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Der Seelenleser

Der Seelenleser

Titel: Der Seelenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Paul
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Moment zögernd da, bevor er sich seinen Regenmantel von der Tonamphore griff und sich an Roma wandte. » Ich habe mit ihm ziemlich lange zusammengearbeitet«, sagte er, als ob Fane nicht im Raum wäre. » Er wirkt eigentlich nicht hartnäckig. Oder wie jemand, der verdammt waghalsig ist. Und selbst wenn er sich dann doch so verhält, lässt man ihm ziemlich viel durchgehen. Man denkt: Nun gut, da steckt eine gewisse Logik dahinter; ich kann verstehen, warum er das getan hat. Man denkt auch: Es ist eine Ermessensentscheidung. Und er hat ja recht. Und trotzdem ist es hirnverbrannt und waghalsig.«
    Er warf ihr ein zaghaftes Lächeln zu, und mit einem Blick, der an beide gerichtet war, sagte er: » Seid vorsichtig, ihr zwei. Der Fall hier könnte noch ziemlich heiß werden.«
    Mit diesen Worten verließ er Fanes Arbeitszimmer, und seine Schritte verhallten bald auf dem Steinboden der Diele. Sie blickten sich immer noch an, als sie die schwere Tür aus Glas und Schmiedeeisen zufallen hörten.
    » Schieß los«, sagte Fane. » Was liegt dir auf der Zunge?«
    » Vector ist ein weltweit operierendes Unternehmen, das für einige der größten Konzerne der Welt arbeitet– und für die besten Geheim- und Nachrichtendienste. Die sind verdammt gut.«
    Fane nickte. Er wusste, worauf sie hinauswollte.
    » Aber sie schaffen es nicht, einen ihrer eigenen Agenten zu finden, der verschwunden ist? Und das sollen wir ihnen abkaufen?«
    » Wir haben das beide schon erlebt«, sagte Fane. » Niemand kann so groß oder so gut sein, dass Verrat einen nicht doch irgendwie trifft. Es ist und bleibt die Achillesferse dieses Geschäfts, dass man es mit Menschen zu tun hat.«
    » Es passt mir zu gut zusammen. Wir stolpern in diese Ermittlung hinein, und sobald sie in Richtung Vector führt– stellt sich heraus, ach ja, die suchen auch nach Kroll. Und sie sind schockiert, dass er die ganze Zeit hier war, direkt vor ihrer Nase.«
    Fane fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
    » Vielleicht ist ja wirklich so, Roma. Insiderwissen ist ein unglaublicher Vorteil. Deshalb können sich Spionageskandale jahrelang hinziehen.«
    » Bist du bereit, darauf zu wetten, dass es wirklich so abläuft und nicht doch irgendwie anders?«
    » Was bleibt uns denn als Alternative? Die Möglichkeiten sind unendlich, und wir haben keinen Anhaltspunkt, der uns in irgendeine andere Richtung weist. Ich fürchte, es macht keinen Unterschied, ob wir uns damit wohlfühlen oder nicht. Wir müssen unter diesen Voraussetzungen arbeiten. Wir müssen diesen Kerl in die Hände bekommen, und wir haben kaum noch Zeit.«

Kapitel 27
    Die Uhr zeigte 13:22, als Fane Vera in ihrer Praxis anrief und ihr mitteilte, dass sie den Mann mit den Pseudonymen identifiziert hatten. Er sagte ihr, dass sie dringend einiges zu besprechen hätten, und fragte, ob sie den Rest ihrer Termine für den Nachmittag absagen könne.
    Diese unverblümte Aufforderung traf sie völlig unvorbereitet.
    » Was ist passiert?«
    » Kümmern Sie sich um Ihre Termine«, bat er, » und ich bin in zwanzig Minuten bei Ihnen.«
    Als Fane Veras Praxis betrat, gab sie sich gelassen. Doch es war für ihn nicht schwer, in ihrer unbewusst übertriebenen Gewähltheit die verräterischen Anzeichen von unterdrückter Aufregung zu entdecken: Die Körperhaltung war überkorrekt und angespannt, in ihrem fragenden Blick stand Sorge, und sie bewegte sich sehr vorsichtig, als wäre sie von einer Aura aus dunkler Vorahnung umgeben.
    Sie nahm auf dem Sofa Platz, von dem aus sie den düsteren Hof überblickte. Fane setzte sich in einen der Lehnsessel.
    Er brachte sie auf den neuesten Stand, erzählte ihr vom Treffen mit Celia Negri, die ihnen das dritte Pseudonym verraten hatte (der Name Robert Klein sagte Vera nichts), von seiner langen Unterhaltung mit Elise und dann vom Anruf seines Rechercheurs, in dem er den echten Namen von Klein/Kern/Krey erfahren hatte: Ryan Kroll. Schließlich berichtete er ihr noch, was er im Laufe des Vormittags über Kroll erfahren hatte.
    Vor Schreck riss sie den Mund auf und atmete ganz tief ein. » Das ist doch unglaublich«, sagte sie. Dann wurde sie argwöhnisch. » Warum haben Sie mich alle meine Termine für heute Nachmittag absagen lassen?«
    » Wir sind derzeit nicht in der besten Lage«, sagte Fane. Er wollte nicht noch mehr Zeit vergeuden, indem er um den heißen Brei herumredete. » Wir wissen immer noch nicht, was Kroll tut, und noch weniger, warum. Wir wissen nicht, wo sich Ihre Dateien befinden.

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