Der seltsame Mr Quin
waren die Perlen eines Königs verkauft worden, durch falsche ersetzt. Und inzwischen muss man essen und die Hotelrechnungen bezahlen. Und die reichen Männer, ja, sie haben viele Jahre für einen gesorgt. Bah!, sagen sie jetzt. Sie ist über fünfzig! Für mein Geld will ich etwas Jüngeres haben!«
Ein tiefer, zitternder Seufzer kam aus der Fensternische, in der die Gräfin saß.
»Ja, es war ein großer Moment. Zwei Abende habe ich sie beobachtet. Sie verlor, immer wieder verlor sie. Und dann der Rest. Sie setzt alles auf eine Nummer. Neben ihr, ein englischer Lord, setzt ebenfalls das Maximum – auf die nächste Nummer. Die Kugel rollt… Der Moment ist gekommen, sie hat verloren…
Ihr Blick begegnete meinem. Was mache ich? Ich setze meine Stelle im Casino aufs Spiel. Ich beraube den englischen Lord. ›À mad a me‹, sage ich und gebe ihr das Geld.«
»Oh!« Ein Splittern ertönte, als die Gräfin aufsprang, sich über den Tisch lehnte und dabei ihr Glas von der Tischplatte wischte.
»Warum?«, rief sie. »Warum hast du das getan – das will ich jetzt wissen!«
Es folgte eine lange Pause – eine Pause, die endlos zu sein schien, und immer noch sahen die beiden sich über den Tisch hinweg an, sahen sich weiter an… Wie ein Duell war es.
Ein hässliches kleines Lächeln breitete sich auf Pierre Vauchers Gesicht aus. Er hob seine Hände.
»Madame«, sagte er. »Es gibt so etwas wie Mitleid…«
»Oh!«
Sie sank wieder auf ihren Platz.
»Ich verstehe.«
Sie war ruhig, lächelte, war wieder sie selbst.
»Eine interessante Geschichte, Monsieur Vaucher, nicht wahr? Erlauben Sie mir, Ihnen Feuer für Ihre Zigarette zu geben.«
Gewandt rollte sie einen Fidibus zusammen, entzündete ihn an der Kerze und hielt ihn dem Croupier hin. Er beugte sich vor, bis die Flamme das Ende der Zigarette, die er zwischen den Lippen hielt, erreicht hatte.
Dann erhob sie sich unerwartet.
»Und jetzt muss ich Sie leider verlassen. Bitte – ich brauche keine Begleitung.«
Noch ehe die anderen begriffen hatten, war sie gegangen. Mr Sattersway wäre sicherlich hinter ihr hergelaufen, hätte ihn nicht ein Fluch gelähmt, den der verstörte Franzose ausstieß.
»Himmeldonnerwetter!«
Er starrte auf den halbverbrannten Fidibus, den die Gräfin auf den Tisch fallen gelassen hatte. Er rollte ihn auseinander.
»Mon Dieu!«, flüsterte er. »Ein Fünfzigtausendfrancschein. Begreifen Sie? Ihr Gewinn von heute Abend. Das, was sie jetzt noch besaß. Und damit hat sie meine Zigarette angezündet! Weil sie zu stolz war, sich bemitleiden zu lassen. Ah! Stolz, sie war schon immer stolz wie der Teufel. Sie ist einzigartig – wundervoll!«
Er sprang von seinem Stuhl auf und rannte hinaus. Mr Sattersway und Mr Quin hatten sich ebenfalls erhoben. Der Kellner näherte sich Franklin Rudge.
»La note, Monsieur«, sagte er ungerührt.
Mr Quin nahm sie ihm mit einem schnellen Griff ab.
»Ich komme mir ein bisschen verlassen vor, Elizabeth«, bemerkte Franklin Rudge. »Diese Ausländer – lassen einen hier einfach sitzen! Ich verstehe sie nicht. Was hat das alles überhaupt zu bedeuten?«
Er blickte zu ihr hinüber.
»Ach, tut das gut, jemanden anzusehen, der so hundertprozentig amerikanisch ist wie du.« Seine Stimme hatte den kläglichen Ton eines kleinen Kindes. »Diese Ausländer sind wirklich komisch.«
Sie bedankten sich bei Mr Quin und gingen gemeinsam in die Nacht hinaus. Mr Quin steckte das Wechselgeld ein und lächelte zu Mr Sattersway hinüber, der sich wie ein zufriedener Vogel aufplusterte.
»Ja«, sagte der Letztgenannte. »Das hat prachtvoll geklappt. Unser Turteltaubenpärchen wird sich jetzt wieder äußerst wohl fühlen.«
»Welches?«, fragte Mr Quin.
»Oh!«, sagte Mr Sattersway bestürzt. »Ach ja, richtig, wahrscheinlich haben Sie Recht, wenn man alles nüchtern betrachtet und so weiter…«
Er machte ein zweifelndes Gesicht.
Mr Quin lächelte, und die Fensterscheibe aus farbigem Glas, die sich hinter ihm befand, hüllte ihn für einen kurzen Augenblick in ein buntes Gewand aus farbigem Licht.
Das Ende der Welt
M r Sattersway war wegen der Herzogin nach Korsika gekommen, und das verstieß ganz gegen seine Gewohnheit. An der Riviera hatte er seine Bequemlichkeiten, und auf Komfort legte Mr Sattersway großen Wert. Doch obwohl er die Annehmlichkeiten des Lebens schätzte, so schätzte er auch die Herzogin. Denn auf seine Weise, eine feine, altmodische Weise, war Mr Sattersway ein Snob. Er mochte nur
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