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Der Seitensprung

Titel: Der Seitensprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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Darüber kann man nicht selbst bestimmen. Wenn man sich verliebt, dann ist das so.«
    »So einfach ist das? Kann man wirklich nichts dafür tun, dass die Liebe wächst oder bleibt?«
    Sie gab keine Antwort. Hatte nicht die Kraft.
    »Kann man das nicht?«
    »Weiß ich nicht. Ich bin kein Experte.«
    »Aber was ist dann ein Betrug? Und warum tut er so weh, wenn man doch weiß, dass derjenige, der einen betrügt, nichts dafür kann? Dass nur die Liebe ein bisschen dorthin gewandert ist, wohin sie wollte.«
    Ihr müdes Gehirn machte einen tapferen Versuch, seiner Logik zu folgen.
    »Der Betrug besteht darin, dass man lügt. Dass der, den man liebt, einem direkt ins Gesicht lügt.«
    »Wenn man mit jemandem schläft und es dann erzählt, ist es also okay?«
    »Natürlich nicht.«
    »Es müsste doch so sein. Er kann doch nicht selbst entscheiden, ob er sich verliebt oder nicht, das hast du doch gerade gesagt. Wenn er es dann zugibt, müsste doch alles wieder gut sein.«
    Sie seufzte.
    »Es ist wohl eine Sache, ob man sich verliebt, und eine andere, was man tut.«
    »Eine andere zu lieben ist also kein Betrug?«
    Langsam begann sie sich richtig über seine Fragen zu ärgern. Fang dein eigenes Leben an, dann wirst du sehen, wie leicht es ist.
    »Ich weiß nicht. Darf ich mir jetzt etwas zum Anziehen ausleihen?«
    »Du meinst also, wenn man aufhört, den zu lieben, den man lieben sollte, sagt man es am besten, macht weiter wie bisher und tut so, als wäre alles in schönster Ordnung?«
    Sie stand schweigend da.
    »Ist das nicht auch eine Art von Betrug? Dass derjenige, von dem man sich geliebt glaubt, nur aus Pflichtgefühl und Rücksichtnahme bei einem bleibt?«
    Sie sah wieder zu Boden.
    »Was ist mit all denen, die ein ganzes Leben lang zusammenbleiben und glücklich sind? Wenn es so ist, wie du sagst, haben sie also einfach Glück gehabt? Es hat nichts damit zu tun, wie sie sich verhalten haben?«
    Als sie keine Antwort gab, stand er auf und ging ans Fenster. Blieb mit dem Rücken zu ihr stehen. Dann seufzte er tief, ging zurück und setzte sich wieder.
    »Du glaubst also nicht, dass man lernen kann, einen anderen Menschen zu lieben, indem man sich entscheidet, ihn zu lieben, und dann sein Bestes gibt?«
    »Nein, das glaube ich nicht.«
    Nun hatte er seine Antwort. Nun wollte sie gehen.
    Er saß mit hängendem Kopf da, die Hände im Schoß. So naiv. Er glaubte, sie zu lieben, er kannte sie gar nicht, wusste nicht einmal ihren Namen.
    »Kann ich mir jetzt bitte etwas zum Anziehen ausleihen?«
    Langsam sah er wieder zu ihr hoch. Die Enttäuschung in seinem Gesicht war deutlich.
    »Hast du es so eilig, von hier wegzukommen?«
    Sie gab auf, drehte sich um und ging in die Küche, er hatte nicht gelogen, sondern ihre Kleider wirklich im Spülbecken eingeweicht.
    Verdammter Idiot.
    Auf dem Rückweg traf sie ihn im Flur. In seiner ausgestreckten Hand hielt er eine zusammengefaltete Jeans und einen roten Pulli. Sie nahm die Sachen dankbar entgegen.
    »Super. Ich schicke sie dir dann zurück.«
    Er sagte nichts dazu. Nickte nur in Richtung Badezimmer.
    »Du kannst dich da drin umziehen.«
    »Danke.«
    »Nur eins noch.« Er sah sie direkt an.
    »Ich fahre dich gern irgendwohin, wenn du willst, aber vorher möchte ich dir noch eine Sache zeigen. Vielleicht kannst du das für mich tun, zum Abschied sozusagen. Es dauert nur ein paar Minuten.«
    Alles, wenn er nur endlich die Tür aufsperrte.
    »Klar. Was ist es denn?«
    »Es ist draußen.«
    Umso besser.
    Sie ging ins Badezimmer und zog sich um. Vor der Tür hörte sie ihn mit den Wohnungsschlüsseln klappern und beeilte sich. Er hatte Jacke und Schuhe angezogen, als sie herauskam. Hastig beugte sie sich hinunter und streifte ihre eigenen über. Er stand schweigend vor der Eingangstür und hielt die Plastiktüte in der Hand, die er aus dem Kofferraum geholt hatte.
    »Bist du fertig?«
    Sie nickte.
    »Und du versprichst mir, dass ich es dir zeigen darf?«
    Sie nickte noch einmal.
    »Auf Ehre und Gewissen?«
    »Ja.«
    Lass mich jetzt raus, verdammt nochmal!
    Er ging ins Treppenhaus und schaltete das Licht ein. Drückte den Lichtschalter zweimal, obwohl es schon nach dem ersten Mal hell wurde, und verriegelte dann das erste Schloss. Zurück zum Lichtschalter und nochmal zweimal drücken, bevor er die anderen drei abschloss. Verwundert beobachtete sie die merkwürdige Prozedur und nutzte gleichzeitig die Gelegenheit zu überlegen, wohin sie sich fahren lassen wollte. Alles wäre sehr viel

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