Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
zusammen, um einen Keil gegen Lord Callindrill zu richten. Das restliche Heer verschob seine Anordnung, und die Höhlenschrate kamen nach vorn, um den nächsten Sturm anzuführen.
Darauf bedacht, diese Vorbereitungen zu stören, stieß Quaan seinerseits vor. Seine Krieger blieben hart am Feind. Lord Callindrill rückte mit einer Schar vor, um das Zustandekommen des Urbösen-Keils zu vereiteln. Für einen wilden, wüsten Augenblick stürzten sie die schwarzen Dämondim-Abkömmlinge in völlige Verwirrung. Doch dann griff der Riesen-Wütrich ein und verwendete seinen Stein zur Unterstützung der Urbösen. Mehrere Blitze smaragdgrünen Feuers zwangen Callindrill zum Zurückweichen. Sofort stellten die Urbösen ihren Keil zusammen. Die Schar mußte den Rückzug antreten. Das Ringen fand grimmig und schweigsam statt. Nach dem ersten begierigen, hungrigen Sturmschrei focht Markschänders Heer mit stummer, abartiger Verbissenheit. Und die Krieger vermochten für Geschrei oder Lärm keine Kraft zu erübrigen. Nur der Tumult zahlloser Füße, das Klirren von Waffen, das Stöhnen der Verstümmelten und Sterbenden sowie rauh ausgestoßene Befehle hoben sich von der Gedämpftheit des Schlachtens ab.
Lord Mhoram aber vernahm diese gepreßten Klänge wie ohrenbetäubenden Krawall; sie schienen von seiner Furcht widerzuhallen. Die Anstrengung, nicht die Schlacht zu beachten und sich gleichzeitig seiner Aufgabe zu widmen, quälte ihm Schweiß aus dem Leib, ließ seinen Puls wie einen Gefangenen gegen seine Schläfen hämmern. Als überlieferte Nennungen und Anrufungen den Forsthüter nicht herauszulocken vermochten, begann er Zeichen und arkane Symbole einzusetzen. Er zog mit seinem Stab Kreise und Drudenfüße ins Gras, entflammte darin Feuer und vollführte darüber geheimnisvolle Gebärden. Leise murmelte er labyrinthisch verwickelte, umfangreiche Beschwörungen. Doch all das blieb ergebnislos. Das Schweigen von der Würgerkluft Düsterkeit wirkte auf seine Ohren wie Hohngelächter. Aber das Getöse des Tötens rückte beständig näher. Alle Tapferkeit der Krieger fruchtete nichts; man drängte sie zurück.
Auch Troy hörte sie nachgeben. Schließlich konnte er sich nicht länger beherrschen. »Herrgott, Mhoram!« stieß er leise, aber eindringlich aus. »Unsere Krieger werden abgeschlachtet!« Mhoram fuhr herum. »Vermeinst du, ich sei stumpfsinnig?!« brauste er auf. Aber als er den Streitmark sah, mäßigte er sich sofort. Troys Pein war klar ersichtlich. Schweiß verlieh den Ätzwunden des Streitmarks eine gräßlich-grelle Färbung; der Schmerz brachte sie merklich zum Pochen. Seine Hände tasteten zwecklos umher, als habe er sich verirrt. Er war blind. Trotz all seiner Fähigkeit zum Planen und Ersinnen war er dazu außerstande, nur die schlichtesten seiner Gedanken selbst auszuführen. Lord Mhoram leitete seinen Zorn in andere Bahnen. Dank dieser Kraftentfaltung traf er einen Entschluß. »Nun wohl, mein Freund«, sagte er mit mühsamer Besonnenheit. »Noch könnte ich andere Versuche machen, aber es mag sein, daß nur ein Vorgehen wagemutig genug ist, um Aussicht auf Erfolg zu haben. Halte dich bereit. Du mußt an meine Stelle treten, falls ich umkomme. Den Sagen zufolge ist das Lied, das ich nun zu singen gedenke, überschattet von Verhängnis.«
Als er vorwärts schritt, empfand er erneuerte innere Ruhe. Bei näherer Betrachtung erwies seine Furcht sich als Zaghaftigkeit. Dergleichen hatte er bereits kennengelernt und gemeistert, als ein Wütrich Hand an ihn legte. Und die Erkenntnisse, die er dabei erlangte, mochten nun das Kriegsheer retten. Mit Grimm im Blick näherte er sich der Würgerkluft, bis er zwischen den äußeren Bäumen stand. Dort ließ er seinen Stab aufflammen und hob ihn über sein Haupt empor, achtete jedoch sehr darauf, keinen einzigen der Äste oder nur Zweige zu versengen. Dann stimmte er seinen Gesang an. Die Worte kamen unbeholfen über seine Lippen, und den Tönen der Weise mangelte es an Wohlklang. Er sang ein Lied, das noch nie zuvor irgendein Lord gesungen hatte. Es zählte zu den dunklen Rätseln des Landes, wegen der damit verbundenen Gefahren eine verbotene Sache. Die Worte des Liedes waren allerdings schlicht und deutlich. Ihre Gefährlichkeit besaß einen anderen Grund. Nach den Angaben von Kevins Lehre galten sie einst den Forstwärteln des Einholzwaldes als kostbare Schätze. Die Forstwärtel merzten alle Sterblichen aus, die diese Worte entweihten. Trotzdem erhob nun Lord Mhoram
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