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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sie denn erzählt? Wenn sie als Zeugin erschienen wäre, was hätte sie aussagen können?«
    »Vielleicht hätte sie ihre Beobachtung geschildert.«
    »Was hat sie denn beobachtet?«
    »Das Zeichen am Himmel.«
    Mr Sattersway starrte ihn verblüfft an.
    »Sie halten diesen Unsinn für wichtig? Diesen abergläubischen Unfug, dass es – die Hand Gottes war?«
    »Vielleicht«, erwiderte Mr Quin. »Nach allem, was Sie und ich wissen, könnte es auch die Hand Gottes gewesen sein.«
    Sein Gegenüber war über den ernsten Ton in Mr Quins Stimme sehr erstaunt. »Unsinn«, erklärte er. »Sie hat selbst gesagt, dass es der Rauch aus der Lokomotive war.«
    »Ein Zug in die Stadt oder von der Stadt?«, murmelte Mr Quin.
    »Kaum der Zug nach London. Der geht immer zehn Minuten vor der vollen Stunde. Es muss einer aus der Stadt gewesen sein, der um sechs Uhr achtundzwanzig. Nein, das geht nicht. Sie hat gesagt, der Schuss fiel sofort danach, und wir wissen, dass er um zwanzig Minuten nach sechs abgefeuert wurde. Der Zug kann nicht zehn Minuten zu früh gekommen sein.«
    »Auf dieser Strecke wohl kaum«, stimmte ihm Mr Quin zu.
    Mr Sattersway starrte grübelnd ins Leere.
    »Vielleicht ein Güterzug«, murmelte er. »Aber dann…«
    »Dann wäre es nicht notwendig gewesen, sie aus England wegzuschicken. Das finde ich auch«, meinte Mr Quin.
    Mr Sattersway sah ihn entgeistert an.
    »Der Zug um sechs Uhr achtundzwanzig«, sagte er langsam. »Aber wenn das stimmt und der Schuss erst dann fiel, warum: behaupten alle, es sei früher gewesen?«
    »Das ist doch offensichtlich«, erwiderte Mr Quin. »Die Uhren gingen falsch.«
    »Alle?«, fragte Mr Sattersway zweifelnd. »Das wäre ein höchst seltsamer Zufall, wissen Sie.«
    »Ich dachte nicht an einen Zufall«, antwortete Mr Quin. »Mir fiel ein, dass es ein Freitag war.«
    »Wieso Freitag?«
    »Sie erzählten mir doch, dass Sir George immer am Freitagnachmittag die Uhren aufzöge«, erklärte Mr Quin seinem Gegenüber entschuldigend.
    »Er stellte sie zehn Minuten zurück«, sagte Mr Sattersway und flüsterte fast, weil ihn die eben gemachte Entdeckung so beeindruckte. »Dann ging er zum Bridgespielen. Wahrscheinlich hatte er die Mitteilung seiner Frau an Martin Wylde gelesen, die sie am Morgen geschrieben hatte. Ja, ganz bestimmt hat er den Brief geöffnet. Er verließ die Bridgegesellschaft um halb sieben Uhr, entdeckte Martins Gewehr neben der Haustür, ging hinein und erschoss sie von hinten. Dann lief er wieder hinaus, warf die Waffe in die Büsche, wo sie später gefunden wurde, und tat, als käme er gerade durch das Nachbartor, als man ihn holen wollte. Aber das Telefon! Was ist mit dem Telefon? Ach ja, ich verstehe. Er unterbrach die Verbindung, damit man die Polizei nicht anrufen konnte. Sie hätte sich vermutlich die Uhrzeit notiert. Und jetzt stimmt auch Wyldes Geschichte. In Wirklichkeit ging er um fünfundzwanzig Minuten nach sechs Uhr. Selbst wenn er langsam war, musste er gegen Viertel vor sieben zuhause sein. Ja, jetzt verstehe ich! Louisa war eine Gefahr mit ihrem endlosen Geschwätz über diesen abergläubischen Unsinn. Jemand hätte die Zusammenhänge erkennen können, und dann wäre es mit dem schönen Alibi aus gewesen!«
    »Großartig«, bemerkte Mr Quin.
    Mr Sattersway errötete vor Stolz.
    »Die Frage ist nur – was machen wir nun?«
    »Ich schlage vor, bei Sylvia Dale anzufangen«, sagte Mr Quin.
    Mr Sattersway wirkte nicht überzeugt. »Ich erwähnte schon«, sagte er, »dass sie ein wenig – hm – dumm ist…«
    »Sie hat einen Vater und Brüder, die die notwendigen Schritte unternehmen werden.«
    »Das ist wahr«, bemerkte Mr Sattersway erleichtert.
     
    Bald darauf saß er mit der jungen Frau zusammen und erzählte ihr die ganze Geschichte. Sie hörte aufmerksam zu. Sie stellte keine Fragen, sondern stand einfach auf, nachdem er geendet hatte.
    »Ich brauche ein Taxi. Sofort!«
    »Mein liebes Kind, was haben Sie vor?«
    »Ich fahre zu Sir George Barnaby.«
    »Unmöglich! Das ist völlig falsch! Erlauben Sie mir…«
    Er blieb an ihrer Seite und redete weiter auf sie ein. Doch es blieb ohne Wirkung. Sylvia Dale hatte ihre eigenen Pläne. Immerhin erlaubte sie ihm, sie im Taxi zu begleiten, doch für alle seine Beteuerungen hatte sie nur ein taubes Ohr. Er musste im Taxi sitzen bleiben, während sie in Sir Georges Stadtbüro ging.
    Eine halbe Stunde später erschien sie wieder. Sie wirkte erschöpft, ihre Schönheit war in sich zusammengefallen wie eine

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