Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
die sie Baron Groghe nicht zu stellen gewagt hatte.
    Haligons Augen funkelten fröhlich. »Nun, ihm hast du auch eine Lektion erteilt.«
    »Normalerweise laufe ich nicht herum und schlage Leute nieder«, sagte Tenna und bekam wieder einen verstohlenen Rippenstoß von Rosa, die neben ihr saß. »Es sei denn, sie haben es verdient.« Sie beugte sich vor, weg von Rosa. »Ich wollte dich schlagen.«
    Haligon rieb sich das Kinn. »Ich bin froh, daß du es nicht getan hast. Als Meister Torlo mir sagte, daß du drei Tage nicht laufen konntest, wußte ich, daß es meine Schuld war. Dann erzählte er mir von den anderen Unfällen, die beinahe passiert wären. Würdest du dieses Leder als Entschädigung akzeptieren, zusammen mit meiner Entschuldigung?«
    »Dein Vater hat sich schon entschuldigt.«
    »Ich entschuldige mich selbst, Läuferin Tenna«, sagte er mit einem scharfen Unterton.
    »Ich akzeptiere, aber . . .« Sie wollte das Leder ablehnen, als ihr Rosa wieder einen Rippenstoß gab. Wenn es in dem Tempo weiterging, würde sie blaue Flecken an den Rippen bekommen. »Ich akzeptiere.«
    »Gut, denn ich hätte keine Freude an dieser Zusammenkunft ohne deine Vergebung«, sagte Haligon erleichtert. Er hob das Glas, das er gerade bekommen hatte, neigte es in ihre Richtung und trank. »Würdest du mir einen Tanz reservieren?«
    Tenna tat so, als dächte sie nach. Aber insgeheim war sie ganz aufgeregt, denn trotz des unglücklichen Verlaufs ihrer ersten Begegnung hatte Haligon etwas an sich, das sie höchst attraktiv fand. Für alle Fälle rutschte sie auf ihrem Stuhl herum und rückte den Oberkörper ein wenig von Rosa ab, um einem weiteren Rippenstoß zu entgehen.
    »Ich hatte gehofft, ich könnte beim Wurftanz mitmachen«, begann sie, und als Haligon eifrig den Mund aufmachen wollte, um den für sich zu fordern, fügte sie hinzu: »Aber mein rechtes Bein ist noch nicht ganz ausgeheilt.«
    »Aber doch sicher gesund genug für die ruhigeren Tänze?« fragte Haligon. »Mir schien, als hättest du ganz gut gehen können.«
    »Ja, gehen ist keine Anstrengung für mich . . .«, und Tenna zögerte noch einen Moment, »aber ich hätte gern einen Partner.« Was ihm ermöglichte, um mehr als nur einen Tanz zu bitten.
    »Also die langsamen?«
    »Beveny hat um einen gebeten, vergiß das nicht«, sagte Rosa beiläufig.
    »Wann fängt der Tanz an?« fragte Tenna.
    »Nicht vor Einbruch der Dunkelheit, nach dem Essen«, sagte Haligon. »Möchtest du beim Essen meine Tischpartnerin sein?«
    Sie hörte, wie Rosa scharf Luft holte, aber sie hielt ihn wirklich für einen umgänglichen Menschen. Die Einladung war gewiß akzeptabel. »Es wäre mir eine Freude«, sagte sie höflich.
    Damit war es vereinbart, und Haligon stieß mit seinem letzten Rest Wein auf die Vereinbarung an, stand auf, verbeugte sich vor ihnen und entfernte sich vom Tisch.
    »Jo-ho, Tenna«, murmelte Rosa, während sie der hochgewachsenen Gestalt nachsahen, die in der Menschenmenge der Zusammenkunft verschwand.
    Cleve grinste ebenfalls. »Gut gemacht! Ich hoffe, du kommst bald während einer anderen Überquerung zurück, falls wir noch ein paar Probleme haben, bei denen du uns helfen kannst.«
    »Ach, hör doch auf damit«, erwiderte Tenna schnippisch. Nun gestattete sie sich, die dunkelgrüne Lederhaut zu betasten. »Hat er uns beobachtet, was meint ihr? Wie konnte er das wissen?«
    »Oh, niemand hat behauptet, daß Haligon ein Schwachkopf ist«, sagte Rosa. »Auch wenn er auf den Läuferwegen geritten ist.«
    »Dann muß er es seinem Vater gesagt haben«, sagte Cleve. »Daß er für alles geradesteht, zeigt seinen guten Charakter. Vielleicht mag ich ihn am Ende doch.«
    »Das scheint mir die richtige Reihenfolge zu sein«, sagte Rosa. »Aber wenn Torlo ihn darauf angesprochen hat, hat er bisher nie zugegeben, daß er die Läuferwege benutzt.« Sie grinste Tenna an. »Es stimmt, daß ein hübsches Mädchen mehr Aufmerksamkeit bekommt als ein unansehnliches wie ich.«
    »Du bist nicht unansehnlich«, sagte Cleve indigniert und stellte fest, daß er in Rosas Falle getappt war, mit der sie ihm ein Kompliment entlocken wollte.
    »Bin ich nicht?« antwortete sie und lächelte schelmisch.
    »Ach, du!« sagte er. Dann lachte er und teilte Groghes Glas gerecht zwischen ihren Gläsern auf. »Viel zu gut, um ihn zu verschwenden.«
     
    Tenna kehrte gerade lange genug in die Station zurück, um das wunderbare Leder zu verstauen. Und lange genug, um mit Bitten und Anfragen der anderen

Weitere Kostenlose Bücher