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Der Semmelkoenig

Der Semmelkoenig

Titel: Der Semmelkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Hirschel
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aus. Claudia merkte, dass sie die Zähne fest zusammengepresst hatte. Es stimmte also doch, wenn behauptet wurde, vor Wut knirschen zu können! Sie konzentrierte daher die Anspannung sofort auf ihre Fäuste, schnell bereit, noch einmal zuzuschlagen. Georg hatte es gemerkt und lächelte nachsichtig.
    »Das Gefühl kenn ich. Am liebsten immer feste drauf, oder? Nützt aber nix!«
    »Ah, geh, hör auf mit dem Schmarrn. Dein blädes Selbstmitleid und deine Minderwertigkeitskomplexe ziehen bei mir nicht. Du hast mich betrogen, hintergangen, wahrscheinlich nie geliebt. Du wolltest nur deinem Vadda zeigen, dass du nicht ganz so ein Versager bist, wie alle sagen. Na, Prost Mahlzeit. Er wird bestimmt beeindruckt sein, wenn er von dem Madl erfährt. Mein Gott, Schorschi, sie war ja noch ein halbes Kind! Was hast dir nur dabei denkt?«
    Er lachte. Es war ein hohles, kaltes Lachen und ließ Claudia schaudern.
    »Des Madl? Ein Kind? Na, ich weiß ned so recht. Jung war sie, neugierig und unersättlich! Die war schon auf ihre Weis guad! Die hat alles gemacht, was ich wollt. Du glaubst gar ned, Claudi, was du im Gegensatz für ’ne Langweilerin bist. Mit dir is nix los. Immer auf die Karriere fixiert und im Bett bist du …«
    Den Faustschlag hatte er sich verdient. Sie war zu schnell gewesen und überrascht stülpte er die Hände um die Nase. Das Blut sickerte zwischen seinen Fingern durch. Er taumelte leicht, es schien ihm schwindlig zu werden.
    »Dass di ned schamst!«
    Georg rutschte langsam am Holzgeländer hinunter, lehnte den Kopf nach hinten, wischte sich mit dem Handrücken das Blut unter der Nase weg und schloss die Augen. Beide schwiegen eine Weile, nur das Rauschen des kleinen Wasserfalls war zu hören. Dann schaute er mit einem gequälten Blick zu ihr auf.
    »Fühlst dich jetzt besser?«
    Claudia schüttelte den Kopf. Ihr ging es miserabel.
    »Du bist das Allerletzte, du Scheißkerl!«, stieß sie hervor. Sie beherrschte sich, ihn jetzt nicht auch noch zu treten und ging in die Hocke, um mit ihm auf Augenhöhe weiterzusprechen.
    »Ich muss dich hiermit informieren, dass in deinem Falle Tatverdacht besteht. Hiermit nehme ich dich – Georg Josef Möller – wegen … wegen …«, sie überlegte schnell und wagte den Schuss ins Blaue: »Wegen des Mordes an der Praktikantin Heidi Blum fest. Du kannst sogar schweigen, aber ich rat dir: Mach liaba ’s Mei auf!«
    Energisch versuchte sie ihn jetzt mit sich hochzuziehen, denn sie wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen, wollte den Abschluss, wollte endlich wieder ihr Gleichgewicht, ihr Leben zurück. Dass dies keine so gute Idee war, merkte sie, als kleine Lichtblitze vor ihren Augen auftanzten, gefolgt von einer kurzen Schwärze. Verflixt, der Kreislauf. Sie hatte wieder den ganzen Tag zu wenig gegessen, nur Kaffee getrunken und der Kater war offensichtlich auch noch nicht ganz auskuriert. Blind griffen ihre Hände ans Geländer. Nur ein paar Sekunden, dann konnte sie fortfahren.
    »Na, geht’s dir nicht gut?«, klang Georgs höhnische Stimme ganz nah.
    Sie zuckte zusammen. Viel zu schnell war er aufgestanden und hinter sie getreten. Seine plötzliche Nähe machte ihr Angst. Sie spürte die Gefahr, die von ihm ausging.
    »Ich sag dir jetzt mal was. Obwohl du wirklich auf ganzer Linie in unserer Beziehung versagt hast, biste als Bulle wirklich gut. Woher weißt du, dass ich die Schlampe …«, er verstummte. Die Katze war aus dem Sack.
    »Was?«, flüsterte Claudia Hubschmied entsetzt.
    Obwohl sie als ehrgeizige Polizistin hätte begeistert sein müssen, den Fall Heidi Blum so unerwartet geklärt zu haben, wurde ihr stattdessen schlecht. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte ihn verdächtigt und gehofft, in Georg den Drahtzieher der Erpressungsgeschichte zu finden, oder zumindest durch seine Aussage etwas Licht und Schwung in die Ermittlungen zu bringen, aber dass er tatsächlich der Mörder sein sollte, war für sie ein unerwarteter Schock. Sie schloss die Augen. Was sollte sie jetzt tun?
    Schnell, zu schnell und daher für sie total überraschend, ergriff er die Initiative und riss ihre Dienstwaffe aus dem Holster. Erschrocken versuchte Claudia sich umzudrehen, ihm ihre geliebte P7 wegzunehmen, aber da hatte er sie schon von hinten gepackt, an sich gepresst und nach vorne über das Geländer gedrückt.
    »Schorschi!«, schrie Claudia entsetzt. »Schorschi, mach jetzt keinen Blödsinn.«
    Ihr wurde schwindlig. Zu tief ging es runter. Nein, das konnte er

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