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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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hektische Eichhörnchen – das flink den Baum hochkletterte, um es sich dann anders zu überlegen und den Stamm wieder hinunterhüpfte – noch Ines Cubelaz wahr, die gerade lautstark mit ihrer Mutter im Untergeschoss stritt.
    Golf! Für sie die langweiligste Beschäftigung, die sie sich vorstellen konnte. Auf ihrer persönlichen Liste der Unterschiede zwischen ihr und ihrem Verlobten war dieses Wort eines der ersten gewesen. Zwar hatte sie am Anfang ihrer Beziehung versucht, sich anzupassen und auch ein paar Stunden genommen, aber zur großen Erleichterung ihres Trainers war sie von selbst darauf gekommen, dass sie zu impulsiv war, um dabei Freude empfinden zu können. Sie hatte daraufhin wieder aufgehört. Da machten die Übungen am Schießstand des Schützenvereins mehr Spaß. Dort hatte sie auch Georg vor sieben Jahren kennengelernt. Damals war noch alles in Ordnung gewesen. Er war gut aussehend gewesen, reich und hatte fantastisch geschossen. Sie hatten so gut zusammengepasst. Und heute? Verstohlen sah sie ihn an. Wie er da am Herd lehnte, selbstgefällig, zufrieden mit der Aussicht, ein paar Bälle einzulochen, die Küchenuhr mit seinen vollen, schönen und noch ganz zerzausten Haaren verdeckend. Oh mein Gott, die Küchenuhr!
    »Herrschaftszeiten, es is ja scho fast zwanzig nach! Ich muss mich sputen!«
    Reflexartig küsste sie ihn auf die Wange und rannte ins Wohnzimmer, wo noch immer ihre Jacke zusammengeknüllt – vermutlich hatte sie sie dort gestern Abend hingeworfen – und vor allem feucht auf dem teuren Designerteppich lag.
    »Mist!«, sie zerrte einen Blazer aus dem Garderobenschrank vom Bügel. Zu dünn und zu formell; aber die andere Jacke war in der Reinigung. Was jetzt? Sie wollte nicht wie eine frierende Modemagazintussi oder Bankerin rumlaufen. Nur das T-Shirt war zu wenig! Hektisch wühlte sie weiter. Der Mantel? Nein, der war für den Winter! Außerdem gefiel er ihr nicht mehr. Viel zu bürgerlich und spießig. Die Jeansjacke? Zerrissen! Oh Gott, die Zeit wurde knapp. Ein letzter Griff und sie rief über die Schulter: »Schorschilein, ich leih mir mal deinen Parka aus, falls es heute noch mal regnet. Okay? Übrigens die zweite Tote haben wir in der Näh von der damischen Jagdhütte von deim Vadda gefunden!«
    Schnell zog sie die Tür ins Schloss, sodass sie nicht mehr hörte, wie eine Kaffeetasse in der Küche auf den Marmorboden fiel und zerbrach.

54
    Stefanie Vogler hatte den Raum perfekt vorbereitet. An der weißen Tafel waren die Bilder der Mordopfer mit bunten Magneten befestigt. Auf dem Tisch lagen verschiedenfarbige Schreibstifte, damit Maus gleich beginnen konnte, wie ein Kunstmaler mit Pfeilen, Abkürzungen – die nur er verstand und manchmal vergaß zu erklären –, Symbolen und Namen die Zwischenräume der Bilder gekonnt auszufüllen. Es war eine Ehre, dem Meister dabei zuzuschauen, und eine noch größere, ihm dabei zu assistieren. Steffi bereitete sich seelisch schon darauf vor, die Deckel so schnell auf die Stifte zu drücken, dass sie nicht austrockneten und Maus trotzdem nicht merkte, wie pedantisch sie bei seiner Sorglosigkeit gegenüber teurem Material reagierte. Zufrieden schaute sie sich um. Der Beamer für eventuelle Bildübertragungen war perfekt auf die Wand ausgerichtet. Es waren genügend Stühle da. Die alte Filterkaffeemaschine blubberte vor sich hin. Auch an ein paar Kuchenstücke und belegte Semmeln hatte sie gedacht. Tja, sie wusste die Mannschaft bei Laune zu halten, denn nur zufriedene Mitarbeiter konnten gute Resultate erzielen. Es war jetzt ungefähr fünf vor halb zehn. Langsam füllte sich der Raum mit den Kollegen, die für die SOKO »Waldkindergarten« eingeteilt worden waren. Polizeiobermeister Hammer nahm sich das größte Stück Kuchen – typisch für ihn – und setzte sich zu seinem Kollegen Schnabelhuber.
    »Na, auch hier am Samstag? Is wohl ’ne Ehre, dass wir mitmachen dürfen!«, er drehte sich um und zählte die Kollegen. Viele waren es nicht. »Sind das alle?«
    Schnabelhuber – ebenfalls etwas enttäuscht ob der geringen Anzahl Anwesender – setzte im Geiste Häkchen hinter die Kollegen, um durchzurechnen, wer da noch fehlte.
    »Nee, da fehlen noch ein paar«, lautete das Ergebnis seiner Inventur. »Die Hubschmied wird wohl verschlafen haben und ich vermute Gerster, Krautschneider und Schuster sind bei der Hausdurchsuchung.«
    »Hausdurchsuchung? Das is ja interessant! Bei wem?«
    Hammer stach ein großes Stück vom Kuchen ab und begann

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