Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
bewusstlos, weshalb ihre Mitwirkung bei dieser Zeremonie sich auf ihre bloße Gegenwart beschränkte. Ihr Verstand war in diesem Augenblick mit anderen Dingen beschäftigt.
Wovon träumte sie wohl? Ihre Gesichtszüge strahlten Ruhe und Frieden aus, als sich die Hochzeitsgesellschaft um ihr Bett versammelte. Würde es sie freuen, was er in diesem Moment für sie tat? Oder würde er sein Tun bitter bereuen, wenn sie erst einmal aufgewacht war? Würde sie in ihm einen Mann sehen, der alles Notwendige tat, um für ihre Sicherheit zu sorgen, oder eine Bestie, die ihr ihren Willen aufzwang?
Wolf unterbrach seine Überlegungen. Was zählte es schon, was sie dachte? Keiner von ihnen hatte eine andere Wahl, was diese Heirat anging. Ob sie ihn für eine Bestie oder einen ehrbaren Mann hielt, änderte nichts am Ergebnis.
Irritiert über die Richtung, in die sich seine Gedanken bewegten, sah Wolf zu den anderen Anwesenden. Walter stand am Fußende des Betts und betrachtete Isobel skeptisch. Zwar würde diese Ehe Walters Freiheit gewährleisten, doch er schien sich gar nicht darüber zu freuen. Brahan stand gegen die Wand gelehnt, schwieg und schaute ernst drein. Sein Freund wusste, wozu Wolf fähig war, und richtete nicht über ihn.
Der ungeeignetste Richter von allen hielt sich auf der anderen Seite des Gemachs auf. Father Alasdair MacMurphy war sichtlich unbehaglich zumute, während er am Kamin wartete. Zweifellos versuchte er sich zu entscheiden, in welche Rolle er schlüpfen sollte – die des Predigers oder die des Erretters.
Wolf hatte an diesem Abend für keinen von ihnen Verwendung. Wenn die Trauung vollzogen war, musste er etwas ganz anderes erledigen, und das hing in keiner Weise mit seiner Rolle als Bräutigam zusammen.
Seine Hand wanderte zum Schwert an seinem Gürtel. Sonst spendete es ihm Trost, wenn er das Heft umfassen konnte, jetzt dagegen fühlte es sich nur kalt und zerstörerisch an. Diese Kälte hatte ihm genügt, bis sie mit Gewalt in sein Leben *gedrängt worden war.
Ohne darüber nachzudenken, was er da tat, ging er zum Bett und setzte sich zu Isobel, dann legte er ihre Hand in seine. Ihre Berührung brachte das Chaos zur Ruhe, das in seinem Inneren tobte, und er spürte ihre Wärme, ihre Lebenskraft, ihr Wesen.
Ein reines und sanftes Wesen, das er eigentlich nicht verdient hatte, und doch war sie Teil jener mit seinem Vater getroffenen Abmachung. Isobel im Tausch für Walter. Wenigstens hatte er nicht ein Leben gegen das andere eintauschen müssen, sondern beiden Menschen etwas Gutes getan.
Alle Blicke waren auf ihn gerichtet, er spürte die neugierigen Blicke, die jede seiner Handlungen genau mitverfolgten. Er rührte sich nicht von der Stelle, sondern hielt einfach nur inne und genoss den Moment.
Er atmete noch einmal tief durch, dann zog er seine Hand zurück. Die Wärme verflog, es blieb nur die unheimliche Kälte, die sich wie üblich um sein Herz legte. »Bringen wir es hinter uns.« Die persönliche, intime Atmosphäre war mit einem Schlag dahin und hinterließ nur Leere und Verärgerung. Wolf bedeutete dem Priester, zu ihm ans Bett zu kommen.
Father MacMurphy sträubte sich gegen Wolfs rauen Tonfall. »Ganz ehrlich, Mylord, ich denke nicht …»
»Genau richtig. Ihr sollt auch gar nicht denken. Kümmert Euch einfach um die Zeremonie und sprecht im richtigen Moment die richtigen Worte.«
»Aber die Rechtmäßigkeit …»
Wolf griff nach dem in Leder gehüllten Dokument, das das Siegel seines Vaters trug. »Der König hat diese Verbindung gebilligt. Was benötigt Ihr sonst noch?«
»Das … darum geht es nicht. Es ist nur so …»
»Was denn? Sprecht es aus.«
Der Priester hielt das Pult so fest umklammert, auf dem seine Bibel lag, dass seine Knöchel weiß hervortraten. »Ihr könnt diese Frau nicht zur Ehe zwingen. Ich benötige ihre Zustimmung, sonst gilt ein solcher Bund moralisch als nicht geschlossen.«
»Unsinn.« Wolfs Gesicht nahm einen harten Zug an. »Ein solcher Bund gilt in jeder Hinsicht als geschlossen, und das schon seit Jahrhunderten. Warum sollte es jetzt anders sein?«
»Wir benötigen eine Stellvertreterin für die Braut«, gab der Priester zurück.
Wolfs Blick fiel auf Mistress Rowley. »Werdet Ihr diese Rolle übernehmen?«
Sie nickte knapp. »Das hat seine Richtigkeit, Father. Es mag eine ungewöhnliche Hochzeit sein, aber diese Ehe ist für beide Seiten das Beste.«
»Mag sein.« Sein skeptischer Tonfall hallte noch nach, als sich alle Anwesenden um das
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