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Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
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Mach hin!»
    Isabelle tat, was Christin verlangte, und spülte mit Champagner nach.
    «So, Belle, mein Schatz, und was ißt du jetzt?»
    «Ich hab wirklich nicht so 'n Hunger.»
    «Geld?»
    Isabelle senkte den Blick.
    «Ich lade dich ein, Belle! Heute ist ein besonderer Tag.»
    «Ach, laß nur, nicht schon wieder. Ist lieb. Aber ich habe wirklich nicht so großen Appetit!»
    Als der Kellner kam, um die Bestellung entgegenzunehmen, orderte Christin Langusten mit Mayonnaise als Vorspeise, danach gegrillten Petersfisch, dazu einen Salat und eine Flasche Sancerre.
    «So werden meine Wünsche respektiert», maulte Isabelle.
    «Wieso?» Christin nahm sich ein Stück Weißbrot. «Ich habe deinen Lieblingsfisch bestellt, ganz wie du es wolltest.» Als sie sich ein Stückchen Brot abbrach und in den Mund steckte, fiel ihr ein Krümel in den Ausschnitt. Sie sah an sich herunter und bemerkte, daß sie ihre Bluse noch nicht zugeknöpft hatte. «Und du sagst nichts!» schimpfte sie. «Obwohl ... warum heute nicht mal einen auf lasziv ...» Sie nahm das Sektglas, senkte die Lider und schlürfte den Champagner. Die Herren am Nebentisch, zwei Geschäftsleute, die mehr in ihre Unterlagen vertieft gewesen waren als in ihr Essen, schauten irritiert herüber. Christin schlüpfte aus ihrem linken Schuh und fuhr ostentativ an Isabelles Bein hoch. Isabelle war das unangenehm, doch ihre Verlegenheit spornte die Freundin nur an. Sie drückte ihren Busen hoch, griff sich in die Haare, sah zu den sprachlos staunenden Franzosen hinüber, stemmte den Ellenbogen auf den Tisch, stützte das Kinn in die Hand und starrte zurück. «So sind wir Frauen eben», sagte sie auf französisch und wandte sich wieder ihrem Champagner zu.
    Isabelle zündete sich die zweite Zigarette an. «Du bist unmöglich.»
    «Wer hat letzten Samstag in der Disko auf der Box getanzt?»
    «Ich war betrunken.»
    «Reichlich oft in letzter Zeit.»
    «Aber du! Warum hast du überhaupt so gute Laune, Christin?»
    «Tja», sie wurde ernst, «es ist etwas passiert. Du wirst es nicht glauben und dich vielleicht auch nicht so freuen können wie ich, aber das hier alles, dies ganze Paris-Gedöns, sagst du nicht immer Gedöns? ...»
    «Weiß ich nicht. Kann sein. Also was nun? Rede doch endlich.»
    «... lasse ich hinter mir. Moi, ich gehe weg aus dieser Stadt. Ich gehe ...» Stumm zeigte sie zu dem Tisch des amerikanischen Ehepaars, das sich gerade vom Oberkellner Eiswürfel in den Rotwein schaufeln ließ.
    Isabelle verstand nicht sofort.
    «Ich gehe nach Amerika, Mensch! Blöde Kuh. Gratulier mir! Ich gehe nach – tatata! Vergeßt mich, Französinnen und Franzosen: New York! Ich werde Moderessortleiterin bei Linda USA. So. Nun weißt du's. Jetzt dürfen die Langusten kommen.»
    Isabelle war platt. Einen Moment lang durchschoß sie ein Gefühl von Neid. Der Gedanke, was für ein Glück ihre Freundin in den letzten Jahren stets gehabt hatte, wie unbeschwert sie immer gewesen war, wie unangestrengt sie arbeitete und wie sie trotzdem eine solche Karriere hinlegte. Aber dann überwog das Gefühl von ehrlicher Freude. Sie gönnte es Christin. Sie stand auf, ging zu ihr auf die Bank, gab ihr einen Kuß, umarmte sie und flüsterte ihr «toi, toi, toi» ins Ohr. Nun waren die Männer am Nebentisch sich vollends sicher, zwei lesbische Frauen säßen neben ihnen. Der Gedanke schien ihnen zu gefallen. Sie grinsten.
    Isabelle ging an ihren Platz zurück. «Und ich bleibe allein zurück.»
    Christin widersprach ihr nicht, sie sagte nicht «Du hast ja noch Remo», sie sagte gar nichts, sie guckte sie nur ernst an. Zum Glück kam der Kellner mit den Langusten, und sie begannen mit ihrem Souper.
    Nach dem Essen gingen sie zu Fuß in Richtung Ile St-Louis.
    Christin hatte darauf bestanden, Isabelle nach Hause zu bringen. Es hatte aufgehört zu regnen. Die Nacht war frühlingsmild. Die beleuchteten Brunnen der Stadt plätscherten. Verliebte schlenderten Arm in Arm über die Boulevards. Selbst der Verkehr schien sich sanft verhalten zu wollen, um die erwachende Natur nicht zu verschrecken. Ein feiner Glanz lag über dem nächtlichen Paris, und das war nicht nur dem Abendregen zu verdanken.
    «Je länger ich darüber nachdenke, desto trauriger werde ich», sagte Isabelle. «Remo ständig auf Achse – auf Erfolgskurs –, du bald drüben, ich nach wie vor auf meiner Galeere. Ich hab's mir anders vorgestellt.»
    «Lernst du da was?»
    «Ja, schon, aber ...»
    «Na, also.»
    «Am liebsten würde ich

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