Der siebte Kreis des Wissens - Covenant 02
seinen Schritt nicht, bis er die hohen Portale zur Beratungskammer erreichte. Dort erwartete ihn Quaan. Der Anblick des alten, wackeren Schwertwarts rührte Troy. In den trüben Lichtverhältnissen verlieh Quaans schütteres weißes Haar ihm ein schwächliches Aussehen. Aber er grüßte Troy mit aller Forschheit und meldete, alle fünfzig Scharwarte seien bereits in der Klause versammelt. Fünfzig. Troy sagte sich die Zahlen auf wie einen Befehlsritus. Fünfzig Scharen, tausend Fähnlein. Insgesamt einundzwanzigtausendfünfzig Krieger, Trutzmark Amorine, Schwertmark Quaan und ich. Er nickte, als versichere er Quaan, das sei genug. Dann stapfte er hinab in die Klause, um seinen Platz an der Tafelrunde der Lords einzunehmen.
Die Ratskammer war rundum schon fast besetzt; die meisten Führer saßen an ihren Plätzen. Die Klause war so gut beleuchtet, daß er nun deutlich sehen konnte. Der Hoch-Lord saß in stiller, doch eindringlicher Gefaßtheit am Kopfende der Tafel. Zwischen Elena und ihm selbst hatten sich Callindrill, Trevor, Loerja und Amatin niedergelassen; jeder dieser Lords bewahrte seine eigene Art von Schweigen. Aber Troy kannte sie und meinte einige ihrer Gedanken zu erraten. Lord Loerja hoffte zweifelsfrei trotz der Anforderungen, die die Lordschaft an sie stellte, daß sie und Trevor nicht zur Teilnahme am Feldzug ausgewählt würden und in Schwelgenstein bei ihren drei Töchtern bleiben durften. Und ihr Mann wirkte, als erinnere er sich daran, daß er unter der Anstrengung des Kampfs gegen das Übel im Wegwahrer Dukkha zusammengebrochen war – sich daran zu erinnern und zu fragen, ob er für den Krieg genug Kraft besaß. Über Hoch-Lord Elena spekulierte Troy nicht. Ihre Schönheit verwirrte ihn; er wollte sich nicht mit dem Gedanken befassen, ihr könne in diesem Krieg etwas zustoßen. Er vermied es absichtlich, seinen mentalen Blick auf sie zu richten. Links von ihr saß hinter Mhorams noch leerem Platz Lord Verement, zu dessen Rechter zwei weitere Sitze frei waren – die Plätze der abwesenden Lords Shetra und Hyrim. Troy überlegte einen Moment lang, wie es um Koriks Mission stehen möge. Vier Tage nach dem Aufbruch der Truppe hatten Spähtrupps nach Schwelgenstein die Nachricht übermittelt, daß das Fähnlein in den Wald von Grimmerdhore geritten sei. Von jetzt an, wußte Troy, ließen sich allerdings keine weiteren Nachrichten erwarten; erst viele Tage nach der Erledigung der Mission, ob mit gutem oder schlechtem Ausgang, durfte damit gerechnet werden. Ganz insgeheim träumte er im Innersten seines Herzens davon, daß er irgendwann im Laufe des Krieges die Freude erleben dürfe, zu sehen, wie zu seiner Unterstützung Riesen ins Feld marschierten, angeführt von Hyrim und Shetra. Sie fehlten ihm alle, Shetra so sehr wie Korik, Hyrim so gut wie die Riesen. Er befürchtete, sie brauchen zu können.
Hinterm Hoch-Lord hatten oberhalb der Ebene des Tischs die Herdwarte Tohrm und Borillar sowie Schwertmark Quaan und Blutmark Morin ihre Plätze belegt. In den ersten Reihen der Galerie saßen hinter den Lords weitere Bluthüter: Morril, Bann, Howor, Koral, an Troys Seite Ruel; ihm gegenüber Terrel, Thomin und Bannor. Die Mehrzahl der übrigen Anwesenden in der Klause bestand aus seinen Scharwarten. Sie waren insgesamt, als Gruppe, nervös und unruhig. Zwar hatten sie in seiner eigenen, fordernden Anleitung eine strenge, harte Ausbildung erhalten, aber die meisten besaßen keine praktische Kriegserfahrung. Troy hoffte, daß das, was sie jetzt in dieser Versammlung zu hören und zu sehen bekommen sollten, ihren Mut anspornte, ihre Anspannung in Zuversicht und Standhaftigkeit verwandelte. Vor ihnen lag eine schwere Bewährungsprobe. Ferner waren die paar Lehrwarte, die sich zur Zeit in Schwelgenstein aufhielten, und die tüchtigsten Rhadhamaerl und Lillianrill der Herrenhöh anwesend. Troy bemerkte, daß sich der Glutsteinmeister Trell nicht unter ihnen befand. Er empfand vage Erleichterung – mehr um Trells als um Covenants willen. Kurz darauf betrat Lord Mhoram die Klause und brachte den Zweifler mit. Covenant war sichtlich erschöpft – die verhärmte Bleichheit seines Gesichts zeigte deutlich Hunger und Schwäche –, aber Troy konnte erkennen, daß er keinen ernsten Schaden genommen hatte. Und daß er sich auf Mhoram stützen mußte, nahm Troy als Beweis dafür, daß er für die Lords im Moment keine Gefahr war; Troy schnitt hinter seiner Sonnenbrille eine finstere Miene, bemühte sich, seinen Groll
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