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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Tischordnung hat meine Frau gemacht. Sie wollte mich ärgern.»
    Isabelle setzte sich wieder. «Wird man Sie nicht vermissen?» Sie zeigte zur Villa hinüber.
    Carl tat, als habe er sie nicht verstanden, und legte eine Hand hinter sein Ohr.
    «Sie sind ja weder hundert noch taub ...»
    «Sie?»
    «Du! Entschuldigung. Ich muß mich erst daran gewöhnen.»
    «Und verrückt bin ich auch noch nicht. Nein. Glaubst du, man würde mich vermissen?» Er schüttelte den Kopf. «Die Regeln der Gesellschaft, mein Mädel, die muß ich dir auch noch beibringen. Du ... ich ... keiner von uns wird wirklich benötigt als Mensch, verstehst du? Wir sind nur Dekoration. Deswegen sind doch immer alle beleidigt, wenn man absagt. Weil ihre Dekoration dann nicht mehr perfekt ist. Nicht, weil sie dich vermissen würden, dich besonders mögen. Es geht nicht um dich. Bei solchen Einladungen ist man eine Figur. Ich bin heute die Figur, die zahlt, die Vaterfigur, die große Reden schwingt. Alles andere: Wurscht. Jeder Schauspieler hätte die Rolle übernehmen können.»
    «Und nun sagst du gleich: Jeder ist ersetzbar.»
    Carl stand auf. «Ich will dich ja heute abend nicht desillusionieren. Im Gegenteil.» Er setzte sich neben sie auf die Bank. «Mein Mädel», sagte er ernst.
    «Carl!» sagte sie und mußte lachen, weil es so ungewohnt und ihr ein wenig peinlich war, ihn auf einmal zu duzen.
    «Wir haben nämlich was zu feiern.»
    Eine Windbö trug ein paar Fetzen Musik von der Villa herüber in den Pavillon. Die Combo spielte Stevie Wonders You Are the Sunshine of my Life. Isabelle summte mit.
    «Wir haben nämlich zu feiern, daß Puppe dir ihr Geschäft zum Juli übergeben will.»
    Isabelle hörte abrupt auf zu summen und sah ihn erstaunt an. «Das sagst du mir so ... jetzt ...»
    «Ich dachte: Ist ein schönes Geschenk für dich am heutigen Tag. Vivien kriegt meinen Kompagnon und du den Modesalon ...»
    «Ist das echt wahr?»
    Er nickte und strahlte sie an.
    «Aber ... aber, ich meine: Darfst du mir das so einfach sagen, schließlich ist es ...»
    «Sie hat es mir erlaubt.» Er stupste sie an die Nase. «Mach dir keine Sorgen.»
    Isabelle schlug die Hände vors Gesicht. Endlich! Endlich, endlich, endlich. Es war soweit, sie war soweit. Doch schon brach die Ernüchterung in ihre Euphorie. «Aber wie?» fragte sie. «Wie soll es gehen?»
    «Puppe wird am Montag mit dir über alles reden, Isabelle. Sie und ich haben folgendes verabredet: Noch kommende Woche machen wir einen Termin beim Anwalt. Ich empfehle, alles Notwendige mit meinem Hausanwalt zu besprechen, er ist ein tüchtiger Mensch, und er kennt ein wenig die Verhältnisse. Puppe neigt dazu, Anwälte zu verschleißen, ihre Jungs sind meist Kampfhunde, trainiert darauf, Leute zu verklagen.» Er grinste. «Du weißt schon.»
    Isabelle dachte in diesem Moment an etwas anderes. Ihr fiel es wie Schuppen von den Augen. Sie hatte bisher immer gedacht, als es hieß, sie würde den Salon übernehmen, es ginge darum, ihn zu führen, ihm neues Leben zu geben, ihre Seele einzuhauchen, mit ihren Entwürfen und ihren Ideen. Doch Carl schien nun davon zu sprechen, daß sie nicht nur Geschäftsführerin werden sollte, sondern Inhaberin. «Ich glaube, jetzt verstehe ich das erst: übernehmen! Aber ich habe keinen Pfennig, Carl! Keinen Pfennig Geld. Das geht doch gar nicht.»
    «Du wirst einen Kredit bekommen.»
    «Ich kriege doch auch keinen Kredit! So ein Quatsch.»
    «Ich werde für dich bürgen.»
    Isabelle runzelte die Stirn. «Was hat das für mich zu bedeuten?»
    Carl bemerkte ihr Mißtrauen. «Das fängt ja gut an. Ganz in der Tradition unserer Madame Mandel, was? Nein, ganz im Ernst: Ich finde es ja gut, wenn du alles fragst, was du wissen willst. Du mußt alles fragen. Du mußt alles wissen.»
    «Also?»
    «Also: nichts. Ich bürge für dich. Fertig. Ob du es glaubst oder nicht: Ich habe auf diesen Moment sehr lange hingearbeitet. Ich habe schon vor mehr als zehn Jahren etwas in dir erkannt ... gesehen ... ich weiß, in dir steckt noch viel mehr, als wir alle jetzt zu ahnen wagen.» Er streichelte ihre Wange. «Na ja, ein wenig Eigennutz ist auch dabei. Ich will halt später als dein Entdecker gelten!»
    Isabelle war die Lobhudelei unangenehm. Und sie war völlig aus dem Häuschen. Sie konnte es immer noch nicht ganz glauben. Sie stellte sich ans Fenster und sah hinaus. Dann drehte sie sich um. Ihre Wangen waren gerötet, ihre Augen glänzten. Im Licht der Kerzen um sie herum sah sie

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