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Der Seelensammler

Der Seelensammler

Titel: Der Seelensammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donato Carrisi
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einer Woche ist es ihm
gelungen, die Auftragskiller zu finden. Er hat sie in eine verlassene Fabrik
gelockt und dort ermordet. Das Gleiche hat er mit Ranieri getan, indem er dessen
Auto manipuliert hat. Und deshalb wird er gleich hier sein. Ich bin ihm nur
zuvorgekommen.«
    »Wenn Sie es nicht waren – wer hat das Ganze dann eingefädelt?«
    »Das weiß ich nicht, aber es ist noch keine vierundzwanzig Stunden
her, dass ein sterbender Serienmörder namens Jeremiah Smith aufgefunden wurde.
Er hat einen Schriftzug auf der Brust: Töte mich . Zum
Notfallteam des Krankenwagens gehörte die Schwester eines seiner Opfer. Sie
hätte Selbstjustiz verüben können. Ich nehme an, Raffaele wurde das Gleiche angeboten.«
    »Warum wollen Sie mir das Leben retten?«
    »Nicht nur Ihnen: Dieser Serienmörder hat eine Studentin namens Lara
entführt. Er hält sie irgendwo gefangen, aber jetzt liegt er im Koma und kann
nicht reden.«
    »Ist sie die Unschuldige, die Sie vorhin erwähnt haben?«
    »Wenn ich weiß, wer das alles organisiert hat, kann ich sie
vielleicht noch retten.«
    Altieri führte das Cognacglas zum Mund. »Ich wüsste nicht, wie ich
Ihnen helfen könnte.«
    »Bald wird Raffaele hier sein, wahrscheinlich dürstet er nach Rache.
Rufen Sie die Polizei, und stellen Sie sich! Ich werde auf Ihren Sohn warten
und versuchen, ihn zum Reden zu bringen. Vielleicht weiß er etwas, das mir
weiterhelfen kann.«
    »Ich soll der Polizei alles gestehen?« Seinem spöttischen Ton war zu
entnehmen, dass der Anwalt nicht im Traum daran dachte.
    »Wer sind Sie überhaupt? Wie soll ich Ihnen trauen, wenn Sie mir das
nicht verraten?«
    Marcus überlegte sogar, ihn einzuweihen. Wenn das die einzige
Möglichkeit war, würde er von seinen Prinzipien abweichen. Er wollte gerade den
Mund aufmachen, als sich der Schuss löste. Er drehte sich um. Hinter ihm hielt
Raffaele die Waffe umklammert. Sie war auf den Sessel gerichtet, in dem sein
Vater saß. Die Kugel hatte Leder und Polsterfüllung durchschlagen. Altieri
sackte nach vorn und ließ das Cognacglas fallen.
    Marcus hätte den Jungen gern gefragt, warum er geschossen hatte,
verstand aber, dass ihm Rache lieber war als Gerechtigkeit.
    »Danke, dass Sie ihn zum Reden gebracht haben«, sagte Raffaele.
    Da begriff Marcus, was seine Rolle in diesem Spiel gewesen war. Aus
diesem Grund hatte jemand ihre Begegnung in Laras Wohnung herbeigeführt.
    Er sollte Raffaele das letzte Mosaiksteinchen liefern: das Geständnis
seines Vaters.
    Nun wollte Marcus Raffaele seine Fragen stellen, in der Hoffnung
herauszufinden, was diese zwanzig Jahre alte Geschichte mit Jeremiah und Laras
Verschwinden zu tun hatte. Aber noch bevor er etwas sagen konnte, hörte er in
der Ferne ein Geräusch. Raffaele lächelte ihn an. Es waren Polizeisirenen. Der
Junge hatte die Polizei gerufen und machte keine Anstalten zu fliehen. Diesmal
sollte Gerechtigkeit walten. Auch in diesem Punkt wollte er sich von seinem
Vater unterscheiden.
    Marcus wusste, dass ihm nur noch wenige Minuten Zeit blieben. Er
hatte viele Fragen, musste aber verschwinden. Hier durfte man ihn auf keinen
Fall antreffen.
    Niemand durfte wissen, dass es ihn überhaupt gab.

20 Uhr 35
    Nachdem Sandra alles eingepackt hatte, was sie brauchte,
konnte sie unweit der Via Giolitti ein Taxi ergattern. Sie gab dem Fahrer die
Adresse und ging dann auf dem Rücksitz noch mal ihren Plan durch. Er war
ziemlich riskant. Sollte herauskommen, was sie tatsächlich vorhatte, würde sie
mit Sicherheit vom Dienst suspendiert.
    Das Auto überquerte die Piazza della Repubblica und bog dann in die
Via Nazionale ein. Rom war ihr nicht unbekannt. Doch einer Frau, die wie sie in
Norditalien geboren und aufgewachsen war, würde diese Stadt immer fremd
bleiben. Vielleicht auch, weil sie einfach zu schön war, genau wie Venedig, das
nur noch von Touristen bevölkert zu sein schien. Bei solchen Orten konnte man
sich nur schwer vorstellen, dass wirklich jemand dort lebte, dort arbeitete, einkaufen
ging und die Kinder zur Schule brachte, anstatt all die Pracht zu bewundern,
die ihn umgab.
    Das Taxi bog in die Via San Vitale ein. Vor dem Polizeirevier stieg
Sandra aus.
    Alles wird gut gehen!, sprach sie sich Mut zu.
    Am Wachhäuschen zeigte sie ihre Dienstmarke vor und bat, mit einem
Kollegen aus dem Archiv sprechen zu dürfen. Daraufhin wurde sie gebeten, im
Wartezimmer Platz zu nehmen. Wenige Minuten später holte sie ein hemdsärmeliger
rothaariger Kollege mit vollem Mund ab.
    »Was kann

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