Der Sehnsucht verfallen: Roman (German Edition)
Hand und verließ mit ihr das Gemach. Obwohl er humpelte, ging er zügigen Schrittes über den Gang, um dann die Treppe in sein privates Reich zurückzulegen.
»Dein Bein«, sagte sie keuchend, als sie an der Treppe angekommen waren.
»Ich glaube, der Beweis ist längst erbracht, dass mein Bein in Ordnung ist.«
Wäre ihr warm gewesen, hätten jetzt ihre Wangen geglüht. Doch das war nicht der Fall, und stattdessen lief ihr ein weiterer Schauer über den ganzen Körper, der sie so durchschüttelte, dass sie glaubte, sie müsse auf die Knie sinken.
»Ganz ruhig.« Er nahm ihren Arm und stützte sie, dann legte er ihre Hand an den Türrahmen. »Halt dich da fest. In der Zwischenzeit mache ich ein Feuer.« Mit diesen Worten verschwand er in der Dunkelheit des Zimmers hinter der Tür.
Isobel stand am Eingang zu Wolfs Allerheiligstem. Kalte Luft umhüllte sie und umgab sie mit einer finsteren Leere, in der nichts und niemand sonst existieren konnten.
Ein Licht flammte in dem kleinen Raum auf, und sie sah, wie Wolf sich zu dem sonderbar geformten Ofen in der einen Ecke begab. Der Funke eines Feuersteins zuckte in das Anmachholz, und kurz darauf fraßen sich die ersten kleinen Flammen durch die Späne. Als das Feuer richtig entfacht war, breitete sich in der Kammer angenehme Wärme aus, die Izzy wie die Finger einer riesigen Hand umgab und sie zum Feuer und damit zum Leben dirigierte.
Wolf stand neben dem Feuer, den Blick auf sie gerichtet. »Komm, das wird dich wärmen.«
Seine Augen strahlten etwas Exotisches, Mysteriöses aus, der Schwung seiner Lippen war unverhohlen sinnlich. Beides bereitete ihr wieder ein wohlig warmes Gefühl in der Magengegend, und noch bevor sie einen vernünftigen Grund finden konnte, warum sie besser nicht in diesen kleinen, beengten Raum eintreten sollte, stand sie auch schon dicht vor Wolf. Die kühle, frische Morgenluft hing in dem Gemach, die ihr ein wenig Schwindel und zugleich ein Hochgefühl bereiteten. Seine bloße Anwesenheit berauschte sie und nahm ihr die Fähigkeit, einen logischen Gedanken zu fassen. In seiner Nähe war die Angst wie weggewischt, von der sie sonst in derart engen Räumen befallen wurde.
»Wird dir bereits wärmer?«, fragte er leise und beruhigend.
Eine Hitze bahnte sich den Weg durch ihre Adern, die nichts mit dem Feuer im Ofen zu tun hatte. Die Wärme seines Körpers umgab sie, und mit einem Mal waren ihre Beine nicht mehr in der Lage, sie zu tragen. Abrupt sackte sie in sich zusammen.
»Ganz ruhig«, sagte er und legte einen Arm um sie, damit er sie stützen konnte, während er mit der anderen Hand über ihre Wange strich. Diesmal war es ein wohliger Schauer, der ihr über den Rücken lief, und sie atmete hastig ein.
Langsam setzte sich Wolf mit ihr vor dem Ofen so auf den Boden, dass sie auf seinem Schoß lag. Wieder zitterte sie vor innerer Kälte, woraufhin er seine Arme eng um sie schlang, um ihr zusätzlich zu dem Feuer Wärme zu spenden.
Sie konnte seinen Herzschlag hören, der sich mit Knistern und Knacken der brennenden Holzscheite vermischte. Ihr eigenes Herz kam allmählich zur Ruhe, und ein Gefühl der Zufriedenheit legte sich über sie. Fühlte es sich so an, wenn man umsorgt und geliebt wurde?
Unwillkürlich versteifte sie sich. Unten in seinen Gemächern hatte er ihr zwar gezeigt, was sich zwischen einem Mann und einer Frau abspielen konnte, doch von Liebe hatte er kein Wort gesagt. Aber wie sollte er sie noch lieben können, wenn er erst einmal wusste, wer und was sie in Wahrheit war? Ihr schauderte bei dieser Vorstellung. Sie musste ihm die Wahrheit sagen, ganz gleich welche Konsequenzen das für sie haben würde. Es war einfach ein zu großes Geheimnis, das irgendwann ans Licht kommen musste.
Sie machte sich bereit für ihr Geständnis, als sie auf einen kleinen funkelnden Gegenstand aufmerksam wurde, der vor dem Feuer auf dem Boden lag. Als sie sich vorbeugte, entpuppte es sich als eine Art Kristall, so klar und so rein, dass es aussah wie ein erstarrter Wassertropfen. »Was ist das?«
»Das ist ein Überrest meiner letzten Arbeit«, antwortete er nach kurzem Zögern.
»Du stellst Diamanten her?«
Er lächelte sie betörend an und ließ keine Spur von der Bestie erkennen, die zu sein man ihm nachsagte. Sie sah nur einen sanftmütigen, liebevollen Mann. »Nein, keine Diamanten, aber etwas fast genauso Kostbares. Möchtest du es sehen?«
Sie nickte eifrig und war neugierig genug, dass sie bereit war, ihre Enthüllungen noch
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