Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
vorm Kriegsheer hatte nur eine von einer ganzen Reihe derartiger Zusicherungen enthalten. Nun hatte er das Gefühl, seine persönliche Garantie des Erfolgs praktisch dem ganzen Lande gegeben zu haben. Er hatte sich selbst in die Ecke manövriert – in eine Situation, worin Niederlage und Verrat aufs gleiche hinausliefen. Der bloße Gedanke an einen Mißerfolg brachte seinen Pulsschlag auf schwindelerregende Weise in seinem Schädel zum Wummern. Falls das die Art von Erwägungen war, die Covenants Zweiflertum auslösten, sah Troy darin einen gewissen Sinn. Aber er wußte eine unnachsichtigere Bezeichnung dafür: er nannte dergleichen Feigheit .
Er verdrängte diese Überlegungen und schenkte seine Aufmerksamkeit den Südlandebenen. In einigem Abstand von den Bergen verflachte das Terrain und ging über in breite Streifen von scharfrandigem, harschem Gras, durchsetzt mit Schwaden trübseligen Farnkrauts sowie von Heidekraut, das der Herbst nun purpurn färbte. Dies war kein wohnlicher Landstrich – man hatte Troy gesagt, daß es im gesamten Bereich der Südlandebenen nur fünf Steinhausen gab –, doch seine unverschwenderische Fruchtbarkeit war vital und kraftvoll, so wie die gedrungenen, muskulösen Menschen, die darin lebten. Irgend etwas an seiner Genügsamkeit sprach Troy an; es schien, als bereite der Erdboden selbst sich zum Krieg vor. Er überquerte ihn in zügigem Ritt, behielt eine schwungvolle Gangart bei, die trotzdem Mehryls Kräfte für den eiligen Ritt vom Kevinsblick zum Unheilswinkel schonten.
Aber in der zweiten Nacht erlitt seine Zuversicht einen Rückschlag. Kurz nach dem Mondaufgang schrak Lord Mhoram urplötzlich aus dem Schlaf hoch und sprang auf, schrie so grauenhaft, daß Troy meinte, ihm müsse das Blut in den Adern gerinnen. Troy tastete in der Dunkelheit nach dem Lord, aber Mhoram stieß ihn mit seinem Stab über den Haufen und begann heftige energetische Blitze an den unverwundbaren Himmel zu schleudern, als werde er von droben angegriffen. Raserei befiel ihn. Er hörte nicht auf, bis Terrel ihn an beiden Armen zu packen bekam und ihm mitten ins Gesicht brüllte: »Lord! Die Verderbnis wird dich sehen!«
Mit einer ungeheuren inneren Willensanstrengung beherrschte sich Mhoram, bändigte den wilden Ausbruch seiner Kräfte. Ohne die Blitze konnte Troy überhaupt nichts sehen. In blinder Anspannung mußte er warten, bis er von Mhoram ein Flüstern vernahm. »Es ist vorüber. Meinen Dank, Terrel.« Die Stimme des Lords klang nach völliger Ermattung. Troy quoll von Fragen nahezu über, aber entweder wollte oder konnte Mhoram sie nicht beantworten. Die Gewaltsamkeit seiner Vision machte ihn benommen und zittrig. Er vermochte seinen Lippen kaum die paar Worte zu entringen, die er äußerte, um Troy zu beruhigen. Der Streitmark gab sich allerdings nicht so rasch zufrieden. Er forderte Licht. Doch als Ruel das Lagerfeuer wieder entfacht hatte, sah Troy das entsetzliche Lodern von Qual und Gefahr in Mhorams Augen. Es wies ihn ab, verwarf sein Angebot von Beistand oder Zuspruch. Er war genötigt, den Lord in seiner grausigen, rätselhaften Orakel-Pein allein zu lassen. Für den Rest der Nacht lag Troy wach und wartete voller Sorge. Doch als die Morgendämmerung anbrach und seine geistige Sicht wiederkehrte, bemerkte er, daß Mhoram die Krise gemeistert hatte. Die Fiebrigkeit seines Blicks war einem harten Glanz gewichen, der einer Warnung glich, ihn nicht herauszufordern – einem Glanz, der Troy an die Darstellung des Lords auf dem ›Lord Mhorams Sieg‹ genannten Gemälde in der Halle der Geschenke erinnerte. Der Lord gab keine Erklärung ab. Stumm ritten sie hinein in den dritten Tag.
Voraus am Horizont konnte Troy den dünnen schwarzen Finger des Kevinsblicks erspähen, obwohl das Tal mit dem Steinhausen Mithil noch zwanzig Längen weit entfernt lag. Nach dem erschreckenden nächtlichen Zwischenfall hatte er es noch eiliger, auf den Kevinsblick zu klettern und Lord Fouls Heer zu sehen. In diesem Ausblick würde er das Schicksal seines Schlachtplans absehen können. Aber er trieb die Ranyhyn nicht übers optimale Marschtempo hinaus an. So war das Tal bereits voller abendlicher Schatten, als er und Mhoram den Mithil erreichten und seinem Verlauf stromaufwärts in die Richtung des Südlandrückens folgten. Durch seine privaten Dunstschleier konnte er bloß noch einen flüchtigen Anblick vom Steinhausen Mithil erhaschen. Auf dem Scheitelpunkt einer klotzigen steinernen Brücke über den Fluß
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