Der seltsame Mr Quin
Sie? Ich danke Ihnen, lieber Mr Sattersway.« Sie verließ das Zimmer zusammen mit Monckton. Mr Sattersway sah ihnen nach. Ein Knurren von Frank Bristow, der völlig in Vergessenheit geraten war, ließ ihn herumfahren.
»Sie ist ein hinreißendes Geschöpf«, sagte Bristow schwermütig. »Aber sie ist nicht annähernd so interessant wie früher«, fügte er mürrisch hinzu.
»Jetzt spricht der Künstler«, sagte Mr Sattersway.
»Stimmt es etwa nicht?«, sagte Mr Bristow. »Wahrscheinlich zeigt sie mir doch nur die kalte Schulter, wenn ich mich jemals in Charnley sehen lassen würde. Ich gehe nicht gern dahin, wo ich unerwünscht bin.«
»Mein lieber junger Freund«, antwortete Mr Sattersway, »wenn Sie etwas weniger an den Eindruck denken würden, den Sie auf andere Leute machen, wären Sie meiner Ansicht nach weiser und glücklicher. Außerdem würde es Ihnen gut tun, wenn Sie einige Ihrer überholten Vorstellungen aufgäben – etwa die, dass die Herkunft unter den heutigen Bedingungen noch etwas bedeutet. Sie gehören zu diesen großen, breitschultrigen jungen Männern, die in den Augen der Frauen immer gut aussehen, und möglicherweise, wenn nicht sogar bestimmt, sind Sie ungeheuer begabt. Das alles brauchen Sie sich nur jeden Abend, vor dem Schlafengehen, zehnmal vorzusagen, damit Sie Lady Charnley in drei Monaten besuchen können. Das ist es, was ich Ihnen rate, und ich bin immerhin ein alter Mann, der beträchtliche Erfahrungen gesammelt hat.«
Ein reizendes Lächeln erschien auf dem Gesicht des Malers.
»Sie sind verdammt nett zu mir gewesen«, sagte er plötzlich. Er ergriff Mr Sattersways Hand und umklammerte sie mit kräftigem Griff. »Ich bin Ihnen unendlich dankbar. Aber jetzt muss ich verschwinden. Sehr herzlichen Dank für einen der ungewöhnlichsten Abende, die ich je erlebt habe.«
Er schaute sich um, als wolle er sich noch von jemand anders verabschieden, und stutzte dann.
»Nanu, Sir, Ihr Freund ist nicht mehr da! Ich habe gar nicht gemerkt, dass er gegangen ist. Er ist wohl ein ziemlich komischer Vogel, nicht?«
»Er geht und kommt sehr plötzlich«, sagte Mr Sattersway. »Das gehört nun einmal zu seinen Eigenarten. Und man merkt nicht immer, wenn er kommt oder geht.«
»Wie ein Harlekin«, sagte Frank Bristow, »kann er sich unsichtbar machen.« Und dann lachte er schallend über seinen Witz.
Der Vogel mit dem gebrochenen Flügel
M r Sattersway blickte in den strömenden Regen hinaus und fröstelte. Er konnte sich auf kaum ein Landhaus besinnen, das ordentlich geheizt war, aber er tröstete sich mit dem Gedanken, dass er bereits in wenigen Stunden im Zug nach London sitzen würde. Wenn man die sechzig überschritten hatte, fühlte man sich in London am wohlsten.
In diesem Haus voller junger Menschen kam er sich alt und etwas verloren vor. Vier der jungen Leute waren gerade in die Bibliothek gegangen, um sich mit Tischrücken die Zeit zu vertreiben. Sie hatten ihn zum Mitmachen aufgefordert, aber er hatte abgelehnt. Er fand das eintönige Aufzählen des Alphabets und das Durcheinander von bedeutungslosen Worten, das gewöhnlich dabei herauskam, nicht gerade unterhaltend.
Ja, in London war er am besten aufgehoben! Wie gut, dass er sich von Madge Keeley nicht hatte überreden lassen, als sie vor einer halben Stunde angerufen und ihn nach Laidell eingeladen hatte. Gewiss, sie war eine reizende junge Person, aber London war für ihn doch am besten.
Während Mr Sattersway fröstelnd vor dem Fenster stand, fiel ihm der Kamin in der Bibliothek ein, in dem meist ein anständiges Feuer brannte. Er öffnete die Tür und tappte vorsichtig ins verdunkelte Zimmer.
»Wenn ich nicht störe…«
»Hieß das n oder m? Wir müssen noch einmal anfangen… Nein, natürlich stören Sie nicht, Mr Sattersway! Wissen Sie, es sind schon aufregende Dinge passiert. Der Geist nennt sich Ada Spiers und sagt, dass John bald eine gewisse Gladys Bun heiraten wird.«
Mr Sattersway machte es sich in einem großen Lehnstuhl vor dem Kamin bequem. Bald fielen ihm die Augen zu, und er döste ein. Hin und wieder erwachte er und fing einige Gesprächsfetzen auf.
»P-a-b-z-l… das kann nicht stimmen, außer es ist ein Russe. John, du hast geschummelt! Doch, das habe ich gesehen! Ich glaube, dies ist ein neuer Geist.«
Wieder nickte Mr Sattersway ein. Plötzlich fuhr er aus dem Schlaf hoch. Ein Name hatte ihn geweckt.
»Ist Quin richtig?«
»Ja! Er hat einmal für ›ja‹ geklopft.«
»Quin, wollen Sie
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