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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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stecken!«
    »Nein, nein, das gehört alles zum Beweismaterial. Oh, sehen Sie mal. Sie hatte dunkelbraune Augen. Dieser Augapfel ist noch bemerkenswert gut intakt!«
    Offensichtlich königlich amüsiert nickte Doktor Frank dem Kommissar, der zum Aufbruch drängte, zu und vertiefte sich wieder in seine Arbeit.

35
    Wolfgang zögerte einen Augenblick. War das wirklich so eine gute Idee? Er holte tief Luft, lockerte die Schultern, ließ den Kopf kreisen und drückte dann auf den Klingelknopf. Die Gegensprechanlage am Gartentor knackte.
    »Ja, bitte?«
    Wolfgang räusperte sich.
    »Hallo?«
    Noch konnte er umdrehen und die Schuld an einem Klingelstreich den zwei Eis essenden Mädchen, die gerade die Straße entlanggingen, in die Schuhe schieben. Er musste grinsen. Die kleine Dicke würde wohl erwischt werden, denn die könnte eindeutig nicht so schnell laufen.
    »Hey, hallo! Wer ist da bitte?«, meldete sich wieder die Stimme.
    »Servus, Sybille. Ich bin’s, der Wolfi! Lässt mich rein?«
    Ein vermutlich aufreizendes Lachen, das aber durch die minderwertige Qualität der Sprechanlage einen scheppernden Klang annahm, war zu hören. Dann wurde der Türsummer bedient, Wolfgang drückte und das Gartentor schwang auf.

36
    Claudia Hubschmied war auf der Rückbank eingeschlafen. Ihr Kopf lag auf der Schulter von Stephan von Hasenbach, dem das sichtlich unangenehm war. Schuld daran war vermutlich sein nachtragender Charakter, denn er würde der Frau die schreckliche Hetzjagd durch den Wald nie verzeihen können. Maus bog ab, fuhr an zwei Mädchen vorbei, die genüsslich ihr Eis aßen und sich dabei viel zu erzählen hatten, und hielt vor dem Haus der Kommissarin.
    »So, hier wären wir. Endstation, Claudia!«
    Ein unwilliges Grunzen war zu hören. Von Hasenbach versuchte, noch weiter von ihr wegzurücken, was aber leider unmöglich war, da er bereits förmlich an der Autotür klebte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als der Frau seinen dicken Zeigefinger in die Schulter zu bohren.
    »Ham Sie nicht gehört? Wir sind da!«
    »Menno!«, murmelte sie und schob ungehalten seine Hand weg. Langsam klappte sie ein Auge auf.
    »Da wohn i ned!«
    »Doch, Claudia, hier wohnen Sie.«
    Maus war die personifizierte Geduld.
    »Wissen Sie noch, dass Sie vor einem Monat oder so hierher umgezogen sind? Alle im Revier sind Ihnen deswegen aus dem Weg gegangen, denn Sie haben jeden als Helfer rekrutieren wollen!«
    »Hm!«, kam es verhalten von der Rückbank. Dann folgte ein Kichern.
    »Stimmt, aber ich habe sie alle erwischt! Außer Sie, Sie Schlitzohr! Rückenleiden hat ja jeder vorschützen wollen, aber dass Sie gleich mit einem Attest kamen, hätte Ihnen niemand zugetraut. Komisch nur, dass Doktor Frank das ausgestellt hatte!«
    Maus grinste.
    »Erwischt! Sie sind wirklich eine gute Ermittlerin. Aber jetzt wird es Zeit, dass Sie mal eine Mütze voll Schlaf bekommen. Also raus mit Ihnen.«
    »Spielverderber!«, sie richtete sich auf und schien zum ersten Mal zu realisieren, wer noch im Auto war. Bei Stephan von Hasenbach verengten sich ihre Augen.
    »Und du bist der größte Spielverderber, Dicker!«
    Hannes stieg jetzt aus und öffnete ihre Tür.
    »Du bist ein ganz Liaba!«, sie strahlte ihn an und er freute sich, auch wenn die Vernunft ihm sagte, dass diese Reaktion nur auf Oberförsters Grog zu schieben war.
    »So a liaba Fischkopf!«

37
    Als ob sie ihn erwartet hätte, trug Sybille lediglich einen Hauch von Nichts. Vorteilhaft am Rahmen der Haustür gelehnt, lächelte sie Wolfgang an, als dieser, gleich zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe der Villa hinaufeilte.

38
    »Ich bring sie mal rein.«
    Hannes blieb auch keine andere Wahl, denn Claudia Hubschmied hing immer noch ganz verzückt an seinem Arm.
    »Wohin denn genau?«
    Erst jetzt fiel ihm auf, in was für einer Gegend sie sich befanden. Hier war eindeutig der betuchtere Teil der Bevölkerung ansässig. Eine schöne, kleine Allee säumte die gepflegten Vorgärten, hinter denen sich prächtige Häuser befanden.
    Eine Mutter mittleren Alters versuchte gerade, die Wochenendeinkäufe aus dem Kofferraum zu packen, wurde aber immer wieder von ihrem Kind – das wohlweislich noch im schicken Kombi festgeschnallt war – unterbrochen, denn man konnte in gleichmäßigen Abständen ein »Nein, Oskar! Nein!« hören. Einige Meter weiter packten gerade zwei Gärtner ihre Werkzeuge in einen kleinen Lieferwagen. Sie machten wohl Feierabend. Hannes sah auf die Uhr. Ja, richtig, es war

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