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Der seltsame Mr Quin

Der seltsame Mr Quin

Titel: Der seltsame Mr Quin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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jungen Mann standen, der an der Wand lehnte und mit gerunzelter Stirn ins Leere starrte.
    Mr Cobb übernahm das erforderliche Vorstellen, und Mr Sattersway hielt eine formelle und reizende kleine Ansprache.
    »Ich hatte gerade das Vergnügen, eines Ihrer Bilder zu erwerben: den Toten Harlekin.«
    »Ach? Na, dann haben Sie kein schlechtes Geschäft gemacht«, sagte Mr Bristow ungnädig. »Eine verdammt gute Arbeit – auch wenn ich selbst es behaupte.«
    »Das habe ich gesehen«, sagte Mr Sattersway. »Ihre Arbeit interessiert mich sehr, Mr Bristow. Für einen so jungen Menschen finde ich sie ungewöhnlich reif. Würden Sie mir das Vergnügen machen, irgendwann mit mir zu essen? Haben Sie heute Abend schon etwas vor?«
    »Genaugenommen nicht«, sagte Mr Bristow, und immer noch war er nicht gerade von übertriebener Höflichkeit.
    »Sagen wir also: Um acht?«, schlug Mr Sattersway vor. »Hier haben Sie meine Karte mit der Adresse.«
    »Gut – einverstanden«, sagte Mr Bristow. »Danke«, fügte er noch hinzu. Es war ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen.
    Ein junger Mann, der von sich selbst keine gute Meinung hat und fürchtet, die übrige Welt sei derselben Ansicht. Das etwa war der Schluss, zu dem Mr Sattersway kam, als er in den Sonnenschein der Bond Street hinaustrat, und Mr Sattersways Urteil über seine Mitmenschen traf nur selten sehr weit neben das Ziel.
    Frank Bristow erschien um fünf nach acht und stellte fest, dass er nicht nur von seinem Gastgeber, sondern auch von einem weiteren Gast erwartet wurde. Dieser Gast wurde ihm als Oberst Monckton vorgestellt. Fast unmittelbar danach gingen sie zum Essen. Auf dem ovalen Mahagonitisch lag noch ein viertes Gedeck, und Mr Sattersway gab sofort die notwendige Erklärung dafür.
    »Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass mein Freund, Mr Harley Quin, ebenfalls kommen würde«, sagte er. »Vielleicht haben Sie ihn schon irgendwo kennen gelernt?«
    »Ich kenne überhaupt keine Leute«, brummte Mr Bristow.
    Oberst Monckton sah den Maler mit jenem unbeteiligten Interesse an, das er auch einer neuen Quallenart entgegengebracht hätte. Mr Sattersway hingegen bemühte sich, die Kugel der Unterhaltung ständig in Bewegung zu halten.
    »Ihr Bild fand mein besonderes Interesse, weil ich glaubte, in dem Schauplatz das Terrassenzimmer von Charnley wiederzuerkennen. Habe ich richtig vermutet?« Und als der Künstler nickte, fuhr er fort: »Das ist allerdings sehr interessant. In früheren Zeiten bin ich selbst mehrmals auf Charnley gewesen. Vielleicht kennen Sie jemanden von der Familie?«
    »Nein!«, sagte Bristow. »Solche Familien legen keinen Wert darauf, mich zu kennen. Ich bin mal mit einem Ausflugsbus hingefahren.«
    »Ach, du lieber Himmel«, sagte Monckton, um überhaupt etwas zu sagen. »Mit einem Ausflugsbus! Unvorstellbar!«
    Frank Bristow sah ihn mit gefurchter Stirn an.
    »Warum denn nicht?«, fragte er wütend.
    Der arme Monckton war völlig verstört. Vorwurfsvoll blickte er Mr Sattersway an, als wollte er sagen: »Für Sie als Naturalist mögen diese primitiven Lebensformen vielleicht ganz interessant sein, aber warum haben Sie ausgerechnet mich in diese Geschichte hineingezogen?«
    »Ach, scheußliche Dinger, diese Busse!«, sagte er. »Auf schlechten Straßen wird man immer grässlich durchgeschüttelt.«
    »Wenn man sich keinen Rolls-Royce leisten kann, muss man leider mit dem Bus fahren«, sagte Bristow mit Erbitterung in der Stimme. Oberst Monckton starrte ihn an. Mr Sattersway überlegte: Wenn es mir nicht gelingt, diesen jungen Mann zu besänftigen, dürfte es ein ziemlich anstrengender Abend werden.
    »Charnley hat mich immer fasziniert«, sagte er. »Seit jener Tragödie bin ich nur ein einziges Mal dort gewesen. Ein schreckliches Haus – und ein gespenstisches dazu.«
    »Das stimmt«, sagte Bristow.
    »Es gibt dort zwei echte Gespenster«, sagte Monckton. »Angeblich soll Charles I. mit seinem Kopf unter dem Arm auf der Terrasse herumwandern – den Grund dafür habe ich allerdings vergessen. Und dann existiert noch die ›weinende Frau‹, die immer auftaucht, wenn einer der Charnleys stirbt.«
    »Quatsch«, sagte Bristow verächtlich.
    »Jedenfalls wurde diese Familie vom Pech verfolgt«, sagte Mr Sattersway eilig. »Vier Inhaber des Titels sind eines gewaltsamen Todes gestorben, und der letzte Lord Charnley hat Selbstmord verübt.«
    »Eine grässliche Geschichte«, sagte Monckton ernst. »Ich war damals dort, als es passierte.«
    »Warten

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