Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
wollte einen Arm um sie legen, überlegte es sich aber im letzten Moment noch einmal anders. Wenn er sie berührte, würde er alles nur umso schwieriger machen. »Ich möchte es wissen.«
»Ich …«, begann sie, unterbrach sich jedoch sogleich wieder.
»Fahrt fort«, ermutigte er sie mit ruhiger Stimme.
»Für mich gibt es in dieser Burg keinen Platz. Als ich aufwachte, wollte ich irgendetwas tun, um mich nützlich zu machen. Ich ging zum Hühnerstall, um ihn auszumisten, aber dort scheuchte man mich weg. Ich versuchte in der Küche mein Glück, doch Fiona hat dort das Sagen. Dann wollte ich Mistress Rowley bei ihren Aufgaben helfen und musste mir von ihr sagen lassen, dass der Platz einer Lady an der Seite ihres Gatten ist.« Den »Gatten»betonte sie so betrübt, dass ihr Schmerz beinahe greifbar wurde. »In dieser Burg gibt es drei Herrinnen«, fuhr sie sie fort, »und eine von uns musste klein beigeben.«
»Davon war mir nichts bekannt.« Er betrachtete den Weiher, um nicht das Häuflein Elend sehen zu müssen, als das sie sich ihm darbot. Sie war seine Braut und damit die rechtmäßige Herrin der Burg. »Ich rede mit Fiona.«
»Das wird nichts ändern«, gab sie leise zurück.
Sie hatte Recht. Es gab nur eine Lösung, um dieses Problem aus der Welt zu schaffen: Fiona musste gehen. »Ganz gleich, was Fiona oder Mistress Rowley sagen, Ihr seid die Lady dieser Burg, und ihre Bewohner benötigen Eure Fürsorge.«
Ihr Mienenspiel verriet ihm, sie war von seinen Worten nicht überzeugt.
»Ich brauche Eure Hilfe«, erklärte er ohne Umschweife.
»Tatsächlich?« Diesmal sah sie ihn ungläubig an.
»Ich könnte Eure Hilfe gebrauchen, damit Ihr zusammen mit der Köchin die Speisen zusammenstellt. Es ist eine Bestandsaufnahme der Kräuter aus der letzten Saison erforderlich, und die neue Saat muss ausgebracht werden. Außerdem habe ich die Weberin gebeten, Euch einen neuen Tartan anzufertigen. Ein Hochzeitsgeschenk.« Bei seiner letzten Bemerkung stockte ihr der Atem, doch ehe sie etwas darauf erwidern konnte, fuhr er fort: »Und Walter ist neu im Haushalt und muss erst noch mit allen Abläufen vertraut gemacht werden.« Er hielt einen Augenblick lang inne. »Werdet Ihr mir helfen?«
Sie nickte zustimmend, doch die Last, die auf ihren Schultern lag, blieb unverändert erdrückend. Sein Magen verkrampfte sich als Reaktion darauf, da ihm mit einem Mal bewusstwurde, dass er alles dafür tun würde, um sie lächeln zu sehen. Er hob zwei Kieselsteine auf und gab ihr einen, den sie erst nach kurzem Zögern annahm. »Seht mir zu.« Er stellte sich seitlich ans Ufer und beugte sich leicht vor, dann schleuderte er den Stein von sich, der immer wieder von der Wasseroberfläche abprallte … fünfmal … sechsmal … siebenmal.
Fasziniert schaute sie zu. »Darf ich das auch versuchen?«
Der Eifer in ihrem Tonfall brachte ihn zum Lächeln. Mit einer ausholenden Geste zeigte er auf den Teich. »Es wäre mir ein Vergnügen.«
Sie ahmte seine Position und Bewegungen nach, doch der Stein versank bereits im Wasser, als er das erste Mal die Oberfläche berührte. »Das ist schwieriger, als es aussieht.«
»Kommt, ich zeige es Euch.« Er drückte ihr einen weiteren Stein in die Hand, stellte sich hinter sie und legte schützend die Arme um ihren zierlichen Körper. Ihr wallendes seidiges Haar kitzelte ihn an seinem Hals. Sein Verlangen erwachte dabei so plötzlich, dass es ihm den Atem raubte. Der leichte Duft nach Heidekraut stieg ihm in die Nase und berauschte seine Sinne. Als Reaktion darauf zog er sie enger an sich, damit er ihren Duft noch tiefer einatmen und jedes Detail in sein Gedächtnis einbrennen konnte.
»Und was mache ich nun?«, fragte sie und holte ihn zurück ins Hier und Jetzt.
»Ihr nehmt Eure Hand so nach hinten«, brachte er heraus, obwohl seine Gedanken hinter einem dichten Schleier verborgen waren. »Und dann werft ihr den Stein.« Mit einer raschen Bewegung ließ sie ihn über das Wasser fliegen und zählte begeistert mit, wie er immer wieder von der Oberfläche abprallte. Wolf bekam davon jedoch kaum etwas mit. Sie drehte sich in seinen Armen halb um, so dass er ihr Gesicht sehen konnte. Ein erfreutes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, das ihr Gesicht strahlen ließ und alle Schatten vertrieb. So sollte sie immer lächeln, fand er.
Sein Blick blieb an ihren Lippen hängen, und auf einmal wollte er nichts lieber, als ihren Mund zu kosten.
Etwas an ihrem Lächeln veränderte sich, ihr Puls ging
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