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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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ins Ohr setzte. Aber das war typisch für Herrn Trakenberg. Dabei genügte es doch, daß ihre kleine Isa Assistentin bei Frau Mandel war – eine Menge lernte, gut verdiente, für eine Schneiderin doch eine tüchtige Karriere. Sie sollte lieber bei ihren Leisten bleiben, sie verstand ihr Handwerk, was wollte man mehr. Eines Tages würde ein Mann vorbeikommen, sie würde heiraten und Kinder kriegen. Hoffentlich. Das wollte Gretel unbedingt noch erleben.
    Die Folge des Zerwürfnisses mit ihrer Mutter war, daß Isabelle sich eine eigene Wohnung suchte und auszog. Für Ida war es – trotz allem – ein schwerer Tag, als der Umzugswagen vor der Tür stand und Isabelles Sachen eingeladen wurden. Sie stürzte sich in den Hausputz, wollte nicht dabeisein, wenn ihr Kind abfuhr. Loslassen müssen: das war immer das schwierigste für sie gewesen.
    Isabelle hingegen freute sich wie ein Stint. Ihre neue Wohnung war nicht besonders groß und lag im Universitätsviertel. Es erinnerte sie ein wenig an Paris. Auch deshalb, weil die Wohnung sich in einem alten Patrizierhaus befand und im vierten Stock unter dem Dach lag. Sie hatte zweieinhalb Zimmer, Küche, Bad, und das schönste war der Balkon, der, wie sie Puppe Mandel erklärte, «ins Dach geschnitten» war: Links und rechts von Mauern eingefaßt, die sich steil absenkten und mit rostroten Pfannen gedeckt waren, glich er eher einer Terrasse. Wenn man an dem geschwungenen schwarzlackierten Gitter stand, hatte man einen weiten Blick über die Stadt und fühlte sich frei und leicht.
    Statt als erstes die Umzugskartons auszupacken, flitzte Isabelle zu ihrer Bankfiliale, plünderte ihr Sparbuch und kaufte in einem Blumenladen um die Ecke Terrakottakübel, Blumenkästen aus grün gestrichenem Holz, Erde und Pflanzen. Am Umzugstag stand sie bis in die Nacht, einer warmen, heiteren Sommernacht, auf dem Balkon und pflanzte Rosensträucher ein, die voller dicker Knospen waren, duftenden Lavendel, blauen Rittersporn, weiße und rosafarbene Lupinen und zum Hochranken am Mauerwerk Clematis-Stauden und Efeu. Sie wünschte sich einen prächtigen Bauerngarten. So einen, wie sie ihn zu Hause in Luisendorf gehabt hatten.
    Dann kamen die schwierigen Tage der Gespräche und Verhandlungen. In diesem Punkt hatte Ida natürlich recht: Isabelle hatte nicht die geringste Ahnung, wie sie einen Vertrag zu ihren Gunsten hätte beeinflussen und gestalten lassen können. Doch oft belastet Wissen nur und blockiert den Mut. Isabelle besaß einen gesunden Menschenverstand, und sie vertraute Carl. Das genügte. Es ärgerte sie zwar, daß bei allen Treffen in den hypermodernen Büros der Anwälte auch Peter Ansaldi dabei war, aber sie mußte zugeben, daß seine schnelle Art, sein analytisches Denken und seine frech vorgetragenen Argumente sehr dazu beitrugen, die Sache voranzutreiben und offene Fragen rasch zu klären.
    Einmal kam es zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen ihr und Peter. Er verlangte, in die Verträge solle die Bedingung aufgenommen werden, daß sie die Stoffe für ihre Kollektion ausschließlich bei der Firma Carl Trakenberg zu kaufen habe. Isabelle saß in der Zwickmühle. Sie empfand eine solche Forderung als Knebel, sowohl in kreativer als auch in kaufmännischer Hinsicht. Doch sie wollte auch Carl nicht vor den Kopf stoßen, schließlich hatte sie ihm alles zu verdanken. Peter Ansaldi blieb beinhart. Und auch sie wollte nicht nachgeben. Sie wußte: Hier ging es um mehr als um einen Vertragspassus. Schließlich kam ihr – wie so oft – Carl zur Hilfe und forderte seinen Schwiegersohn auf, diesen Punkt aus den Vereinbarungen zu streichen. Er sagte, so etwas entspreche nicht den guten hanseatischen Kaufmannssitten und sei einer jungen, neugegründeten Firma nicht zuzumuten. Insgeheim spürte Isabelle jedoch einen Hauch von Enttäuschung bei ihm.
    Kürzlich hatte er ihr einen Vortrag darüber gehalten, wie die Geschäftswelt funktionierte. Er hatte ihr gesagt, Erfolg werde immer von Menschen gemacht, mit Menschen und niemals gegen Menschen. Von lebenslangen Freundschaften hatte er gesprochen, von Seilschaften, davon, daß eine Hand stets die andere wäscht, und dabei gebrauchte er auch das Wort Stalltreue.
    «Es gibt so was wie Stalltreue, Isabelle. Gegenüber Familien, Freunden und, du wirst es nicht glauben, auch gegenüber Firmen. Merk dir das gut.» Es klang fast ein wenig harsch, drohend. Stalltreue. Sie hatte gegen die Stalltreue verstoßen, gleich vom ersten Moment an.
    Trotzdem kam

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