Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
sie ein paar Antworten liefern.« Er sah zum Bett. »Bleib du bei Isobel. Ich weiß, bei dir ist sie gut aufgehoben.« Als Brahan nickte, gingen Wolf und Walter weiter, doch an der Tür blieb er noch einmal stehen. »Und sorg dafür, dass jemand den Schaden repariert.«
Die Fesseln lagen wieder um ihre Handgelenke. Die eisige Kälte im Turm drang tief bis in ihre Knochen ein. Sie war gefangen, und ihr war kalt.
Abrupt wachte Izzy auf und starrte in die Dunkelheit, die sie zu allen Seiten umgab. Sie zerrte an ihren Fesseln und erwartete, dass die sich in ihre Handgelenke gruben, doch ihre Hände fanden kein Hindernis und berührten überraschend die Matratze.
Es war nur ein Traum. Sie befand sich nicht länger im Gefängnis, sondern in Wolfs Burg. Hier war sie für den Augenblick in Sicherheit.
Seine liebliche Stimme hatte ihr diese Worte erst vor kurzem ins Ohr geflüstert. Die Erinnerung daran ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen.
Sie kauerte sich zusammen, um sich selbst etwas zu wärmen. Warum hatte er das gesagt? Sie schloss die Augen und versuchte trotz des pulsierenden Schmerzes in ihren Schläfen ihr Gedächtnis zu bemühen. Sie erinnerte sich an den Schwindel, an schreckliche Magenschmerzen, an Wolfs Arme, die sich um sie legten. Von einem Heilkundigen war ihr ein widerwärtiger Trank eingeflößt worden. Und dann die Hochzeit …
Die Hochzeit! Izzy versuchte sich hinzusetzen. »Das kann nicht sein …»
»Ihr seid wach? Ausgezeichnet.«
Izzy schlug die Augen auf und entdeckte Brahan, der es sich in einem Sessel neben ihrem Bett gemütlich gemacht hatte. Ein Bein baumelte über die Armlehne.
Brahan betrachtete sie aufmerksam. »Ich wollte mit Euch reden, aber in den letzten Stunden wart Ihr nicht sehr gesprächig. Wolf bestand darauf, dass ich bei Euch bleibe, bis Ihr aufwacht. Wie fühlt Ihr Euch?«
Erneut versuchte sie sich aufzusetzen. »Was ist geschehen?«
»Bleibt liegen«, ermahnte er sie. »Ihr wurdet vergiftet.«
»Vergiftet?«, wiederholte sie ungläubig. »Wie?«
»Vergiftete Äpfel. Wüsstet Ihr jemanden, der Euch nach dem Leben trachtet? Und warum er es tut?« In seinen Worten schwang unüberhörbares Misstrauen mit.
Es gab nur einen Menschen, der ihr Schaden zufügen wollte, aber das war ihr Geheimnis. Anstatt zu antworten, schüttelte sie den Kopf, was sie jedoch sogleich bereute, da sich der Raum vor ihren Augen zu drehen begann. Sie ließ sich zurück auf das Kissen fallen.
»Wenn ich vergiftet wurde, warum kann ich mich dann an einen Priester erinnern? Er redete etwas … und Leute standen um mich herum … ich kann mich schwach an Euer Gesicht erinnern … und Wolf war auch hier …»Sie strich über die Bettdecke. »Habe ich die Letzte Ölung erhalten? Bin ich tot, und das alles ist nur ein Traum?«
»Nein, das ist kein Traum«, erwiderte Brahan lachend. »Und Ihr seid auch nicht tot. Ihr wurdet lediglich verheiratet, weiter nichts.«
»Verheiratet?« Im Zimmer herrschte mit einem Mal eine Kälte wie in einer Nacht im Januar. »Ich gab nie mein Einverständnis.«
»Das war nicht nötig. Mistress Rowley diente als Eure Stellvertreterin.«
Plötzlich bemerkte sie es – etwas Ungewohntes am dritten Finger ihrer linken Hand. Sie hob die Hand und sah einen glänzenden goldenen Ring mit funkelnden Saphiren. »Er kann nicht …»
Brahan schaute ebenfalls auf ihre Hand. »Das hat er bereits.«
Die Ehe ist das Böse, aus dem der Wahnsinn entspringt, hatte ihre Mutter gesagt. Opfere deine Unschuld, und du wirst die ganze Kraft deiner Gabe erfahren. Visionen aus dem Licht werden dir nichts als Schmerz bringen. Izzy presste die Hände auf ihre Ohren. Das allmähliche Abrutschen in den Schlund des Wahnsinns hatte bereits begonnen!
»Lady Isobel?«, fragte Brahan in einem nunmehr freundlichen Tonfall. Als sie nicht reagierte, nahm er ihre Hand und legte sie behutsam auf die Bettdecke. Sein besorgter Blick machte ihr Angst. »Was ist?«
Sie sah rasch zur Seite, damit ihre Geheimnisse gewahrt blieben. »Es ist gar nichts.«
»Nun«, seufzte er, »wenn Ihr nicht darüber reden wollt, dann könnt Ihr mir vielleicht einige Fragen zu diesem Stein beantworten, den Ihr an Eurer Halskette tragt.«
»Meine Halskette?«
»Aye.« Er kam etwas näher heran. »Woher habt Ihr den Stein?«
»Von … von meiner Mutter. Davor gehörte er ihrer Mutter und davor wiederum deren Mutter.« Als seine Miene noch nachdenklicher wurde, presste sie die Lippen aufeinander. Warum nur hatte
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