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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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nicht?»
    «Kommt noch.»
    «Wie lange willst du denn noch warten? Du bist doch auch schon fast zehn Jahre im Geschäft. Irgendwann ist es zu spät, dann ist der Kuchen verteilt.»
    «Zerbrich dir mal nicht meinen Kopf.»
    «Bist ja nicht mehr die Jüngste.»
    «Danke.»
    «Ich meine, ich gehe jetzt mal nach deinem Aussehen, nicht?»
    «Verspritz dein Gift woanders.»
    Er tätschelte ihre Wange. «Nicht bös sein. Ich bin halt ehrlich.»
    «Kommst du?» rief Patrizia aus gebührendem Abstand.
    «Also dann, guten Weiterflug», sagte Isabelle und küßte ihren Konkurrenten. «Warum überhaupt Saudi-Arabien?»
    «Das ist unser größter Markt, Süßi, wir verklappen mein Parfüm im Golf», erklärte er lachend.
    «Ich hoffe, alles. Auch das, was man hier noch kaufen kann. Damit wir diese Plage endlich los sind ...» Sie winkte ihm kurz zu und ging.
    Als sie im Taxi saßen, tadelte Patrizia sie. «Daß du dich mit solchen Typen überhaupt noch unterhältst.»
    «Ach ... Ich kenne ihn schon so lange. Er ist auch jemand wie ich, hat ganz unten angefangen ...» Sie sah aus dem Fenster, dachte zurück an die Anfänge, an die ersten Erfolge. Unglaublich viel war in den vergangenen Jahren passiert, jetzt stand sie im Zenit ihres Ruhmes. Über hundert Menschen arbeiteten für Isabelle Corthen, sie besaß in Deutschland ein Dutzend Geschäfte, sie hatte eine zweite, junge Modelinie unter dem Namen «Isa» herausgebracht, die sich glänzend verkaufte, und nun war sie auf dem Weg in die Metropole der Mode, sie war zurückgekehrt in die Stadt, die sie einst so unglücklich und klein verlassen hatte, um nun endlich groß herauszukommen: Isabelle zeigte zum erstenmal eine Kollektion in Paris.
    Das Taxi fuhr vor dem Hotel Intercontinental in der Rue Castiglione vor. Patrizia zahlte, der Doorman kam angetrabt, begrüßte sie und nahm das Gepäck aus dem Wagen. Isabelle blieb vor dem imposanten Portal stehen und sah an der alten, wuchtigen Fassade des Hotels hoch.
    Patrizia trieb zur Eile an. «Wir haben um eins das Essen im Ritz, mit ...»
    «Laß mich doch einmal durchatmen. Das ist schließlich meine alte Heimat hier!» Sie drehte sich um und zeigte in die andere Richtung. «Da um die Ecke, in der Rue de Rivoli, war das Atelier von Morny, da habe ich geschuftet ...» Sie seufzte. «Wie oft habe ich hier vor diesem Hotel gestanden und geträumt, eines Tages ...»
    «Ich heule gleich.»
    «Sei doch nicht so herzlos, Patrizia.»
    «Sei doch nicht so kitschig, Isabelle!»
    «Das sind halt Erinnerungen. Das verstehst du nicht.»
    «Du bist 'ne sentimentale Kuh. Beschäftige dich nicht mit gestern. Kümmer dich ums Morgen.»
    «Tu ich, keine Sorge.»
    Sie betraten durch gläserne Türen das Hotel. Auf weichen Teppichen schritten sie durch die mit Antiquitäten vollgestopften Gänge, bis sie an die Rezeption gelangten. Isabelles Sekretärin hatte eine Junior-Suite reserviert. (Zum Sonderpreis – Isabelle achtete nach wie vor sehr darauf, zu sparen, wo immer es ging.) Die Suite lag im vierten Stock, und die Fenster des Wohn- und Schlafzimmers, die bis zum Boden reichten und vor denen sich kleine, halbhohe Balkongitter befanden, gingen auf den Innenhof hinaus, in dem friedlich ein Brunnen plätscherte. Es war ein warmer, sonnenüberfluteter Oktobertag. Ein paar Gäste hatten es sich auf den weißen Stühlen inmitten von Blumenrabatten und Pflanzenkübeln mit Lorbeer- und Buchsbäumen gemütlich gemacht, lasen Le Monde oder ließen sich von Kellnern einen Mittagsimbiß servieren. Isabelle zog einen der Fauteuils ans geöffnete Fenster, setzte sich hinein, legte die Füße auf das verschnörkelte Gitter und schloß die Augen. Sie versuchte sich zu entspannen. Sie war aufgeregt. Morgen war der große Tag. Sie hatte es geschafft, sie durfte in Paris zeigen. Nicht in einem der Zelte hinter dem Louvre, wo die großen Franzosen, die legendären Häuser, die berühmten Japaner ihre Schau abzogen, sondern hier in diesem Hotel.
    Eine von Patrizia organisierte Crew hatte in wochenlanger Kleinarbeit sämtliche Hindernisse beiseite geschafft und alles vorbereitet. Heute nachmittag sollte ein Probelauf sein. Sie betete, daß nichts schiefgehen würde. Belle Corthen in Paris. Sie stand auf, ging ins Bad und erfrischte sich. Im Schlafzimmer räumte Patrizia herum. Der Page hatte das Gepäck gebracht, sie gab ihm ein Trinkgeld. Im Laufe der Zeit waren die Hotels, in denen sie wohnten, immer besser, aus den Zimmern Suiten geworden, doch seit ihrer ersten

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