschte die Selbstkontrolle bis zu einer gewissen Grenze, und ihre scheinbare Kälte war eine Warnung, ihr nicht zu nahe zu kommen.
    Als Fane Veras Version ihrer Sitzung mit Lore Cha seine Unterhaltung mit ihr gegenüberstellte, versuchte er, Lores Worte so genau wie möglich wiederzugeben, da es ihr gut gelungen war, ihre wachsende Panik zu beschreiben.
    Als er fertig war, nickte Roma, während sie das Gehörte verarbeitete und sortierte, doch ihre Reaktion war zurückhaltend.
    » Was auch immer wir über diesen Kerl herausfinden, eins ist jetzt schon klar«, sagte sie. » Er ist ein echter Widerling. Was er tut, ist die intellektuelle Entsprechung zum Begrapschen von Frauen in einer überfüllten U-Bahn.«
    » Nettes Bild.«
    » Auch wenn er am oberen Ende der sozialen Skala agiert«, fügte sie hinzu, » ist es verabscheuungswürdig, in den Gedanken einer Frau herumzuschleichen, nur um zwischen ihre Beine zu kommen.«
    » Aber Vera glaubt, dass es ihm nicht nur um billigen Nervenkitzel geht.«
    » Baut er dieses Zeug auch in seine Treffen mit Elise ein? Oder ist das etwas, das er nur mit Lore Cha macht?«
    » Ich habe den Eindruck, dass irgendetwas dieser Art auch bei Elise abläuft. Aber ich würde darauf wetten, dass er es dort auf eine völlig andere Weise macht.« Fane lehnte sich in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme und blickte Roma an. » Sie benimmt sich wie eine Hobbyspionin«, wechselte er abrupt das Thema. » Celia Negri meine ich.«
    » Und was folgerst

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