Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Der Seerosenteich: Roman (German Edition)

Titel: Der Seerosenteich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Pfannenschmidt
Vom Netzwerk:
trug und passend dazu gerötete Wangen hatte, einen Zehnmarkschein zustecken. Puppe rauschte vorbei, in einem indischen Hosenanzug aus Seide und einem Turban, in dem eine große Perle steckte. Sie und Charlotte wechselten ein paar Worte auf eine seltsam freundschaftliche und zugleich distanzierte Weise. Isabelle beobachtete die beiden Frauen und war fasziniert von ihrem Umgang miteinander – von der Würde und der Gelassenheit, mit denen jede die Präsenz der anderen in ihrem eigenen Leben duldete.
    Peter Ansaldi, der keinen Schritt von ihrer Seite gewichen war, weckte sie aus ihren Gedanken: «Seltsam. Es ist meine Hochzeit. Und ich kenne hier kaum jemanden. Sind alles Viviens Leute, mehr oder weniger. Aber trotzdem: schön. Kein Problem.»
    «Geht mir ebenso. Ich kenne auch niemanden.»
    «Ja. Uns verbindet eine Menge. Dich und mich.»
    «Ach ja?»
    «Sicher.»
    «Wir kennen uns doch kaum.»
    «Ich weiß alles über dich. Du hast mich schon immer interessiert.»
    Isabelle versuchte, so souverän wie möglich zu bleiben. Doch ihr spöttischer Blick nützte ihr nichts.
    Er redete gedämpft weiter, mit leicht schnarrender, scharfer Stimme: «Du hast dich doch auch an ihn rangehängt, nicht wahr?»
    «An wen? Rangehängt?»
    «Carl.»
    «Ich glaube nicht, daß das die richtige Formulierung ist.»
    «Ich glaube schon. Wir kommen beide von unten. Und wollen nach oben. Stimmt doch, oder?»
    «Vielleicht solltest du dich jetzt mal um deine anderen Gäste kümmern. Auf diese Weise lernst du vielleicht den einen oder anderen Menschen hier doch noch kennen ...» Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn herausfordernd an.
    «Wir kommen noch zusammen.» Er leerte sein Glas mit einem Zug und stellte es der vorbeihuschenden Bedienung auf das Tablett. «Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.» Dann machte er eine angedeutete Verbeugung, schlug dabei, kaum hörbar in dem Stirnmengewirr, die Hacken seiner Schuhe mit einem Klacken zusammen und ging zu seiner Ehefrau ins Nebenzimmer.
    Mehr denn je war Isabelle in letzter Zeit mit Avancen überhäuft worden. Seltsam. Gerade jetzt, wo sie am wenigsten Interesse an Männern hatte, wo sie sich auf ihre Karriere konzentrieren wollte, hätte sie an jedem Finger zehn haben können. Einerseits liebte sie es zu flirten. Sie mochte dieses Spiel. Sie wollte gut aussehen, gut ankommen, umschwärmt werden, begehrt werden, wie in der Schule eine Eins mit Sternchen kriegen. Aber sie wollte sich auch zurückziehen, sagen können, wann Schluß war. Männer hatten die Angewohnheit, ein «Nein» nicht sehr ernst zu nehmen. Sie wollten bestimmen, so waren sie erzogen. Frauen mit Selbstbewußtsein, die den Takt angaben: das war ihnen ein Greuel.
    An diesem Abend während der Soiree hatte Isabelle einmal mehr Anlaß, bei ihrem Entschluß «Hände weg von den Kerlen» zu bleiben. Ihr Tischnachbar, ein dünner, schnöseliger Eins-neunzig-Mann Ende Zwanzig, belagerte sie wie ein mittelalterliches Heer eine Festung. Er gehörte zur Kategorie des Blankeneser Treppenadels, wie man hier sagte. Eine Spezies, deren Vertreter sich aufgrund von Geld und Geschäftstüchtigkeit geadelt sahen, sich durch Arroganz auszeichneten, einander wie ein Ei dem anderen glichen und auf der Hochzeitsgesellschaft reichlich vorhanden waren.
    Vivien hatte Isabelle und den Schnösel miteinander bekannt gemacht. «... und das ist Isabelle Corthen. Eine alte Freundin der Familie ...» – Handkuß – «Wenn sie nicht gewesen wäre», Vivien hakte sich beschwingt bei ihrem Mann ein, «dann würden wir heute keine Hochzeit feiern. Dann gäbe es mich gar nicht mehr.» Sie lachte hell auf. «Dann wäre ich tot. Isa hat mir mal das Leben gerettet.»
    Isabelle winkte ab. «Du übertreibst!»
    «Ich bin als Kind auf dem Eis eingebrochen. Schrecklich!»
    Vivien sah hinreißend aus. Puppe Mandel hatte ihr ein Ballkleid entworfen, das aus champagnerfarbener Spitze bestand, die sich eng an den Oberkörper schmiegte und dann in weitfallenden Chiffon überging. Kamelienblüten, die ihr der Friseur in das Haar gesteckt hatte, waren ihr einziger Schmuck. Ihr Mann hatte sich für den Abend einen Smoking angezogen. Sie gaben das perfekte Paar ab, und Vivien brachte mit ein paar amüsanten Anekdoten aus der Jugendfreundschaft zwischen ihr und Isabelle die Männer zum Lachen. Die vier waren inmitten der rauschenden Roben und der Abendanzüge, dem Lichterglanz und Blumenregen, dem Stimmengewirr, Gelächter, Gläserklingen und der leisen

Weitere Kostenlose Bücher