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Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerri Russell
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Quartier unter Deck befreit.
    »Seid Ihr hungrig?«, fragte er schroff. Ein leises Schlurfen war zu hören, dann neigte sich die Matratze unter seinem Gewicht zur Seite, und der Geruch von gebratenem Hähnchen stieg ihr in die Nase.
    Gebratenes Hähnchen?
    Voller Entsetzen riss sie die Augen auf und starrte auf den Teller mit Fleisch, den er neben ihr abgestellt hatte. Sie setzte sich hin und ignorierte, dass ihr Magen sich umdrehte. »Ihr habt doch nicht …«, setzte sie an, doch ihre Kehle fühlte sich mit einem Mal ausgedörrt und wie zugeschnürt an. »Mistress Henny …«
    »Keine Aufregung«, beruhigte er sie und verzog verärgert den Mund, da er zweifellos ihre unausgesprochene Unterstellung verstanden hatte. Dann deutete er auf ein Fass. »Euer Gepäck ist über die Art der Unterbringung nicht erfreut.«
    Izzy schaute zu dem Fass. »Mistress Henny?«
    Er nickte und biss wieder von seinem Hähnchen ab, während er sie mit zusammengekniffenen Augen beobachtete. »Ihr besitzt wohl nur wenig Vertrauen in andere Leute.«
    »Ich hatte in meinem Leben auch nur wenig Grund, irgendjemandem zu vertrauen«, hielt sie dagegen. Ein leises Klopfen gefolgt von Federrascheln lieferte den Beweis, dass Mistress Henny wohlauf war. Izzy kannte diese Geräusche nur zu gut. Das Huhn ärgerte sich über sein Gefängnis, in dem es saß, aber es war in Sicherheit -; so wie auch Izzy.
    »Interessant.« Er streckte den Arm aus und zeichnete mit seiner Hand sanft den Schwung ihrer Wange nach. Der flüchtige Kontakt ließ Wärme über ihre Haut tänzeln. Obwohl seine Fingerspitzen schwielig und seine Hand so groß wie eine Pranke war, fühlte sich seine Berührung wie hauchzarte Seide an.
    Sie machte sich innerlich darauf gefasst, vor ihm zurückzuzucken, da sie davon ausging, dass er jeden Moment gröber werden musste, so wie es bei Aldous MacDonald stets der Fall gewesen war. Doch das geschah nicht, stattdessen fiel ihr auf, dass er ihr forschend in die Augen blickte.
    Gleich darauf schien sich aber ein Schleier über seinen Blick zu legen, und er zog seine Hand weg. In der nachfolgenden Stille fiel ihr auf, dass es aufgehört hatte zu regnen und das Schiff sich ruhiger und gleichmäßiger über die Wellen bewegte. »Wie lange habe ich geschlafen?«
    »Jetzt nur ein paar Stunden, doch in den letzten drei Tagen wart Ihr immer wieder kurz vor dem Aufwachen«, antwortete er. »Wie fühlt sich Euer Kopf an?«
    »Drei Tage?« Behutsam tastete sie nach der Beule an der Stirn. »Die Stelle schmerzt.«
    Er musterte sie weiter, doch sein Gesichtsausdruck strahlte mit einem Mal etwas Düsteres, Bedrohliches aus. »Warum sollte jemand eine ganze Schiffsbesatzung losschicken, die Euch etwas antun soll?«
    »Mir etwas antun?« Sie erschrak.
    »Aus welchem anderen Grund würde mich der König losschicken, damit ich für Eure Sicherheit sorge?«
    Izzy legte die Hände in den Schoß und kämpfte gegen die Anspannung an, die sie zu überwältigen drohte. »Die Ehe ist kein Garant für Sicherheit.« Das wusste sie nur zu gut aus der Erfahrung ihrer Mutter.
    Er verzog den Mund zu einem schiefen, bitteren Lächeln. »Seit Ewigkeit funktioniert dieses Prinzip, dass Frauen durch die Ehe geschützt und Männer in eine Falle ohne Ausweg gelockt werden.«
    Sie hatte mit einer gewissen Arroganz in seinem Tonfall gerechnet, doch seine Worte klangen so hohl wie das Echo einer Tat, die ausgeführt werden musste, die er sich aber nicht ausgesucht hatte. »Ihr wollt mich eigentlich gar nicht heiraten, oder?«
    »Der König hat es so bestimmt, und damit bleibt keinem von uns noch eine andere Wahl.«
    Mit einem Mal fühlte sie sich eingeengt und schlug die Daunendecke zur Seite, die auf ihren Beinen lag. Dann stand sie auf, ohne auf den Schwindel zu achten, den die plötzliche Bewegung bei ihr auslöste.
    »Wohin wollt Ihr?«, fragte er besorgt.
    Sie antwortete nicht. Erst einmal musste sie für sich sein und den Wind auf ihrem Gesicht spüren, dann, und nur dann würde sie einen klaren Gedanken fassen können. Ihre Beine fühlten sich schwer wie Blei an, als sie sich bis zur Reling vorkämpfte. Sie atmete langsam und gleichmäßig durch, damit die frische Luft ihre Lungen füllte, dann schloss sie die Augen und ließ sich die steife Brise um die Nase wehen. Der Wind zerrte an ihrer Kleidung und zerzauste ihr Haar.
    Nur wenn eine Fülle von Empfindungen gleichzeitig auf sie einstürmte, wurde sie von ihren Ängsten befreit und konnte einen Augenblick lang Frieden

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