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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Er steckte es in die Scheide und sah den Jungen finster an, damit der gleich wußte, daß nicht gut Kirschen essen mit ihm war. Ich sollte ihm mindestens eine ordentliche Tracht Prügel verpassen, dachte er, aber der Junge sah so mitleiderregend aus, daß er es nicht über sich brachte, ihn zu schlagen. Er sah sich in dem Lager um. Das Feuer loderte fröhlich in einem ordentlichen Kreis aus Steinen. Die Pferde waren gestriegelt, Kleidungsstücke hingen an der Ulme und trockneten über den Flammen. »Was haben die da zu suchen?«
    »Ich habe sie gewaschen«, sagte der Junge. »Und ich habe die Pferde gebürstet, ein Feuer gemacht und diesen Fisch gefangen. Ich hätte Euer Zelt aufgebaut, konnte aber keines finden.«
    »Das ist mein Zelt.« Dunk winkte mit der Hand über seinen Kopf zu den Ästen der hohen Ulme, die über ihnen aufragte.
    »Das ist ein Baum«, sagte der Junge unbeeindruckt.
    »Ein anderes Zelt braucht ein wahrer Ritter nicht. Ich schlafe lieber unter den Sternen als in einem rauchigen Zelt.«
    »Und wenn es regnet?«
    »Gibt der Baum mir Schutz.«
    »Bäume sind undicht.«
    Dunk lachte. »Wohl wahr. Nun, um die Wahrheit zu sagen, mir fehlt das Geld für ein Zelt. Und du solltest diesen Fisch besser umdrehen, sonst ist er unten verbrannt und oben roh. Ein Küchenjunge wird nie aus dir.«
    »Wenn ich wollte, schon«, entgegnete der Junge, drehte den Fisch aber um.
    »Was ist mit deinem Haar passiert?« fragte Dunk ihn.
    »Die Maester haben es abrasiert.« Der Junge zog plötzlich verlegen die Kapuze seines dunkelbraunen Mantels hoch und bedeckte seinen Kopf.
    Dunk hatte gehört, daß sie das manchmal taten, um Läuse oder Würmer oder bestimmte Krankheiten zu behandeln. »Bist du krank?«
    »Nein«, sagte der Junge. »Wie heißt Ihr?«
    »Dunk«, sagte er.
    Der armselige Bengel lachte hell auf, als wäre das das Komischste, das er je gehört hatte. »Dunk?« sagte er. »Ser Dunk? Das ist kein Name für einen Ritter. Ist es eine Abkürzung von Duncan?«
    War es das? Der alte Mann hatte ihn, so lange er zurückdenken konnte, nur Dunk genannt, und an sein Leben davor konnte er sich kaum noch erinnern. »Duncan, ja«, sagte er. »Ser Duncan von . . .« Dunk hatte keinen anderen Namen, auch kein Haus; Ser Arlan hatte ihn als Streuner auf den Straßen und Gassen des Flohviertels gefunden. Seinen Vater und seine Mutter hatte er nie gekannt. Was sollte er sagen? »Ser Duncan vom Flohviertel« klang nicht sehr ritterlich. Er hätte Pennytree sagen können, was aber, wenn sie ihn fragten, wo das lag? Dunk war nie in Pennytree gewesen, noch hatte der alte Mann viel darüber erzählt. Er runzelte einen Moment die Stirn, dann platzte er heraus: »Ser Duncan der Hohe.« Er war hoch, das konnte niemand bestreiten, und es hörte sich mächtig an.
    Da schien der kleine Frechdachs anderer Meinung zu sein. »Ich habe noch nie von einem Ser Duncan dem Hohen gehört.«
    »Also kennst du alle Ritter der Sieben Königreiche?«
    Der Junge sah ihn unerschrocken an. »Die Guten.«
    »Ich bin so gut wie alle anderen. Nach dem Turnier werden sie das wissen. Hast du einen Namen, Dieb?«
    Der Junge zögerte. »Ei«, sagte er.
    Dunk lachte nicht. Sein Kopf sieht wie ein Ei aus. Kleine Jungs können grausam sein, und erwachsene Männer auch, »Ei«, sagte er. »Ich sollte dich blutig prügeln und deines Weges schicken, aber die Wahrheit ist, ich habe kein Zelt, und ich habe auch keinen Knappen. Wenn du schwörst, daß du tun wirst, was ich dir sage, kannst du mir für die Dauer des Turniers dienen. Danach werden wir weitersehen. Wenn ich der Meinung bin, daß du deinen Unterhalt wert bist, wirst du immer Kleider am Leib und einen vollen Bauch haben. Die Kleider mögen derb sein, und das Essen kann aus Pökelfleisch und gesalzenem Fisch bestehen, und vielleicht ab und zu etwas Wildbret, wenn keine Waldhüter in der Nähe sind, aber du wirst nicht hungern. Und ich verspreche dir, ich werde dich nur prügeln, wenn du es verdient hast.«
    Ei lächelte. »Ja, mein Lord.«
    »Ser«, verbesserte Dunk ihn. »Ich bin nur ein Heckenritter.« Er fragte sich, ob der alte Mann auf ihn herabschaute. Ich werde ihn die Kunst des Kämpfens lehren, wie Ihr sie mich gelehrt habt, Ser. Er scheint ein tüchtiger Bursche zu sein, möglicherweise bringt er es eines Tages zum Ritter.
    Der Fisch war innen noch ein wenig roh, als sie ihn aßen, und der Junge hatte nicht alle Gräten entfernt, aber er schmeckte trotzdem ungleich besser als hartes

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