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Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02

Titel: Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ich?«
    Wieder erhielt Mhoram den Eindruck, daß seine Antwort der Frage nicht Genüge tun konnte. Dennoch gab er sie in aller Bescheidenheit, weil er wußte, daß sie alles war, was er seinem gemarterten Besucher zu bieten hatte. »Mein Freund, in meinem Herzen spüre ich, daß der Schöpfer dich ausersehen hat. Das ist unsere Hoffnung. Lord Foul lehrte Seibrich die Herbeirufung, weil ihm an Weißgold lag. Aber Seibrichs Hände, nicht Fouls, hielten den Stab des Gesetzes. Der Verächter besaß keinen Einfluß darauf, wer ins Land kam. Wenn du also erwählt worden bist, so muß es durch den Schöpfer geschehen sein. Bedenke, er ist der Schöpfer, der Erschaffer der Erde. Wie könnte er achtlos dastehen, während seine Werke zerstört werden? Doch er kann nicht mit eigener Hand eingreifen und uns helfen. Das liegt am Gesetz der Zeit. Wenn er den Bogen der Zeit durchbricht, um das Land mit seiner Macht zu berühren, muß die Zeit enden, und der Verächter erlangt seine Freiheit. Daher muß er Lord Foul auf andere Weise entgegentreten. Mit dir, mein Freund.«
    »Verdammnis«, murmelte Covenant.
    »Aber auch das mußt du recht verstehen. Er kann hier nicht an dich rühren, dich nichts lehren und dir nicht beistehen, aus selbigem Grund, warum er uns seinen Beistand nicht zukommen lassen kann. Er vermag dich auch in deiner eigenen Welt nicht anzurühren, dich dort nichts zu lehren, dir nicht zu helfen. Täte er's, du wärst unfrei. Du wärst sein Werkzeug, dein Dasein müßte den Bogen der Zeit zerbrechen und den Verächter befreien. So kam's, daß der Schöpfer dich auserwählt hat. Der Schöpfer glaubt, daß deine unbezwingbare Willenskraft und Stärke uns am Ende die Rettung bringen. Falls er sich irrt, hat er die Waffe für den eigenen Untergang in Lord Fouls Hände gelegt.«
    Längeres Schweigen herrschte. »Ein verdammt großes Risiko«, meinte dann Covenant.
    »Aber, wie könnte er anders handeln? Er ist der Schöpfer.«
    »Er könnte alles wieder zu Klump machen und von vorn anfangen. Aber ich vermute, nach euren Vorstellungen sind Götter nicht so demütig. Oder würdet ihr so was Überheblichkeit nennen ... das eigene Werk wieder zu zerstören ...? Na egal. Mir ist, als könnte ich mich daran erinnern, daß nicht alle Lords in der gleichen Weise wie du an den Schöpfer glauben.«
    »Das ist wahr. Doch du bist zu mir gekommen. Ich antworte dir nach meinen Erkenntnissen.«
    »Ich weiß. Daran brauchst du mich nicht zu erinnern. Aber jetzt sag mir noch eines. Was würdest du an meiner Stelle tun?«
    »Nein«, sagte Mhoram. Er rückte an seinem Platz ein wenig zur Seite, so daß er nunmehr Covenants Gesicht sehen konnte. »Darauf werde ich nicht antworten«, erwiderte er, seinen Blick auf die ruhelosen Gesichtszüge des Zweiflers geheftet. »Wer will Verkündigungen abgeben? Macht ist ein furchtbares Ding. Ich kann nicht mit einer Antwort ein Urteil über dich fällen. Ich habe noch nicht einmal ein Urteil über mich gefällt.« Die Ruhelosigkeit in Covenants Miene wich vorübergehend einem Ausdruck des Erforschens. Aber er schwieg. Mhoram entschloß sich dazu, eine weitere Frage zu wagen. »Thomas Covenant, warum nimmst du all das so schwer? Warum bist du so gekränkt? Du sagst, das Land sei für dich nur ein Traum, ein Wahngebilde ... wir hätten kein wahrhaftiges Leben. Nun, wenn's so ist, dann sorge dich nicht. Träum deinen Traum und lache. Wenn du erwachst, wirst du befreit sein.«
    »Nein«, widersprach Covenant. »Ich sehe etwas in dem, was du erklärst – ich beginne zu begreifen. Hör zu! Die ganze Krise ist ein Kampf in meinem Innern. Zum Teufel, ich bin schon ziemlich lange leprakrank. Ich habe zu glauben angefangen, die Art und Weise, wie die Leute Lepraleidende behandeln, sei gerechtfertigt. Dadurch bin ich mir selbst zum Feind geworden, mein eigener Verächter – arbeite ich gegen mich, indem ich den Leuten beipflichte, die mir das Leben so schwermachen, während ich doch zu überleben versuche. Deswegen träum' ich das hier. Katharsis. Ich kläre das Dilemma im Unterbewußtsein, und sobald ich aufwache, werde ich dazu imstande sein, damit fertig zu werden.« Unerwartet stand er auf und begann mit einem Leuchten von Gier in den Augen Mhorams asketische Räumlichkeit abzuschreiten. »Klar. Das ist es. Warum hab' ich nicht eher daran gedacht? Die ganze Zeit hindurch hab' ich mir eingeredet, das hier sei eine Flucht, der reinste Selbstmord. Aber so ist es nicht – keineswegs. Ich kann ruhig vergessen,

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