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Der Seher

Der Seher

Titel: Der Seher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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versicherte mir, es würde ein nächstes Mal geben. Ich würde sehen, sagte er mit Nachdruck. Je länger wir zusammen waren, desto schwungvoller wurde er. Ich würde sehen, daran bestehe kein Zweifel.
    Dann sagte er: »Und jetzt zum Geschäft. Neue Instruktionen für Quinn.«
    Diesmal gab es nur eine Botschaft: Der Bürgermeister sollte anfangen, sich nach einem neuen Polizeichef umzusehen, weil der gegenwärtige, Sudakis, in Kürze zurücktreten werde. Das überraschte mich. Sudakis war einer von Quinns glücklichsten Griffen bei der Ämterbesetzung gewesen – er war tatkräftig und populär, fast ein Held, wie ihn die New Yorker Polizei seit Generationen nicht mehr gehabt hatte, ein solider, verläßlicher, unbestechlicher, mutiger Mann. Nach den anderthalb Jahren, in denen er das Department geleitet hatte, konnte man es sich schon nicht mehr ohne ihn vorstellen; es war, als ob er immer schon der Chef gewesen sei und es immer sein würde. In bewundernswerter Weise war er daran gegangen, die Gestapo, zu der die Polizei unter Bürgermeister Gottfried geworden war, wieder in eine Friedenstruppe zu verwandeln, und die Arbeit war noch nicht abgeschlossen: Erst vor ein paar Monaten hatte ich gehört, wie Sudakis dem Bürgermeister sagte, er werde noch weitere anderthalb Jahre brauchen, um die Säuberung zu beenden. Sudakis vor dem Rücktritt? Es klang nicht sehr wahrscheinlich.
    »Quinn wird es nicht glauben«, sagte ich. »Er wird mir ins Gesicht lachen.«
    Carvajal zuckte die Achseln. »Sudakis wird nach dem ersten Januar nicht mehr Polizeichef sein. Der Bürgermeister sollte einen fähigen Nachfolger bereit haben.«
    »Vielleicht. Aber das ist alles so verdammt unplausibel. Sudakis steht wie der Felsen von Gibraltar. Ich kann dem Bürgermeister nicht sagen, er werde demnächst aussteigen, selbst wenn er das vorhat. Die Sache mit Thibodaux und Ricciardi hat eine solche Störung verursacht, daß Mardikian darauf bestand, mich auf Erholungsurlaub zu schicken. Wenn ich jetzt mit so einer unglaublichen Sache ankomme, werden sie mich ganz woanders hinschicken.«
    Unerschütterlich, unerbittlich starrte Carvajal mich an.
    Ich sagte: »Geben Sie mir wenigstens irgendwelche erklärenden Daten. Warum will Sudakis zurücktreten?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Würde ich mehr erfahren, wenn ich mich an Sudakis wenden würde?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Sie wissen nicht. Sie wissen nicht. Und es ist Ihnen auch egal, nicht wahr? Sie wissen nur, daß er gehen will. Alles übrige ist Ihnen unwichtig.«
    »Nicht einmal das weiß ich, Lew. Nur daß er gehen wird. Sudakis weiß selbst vielleicht noch nichts davon.«
    »Oh, fantastisch. Fantastisch! Ich sage es dem Bürgermeister, der Bürgermeister holt sich Sudakis, Sudakis bestreitet alles, denn nach dem Stand der Dinge ist es nicht so.«
    »Die Wirklichkeit verwirklicht sich immer«, sagte Carvajal. »Sudakis wird zurücktreten. Es wird sehr plötzlich geschehen.«
    »Muß ich derjenige sein, der Quinn das sagt? Und wenn ich gar nichts sage? Wenn die Wirklichkeit sich immer verwirklicht, dann wird Sudakis so oder so gehen, ganz gleich, was ich tue. Ist es nicht so? Ist es nicht so?«
    »Wollen Sie, daß der Bürgermeister unvorbereitet dasteht, wenn es soweit ist?«
    »Lieber das, als vom Bürgermeister für verrückt gehalten zu werden.«
    »Haben Sie Angst, Quinn über den Rücktritt zu informieren?«
    »Ja.«
    »Was meinen Sie, würde Ihnen passieren?«
    »Ich komme in eine ziemlich peinliche Situation«, sagte ich. »Ich werde etwas rechtfertigen müssen, das für mich selbst keinen Sinn ergibt. Ich muß auf das Argument zurückgreifen, es wäre eine Vorahnung, nur eine Vorahnung, und wenn Sudakis abstreitet, daß er an Rücktritt denkt, werde ich meinen Einfluß bei Quinn verlieren. Vielleicht verliere ich sogar meinen Job. Ist es das, was Sie wollen?«
    »Ich habe nicht die geringsten Wünsche«, sagte Carvajal von fernher.
    »Außerdem, Quinn wird Sudakis bestimmt nicht gehen lassen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Absolut. Er braucht ihn viel zu sehr. Er wird den Rücktritt nicht annehmen. Egal, was Sudakis sagt, er wird im Amt bleiben, und was passiert dann mit der Wirklichkeit, die sich immer verwirklicht?«
    »Sudakis wird nicht bleiben«, sagte Carvajal sehr gleichgültig.
    Ich verließ ihn und dachte darüber nach.
    Meine Einwände gegen eine Empfehlung an Quinn, sich einen Nachfolger für Sudakis zu suchen, dünkten mich logisch, vernünftig, plausibel, unwiderlegbar. Ich war

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