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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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Frank bückte sich und hob vorsichtig ein Ästchen an. »Die hat aber wirklich auch noch post mortem Pech!«
    Maus kam neben ihm in die Hocke und sog hörbar die Luft ein.
    »Verstehe, was Sie meinen. Da wird sie erst abgeknallt und dann schlägt der Blitz ein und der Baum hat nichts Besseres zu tun, als genau auf ihren Kopf zu fallen. Hm, ich rate da von einem offenen Sarg ab. Das ist ja nur noch Mus!«
    Frank, der den schwarzen Humor des Kommissars zu schätzen wusste – vermutlich einer der wenigen Menschen – nickte nur grinsend.
    »So schaut’s aus. Wir sollten aber jetzt besonders sorgsam mit der Bergung beginnen, denn ich habe keine Lust, dass die Kugel, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch im Schädel gesteckt hat, verschwindet. Weder Sie noch ich sind darauf erpicht, wichtiges Beweismaterial zu verlieren, ganz zu schweigen von der darauf unweigerlich folgenden Diskussion mit dieser Dame aus der Ballistik.«
    Maus schauderte. Frau Prof. Dr. Dr. Jung war immer schnell bereit, einen Anlass zu finden, bei dem sie betonen konnte, welche Ehre es war, dass sie ihre Dienste zur Verfügung stellte, obwohl sie als Koryphäe auf ihrem Gebiet doch weitaus wichtigere Dinge zu tun hatte. Dass sie aber ihr kleines Alkoholproblem auf dieses gesellschaftliche und berufliche Abstellgleis in der Provinz gebracht hatte, übersah sie wie immer großzügig. Für alle in der Dienststelle war es daher ein ungeschriebenes Gesetz, niemals den Unmut der Ballistik heraufzubeschwören. Maus nickte dem stämmigen Waldarbeiter zu, den der vorausschauende Oberförster gleich mitgebracht hatte und der auch sofort den Motor seiner Kettensäge anließ.
    Unter den tropfenden Bäumen standen Hannes und der Oberförster, dazwischen – mit schmollend vorgeschobener Unterlippe – Stephan von Hasenbach. Der Kommissar gesellte sich zu ihnen und brüllte gegen den Lärm der Motorsäge an.
    »Petersen, wie geht es Kommissarin Hubschmied?«
    »Wird schon! Ich fahre sie aber besser dann mal nach Hause. Sie braucht wohl etwas Ruhe!«, schrie der andere zurück.
    »Ruhe? Ja, so kann man das auch nennen! Die bräuchte ich ebenso, wenn ich mir im Dienst einen hinter die Binde gekippt hätte.«
    Die Säge verstummte zu schnell. Maus letzte Worte hallten daher ungewollt – aber dafür ziemlich laut – im Wald wider.
    »Kruzifix!«, fluchte der Holzfäller und wankte grün im Gesicht an den Rand der Lichtung.
    »Na, das ist wohl nicht für jedermanns Magen!«, tröstete Doktor Frank. Er begann vorsichtig die breiige Masse aus Hirn, Blut, Knochensplittern, Sägemehl und Schlamm zu untersuchen.
    »Gut«, nahm Maus den Faden wieder auf. »Und jetzt zu Ihnen, Herr von Hasenbach: Wir erwarten von nun an ein bisschen mehr Kooperation!«
    »Hab sie!«
    Triumphierend hielt der Arzt etwas in der Hand.
    »Super, Doktor, jetzt aber nicht verlieren!«
    Maus nickte dem Freund anerkennend zu.
    »Bestimmt nicht. Könnte mir mal jemand meine Tasche geben und auch einen von den ganz großen Plastikbeuteln, die so vortrefflich für die Verwahrung der Beweismittel zu verwenden sind?«
    »Ich sag Ihnen alles, was ich weiß und was mich nicht in einen Interessenskonflikt mit meinem Auftraggeber bringen wird!«, bemerkte der Detektiv etwas trotzig.
    »Das werden wir ja sehen!«, knurrte Petersen und ging einen Schritt zur Seite, damit der Sanitäter mit der Tasche des Doktors vorbeigehen konnte.
    »Am besten wir fahren zu dem Hotel, in dem Sie untergekommen sind«, glättete Maus die Wogen. Es war unübersehbar, dass der norddeutsche Austauschbeamte von Hasenbach nicht gerade ins Herz geschlossen hatte. Eine gute Mischung. Damit ließ sich etwas Tempo in die Ermittlungen bringen. Der Kommissar lächelte unschuldig.
    »Wie wäre es, Petersen, wenn wir zuerst Kollegin Hubschmied nach Hause bringen und dann mit unserem Freund ins Hotel fahren, um die Beweise zu sichten?«
    »Das ist ja widerlich!«
    Der Waldarbeiter starrte den Arzt an, der jetzt mit einem Löffel angefangen hatte, die Reste von Annis Kopf in eine Tüte zu schaufeln. Schuldbewusst blickte dieser auf.
    »Tja, leider habe ich keine passenderen Gerätschaften zur Hand und in der Not muss man wohl improvisieren. Ich wollte damit eigentlich auch nachher lieber meinen Joghurt essen. Hm, theoretisch bekommt man den mit etwas Spüli wieder sauber, aber da haben Sie recht. Das wäre schon ziemlich unappetitlich.«
    »Das …«, der Mann klammerte sich an seine Kettensäge, »das Ding würde ich in den Sondermüll

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