Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
Meeresluft, während er mitansehen musste, wie die junge Frau und ihr Retter davonsegelten. Ohne sie würde seine Familie für alle Zeit verdammt sein.
Die Kälte, die seine alten Knochen heimsuchte, ließ Eldon schaudern. Lord Henry Grange würde jeden MacDonald dafür bestrafen. Warum hatte er bloß nicht dem Mann sofort von der Geburt des Kindes berichtet?
Stattdessen ließ er sich von Lady Grange einreden, dass ihr Ehemann nicht gern erfahren würde, Vater einer Tochter anstelle eines Sohnes geworden zu sein. Die wenigen Gelegenheiten, bei denen er zuvor Grange begegnet war, hatten keinen Zweifel daran gelassen, dass der Mann den Überbringer einer solch unerfreulichen Neuigkeit töten würde.
Also taten sie, worum die Mutter sie bat, hielten die Geburt geheim und ließen das Kind bei ihr aufwachsen, solange sie lebte. Jahrelang hatte die Gegenwart der Tochter dafür gesorgt, dass die Mutter keinen ihrer gellenden Schreie mehr ausstieß, und für diesen geringfügigen Segen waren sie alle dankbar gewesen. Die Erleichterung war dann aber schnell von ihnen gewichen und hatte der Angst Platz gemacht, ihre Täuschung könnte enthüllt werden.
Es war pure Verzweiflung, die sie dazu trieb, das Mädchen zu verraten und dem Vater seine Existenz preiszugeben. Sie benötigten Geld, um die Vorräte aufzustocken, die unter dem harten Winter gelitten hatten. Ohne Essen und ohne die Möglichkeit, eine neue Saat auszubringen, würde sein Clan nicht überleben können. Zum Teufel mit seinem Sohn Aldous, der nicht auf seine Rückkehr warten konnte und die junge Frau dem verkehrten Mann überließ.
Wie der König von ihrer Existenz hatte erfahren und so schnell reagieren können, versetzte jeden von ihnen in Erstaunen. Durch diesen Fehler würde der Clan nur noch mehr leiden müssen, es sei denn, sie griffen zu einer anderen Maßnahme, die schlimmer war als der Verrat an einem unschuldigen Mädchen.
Ein unheilvoller Schauer durchfuhr Eldon, während die Besatzung das kleine Boot zurück zur Isle of St. Kilda ruderte.
Ihnen blieb nichts anderes übrig, als mit Grange zu verhandeln, damit der ihr Leben verschonte. Sie hatten seine Tochter verloren, doch sie besaßen immer noch eine andere Sache, auf die Lord Grange es abgesehen hatte: das Geheimnis des Schicksalssteins.
Viertes Kapitel
Das Cottage bewegte sich, neigte sich zur Seite und kippte um. Izzy stöhnte leise und drückte die alte abgewetzte Decke an sich, die ihr Bett darstellte, und versuchte ruhig dazuliegen. Doch ihre Bemühungen waren vergebens, da sich das Cottage weiter bewegte.
»Habt keine Angst, das ist nur eine weitere Welle.«
Vergeblich versuchte Izzy, wenigstens ein Auge einen Spalt zu öffnen, als sie die vertraute Stimme hörte. »Eine Welle?«, gab sie leise zurück. »Aber Wellen gibt es nur auf dem Meer.«
Ein sanftes Lachen war die erste Reaktion darauf, dann kam die Antwort: »Ihr seid auf dem Meer. Oder habt Ihr das bereits vergessen?«
Sie riss die Augen auf und starrte in einen Himmel, der aus weißem Leinentuch und grauen Wolken bestand. Es dauerte eine Weile, bis sie erkannte, dass man ein Segel über ihr behelfsmäßiges Nachtlager gespannt hatte, um sie vor Regen zu schützen.
»Es wird auch Zeit, dass Ihr aufwacht.«
Das Schiff. Der Mann. Izzy drehte sich in die Richtung, aus der seine Stimme kam. Er saß ihr gegenüber auf einem Holzschemel, ein Bein über das andere gelegt, und biss von einem Stück Fleisch ab, das er in den Händen hielt.
Als sie das Fleisch sah, verkrampfte sich ihr Magen. Dennoch versuchte sie sich hinzusetzen, aber das Schiff neigte sich in dem Moment so stark zur Seite, dass sie wieder auf der Matratze landete.
»Bleibt liegen, sonst wird Euch nur abermals übel.«
Für den Augenblick gab sie sich geschlagen, blieb liegen und tastete nach der Beule an ihrer Stirn. Das Erlebte war noch frisch im Gedächtnis -; das Schiff, die Kanonenkugeln, die beengende Kabine, ihre Panik. Das Gefühl zu ersticken hatte die Erinnerung an die Zeit in dem dunklen, feuchten Gefängnis geweckt, an die vielen Jahre in Gefangenschaft an der Seite ihrer Mutter. In ihrer Panik hatte sie sich den Kopf an einem niedrigen Balken gestoßen, und zurück an Deck war sie schließlich vor Erschöpfung fast sofort eingeschlafen. Izzy kniff die Augen zu und drängte ihre Panik dorthin zurück, wo sie alle schmerzhaften Erinnerungen an die Zeit im Kerker versteckt hielt.
Dieser Mann, dieser Fremde, hatte sie aus dem erdrückenden
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