Der seltsame Mr Quin
zu bieten hat, zuschauen konnten. Heute – heute wollen Sie an ihnen teilnehmen, eine Rolle spielen.«
»Das stimmt«, gestand Mr Sattersway. »Aber in diesem Fall weiß ich nicht, was ich tun soll. Es ist alles so verwirrend. Vielleicht…« Er zögerte.»… vielleicht können Sie mir helfen?«
»Mit Vergnügen«, sagte Mr Quin. »Wir werden sehen, was wir tun können.«
Mr Sattersway hatte das seltsame Gefühl von Geborgenheit und Zuversicht.
Am folgenden Tag machte er Franklin Rudge und Elizabeth Martin mit seinem Freund, Mr Harley Quin, bekannt. Er war erfreut, dass sie sich sofort gut verstanden. Die Gräfin wurde zwar nicht erwähnt, aber zur Mittagszeit erfuhr er eine Neuigkeit, die seine Aufmerksamkeit weckte.
»Die Mirabelle trifft heute in Monte ein«, vertraute er aufgeregt Mr Quin an.
»Die beliebte Pariser Schauspielerin?«
»Ja. Sie wissen wohl – es ist allgemein bekannt –, dass sie die letzte Eroberung des Königs von Bosnien ist. Ich glaube, er hat sie mit Schmuck überschüttet. Angeblich ist sie die anspruchsvollste und extravaganteste Frau von Paris.«
»Es dürfte interessant sein zu beobachten, wenn sie und Gräfin Zarnowa sich heute Abend begegnen.«
»Daran habe ich auch schon gedacht.«
Mirabelle war ein hochgewachsenes mageres Geschöpf mit einem wunderbaren Kopf blond gefärbter Haare. Ihr Gesicht war ein blasses Gelb mit orangefarbenen Lippen. Sie war erstaunlich chic. Gekleidet war sie in ein Gewand, das einem aufpolierten Paradiesvogel ähnelte, und dazu trug sie Halsketten, die ihr über den bloßen Rücken hinunterhingen. Ein schwerer Reif mit riesigen Diamanten umspannte ihr linkes Fußgelenk.
Sie schuf eine Sensation, als sie im Casino erschien.
»Ihre Freundin, die Gräfin, wird es schwer haben, sie zu übertreffen«, flüsterte Mr Quin Mr Sattersway ins Ohr.
Der Letztgenannte nickte. Er war selbst neugierig, wie die Gräfin sich verhalten würde.
Sie kam erst spät, und ein leises Murmeln erhob sich, als sie unbeteiligt an einen der Roulettetische trat, die in der Mitte standen. Sie war ganz in Weiß gekleidet: ein gerade herunterfallendes Kleid aus schwerer Seide. Und weder an den Armen noch um den Hals trug sie Schmuck – nicht einen einzigen Edelstein. »Das ist sehr klug«, sagte Mr Sattersway beifällig. »Sie verzichtet auf jede Rivalität und vermeidet jede Vergleichsmöglichkeit.«
Dann ging er zu dem Tisch hinüber und blieb dort stehen. Von Zeit zu Zeit amüsierte er sich damit, einen Einsatz zu platzieren. Manchmal gewann er, aber häufiger verlor er.
Gerade setzte ein fürchterlicher Andrang auf das letzte Dutzend ein. Nummer 31 und 34 kamen immer wieder. Die Einsätze stapelten sich.
Mit einem Lächeln machte Mr Sattersway für diesen Abend seinen letzten Einsatz; er setzte das Maximum auf Nummer 5.
Die Gräfin beugte sich ebenfalls vor und setzte das Maximum auf Nummer 6.
»Faites vos jeux«, rief der Croupier heiser. »Rien ne va plus. Plus rien.«
Die Kugel rollte, und vergnügt vor sich hin summend, überlegte Mr Sattersway. Für jeden von uns bedeutet es etwas anderes. Qualen der Hoffnung und Verzweiflung. Langeweile, bloßes Amüsement, Leben und Tod. Klick!
Der Croupier beugte sich vor, um besser sehen zu können.
»Numéro cinq, rouge, impair, et manque.«
Mr Sattersway hatte gewonnen!
Der Croupier, der die übrigen Einsätze weggeharkt hatte, schob Mr Sattersways Gewinn über den Tisch. Mr Sattersway streckte seine Hand aus, um ihn an sich zu nehmen. Die Gräfin tat dasselbe. Abwechselnd blickte der Croupier von dem einen zum andern.
»À madame«, sagte er barsch.
Die Gräfin nahm das Geld an sich. Mr Sattersway zog sich zurück. Er blieb ein Gentleman. Die Gräfin blickte ihm voll ins Gesicht, und er erwiderte ihren Blick. Einige Leute, die ebenfalls am Tisch standen, versuchten, dem Croupier klarzumachen, dass er einen Irrtum begangen habe, aber der Mann schüttelte nur ungeduldig den Kopf. Er hatte entschieden. Das Spiel war beendet. Mit heiserer Stimme forderte er zum nächsten Einsatz auf.
»Faites vos jeux, messieurs et mesdames.«
Mr Sattersway gesellte sich wieder zu Mr Quin. Trotz seines untadeligen Verhaltens war er äußerst aufgebracht. Mr Quin hörte ihm mitleidsvoll zu.
»Wirklich nicht schön«, sagte er, »aber so etwas passiert manchmal. Übrigens werden wir nachher Ihren Freund Franklin Rudge treffen. Ich gebe ein kleines Abendessen.«
Sie trafen sich um Mitternacht, und Mr Quin erläuterte seinen
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