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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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noch fester in die Pedale. Das tat gut. Er musste einen freien Kopf bekommen und vor allem wollte er nicht mehr an das schreckliche Ereignis denken. So konzentriert fiel ihm nicht der dunkle Schatten hinter der Glanzmispel auf, der sich, kaum dass er vorbeigefahren war, auf eine Gartentür zubewegte, um diese zu öffnen. Leise schlich die Person an die Haustür, hob lauschend den Kopf, verharrte so einige Sekunden und klingelte dann kurz. Schneller als erwartet wurde drinnen ein Licht eingeschaltet. Der Mond verschwand hinter den Wolken und man konnte das große Schleiereulenmännchen nicht mehr sehen, das elegant durch die Nacht flog, im Schnabel den kleinen, schlaffen Körper der Spitzmaus.

53
    Das Handy klingelte unbarmherzig. Verschlafen tastete ihre Hand danach und drückte dann die Annahmetaste.
    »Claudi, wo bleibst du denn?«
    Sie musste das Telefon erst einmal etwas vom Ohr weghalten, denn die Stimme, die daraus erklang, war eindeutig viel zu laut für diese Tageszeit.
    »Claudi? Hallo? Hörst du mich?«
    »Ärr hmmm!«, war die einzig mögliche Antwort, doch die Anruferin schien damit zufrieden und da sie jetzt offenbar die ungeteilte Aufmerksamkeit von Kommissarin Hubschmied zu haben glaubte, fuhr sie fort: »Wo bleibst du denn? Liegst du etwa noch im Bett? Hast du etwa die Sonderkommissionssitzung zu den Mordfällen ›Blum und Hintersee‹ vergessen?«
    Claudia runzelte die Stirn. Wie spät war es denn? Welchen Tag hatten sie? Wieso hatte sie solche Kopfschmerzen? Sie kniff die Augen zusammen, aber leider konnte sie auch so nicht die Zahlen auf dem Radiowecker lesen. Wo war denn ihre Brille? Zwar hatte sie immer noch Scheu, diese in Gegenwart von Georg zu tragen, aber für Notfälle lag sie immer auf dem Nachttischchen.
    »Steffi?«, sie stützte sich auf und ließ die rechte Hand suchend über das Möbelstück gleiten. »Steffi? Wieso sagt ihr mir das denn jetzt erst? Ich mein, woher soll ich …«, sie war fündig geworden und setzte die Brille auf. Schon besser. Es war genau fünf nach acht.
    »Claudia, es wurde dir gesagt. Mindestens dreimal. Gestern, als man dich zu Hause abgeliefert hat.«
    Steffis Kichern ertönte am anderen Ende der Leitung.
    »Ich hab es ja nicht für möglich gehalten, dass du ein wenig blau warst. Hannes hat es mir eben erzählt. Aber jetzt muss ich es wohl glauben.«
    Claudia Hubschmied, das Handy am Ohr, schwang die Beine aus dem Bett und musste erst einmal kurz innehalten, denn ihr war schwindlig geworden. Na super, jetzt war die Blamage perfekt. Angetrunken im Dienst und dann auch noch zu spät zur Besprechung! Sie hätte sich ohrfeigen können. Steffi kicherte immer noch und schien sich mit jemandem im Hintergrund zu unterhalten. Das war ja wohl die Höhe! Claudia revidierte ihren vorherigen Gedanken. Nein, nicht sich wollte sie ohrfeigen, sondern Stefanie Vogler. Wütend öffnete sie die Badezimmertür. Auf der Toilette saß Georg, ein Motorsportmagazin in der Hand, und blickte sie überrascht an.
    »Steffi, hör mal. Könnt ihr noch auf mich warten?«
    Claudia drehte den Wasserhahn auf. Schon wieder dieses dämliche Gekicher.
    »Steffi? Biste noch dran?«
    »Ja, ja natürlich. Warten sollen wir also auf dich? Schaffst du es denn nicht zu dem festgesetzten Zeitpunkt um halb zehn?«
    »Wieso halb zehn? Ich dachte ihr habt …«, sie drehte den Wasserhahn wieder zu, um besser hören zu können.
    »Nein, ich hab dich nur angerufen, damit du nicht zu spät kommst. Hannes meinte auch, dass die Zeit genügen müsste, um zu duschen, Kaffee zu trinken und hierher zu kommen. Also, ciao und bis gleich!«
    Claudia ließ die Hand mit dem Handy sinken und starrte in das halb mit Wasser gefüllte Waschbecken. Was sollte das? Was ging denn da zwischen Steffi und Hannes vor? Dieses Backfischverhalten war mehr als nervig. »Er hat gesagt, er hat gemeint, er ist so hihihi …« – und das von einer erwachsenen Frau und bis heute eigentlich einer guten Freundin. Ärgerlich griff sie nach der Zahnbürste.
    »Du siehst richtig blöd mit der Brille aus!«
    Sie fuhr herum. Georg ließ das offenbar gerade benutzte Klopapier in die Schüssel fallen, stand auf, zog die Pyjamahose hoch, drückte auf die Spülung und ging an ihr vorbei zur Tür hinaus.
    »Selber!«, rief sie zornig gegen das Wasserrauschen an. »Wenigstens hab ich kein blaues Auge! Und das nächste Mal könntest du auch mal die Hände waschen!«
    Zehn Minuten später saß sie – die Kontaktlinsen eingesetzt und mit noch feuchten

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