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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Haar, das ihr bis über die Hüften reichte, und einen blauen Punkt auf der Stirn, etwa an der Stelle, wo der Stein von Moiraines Stirnkettchen hing. Siuans Gesicht blieb unbekümmert, aber ihre Stimme klang gepreßt, als sie die junge Frau vorstellte. Lady Iselle machte schnell deutlich, warum.
    »Alle im Palast sagen, Ihr seid eine Aes Sedai«, sagte sie und betrachtete Moiraine zweifelnd. Sie stand nicht auf, noch weniger machte sie einen Knicks oder neigte auch nur den Kopf. »Wenn das so ist, brauche ich Eure Unterstützung. Ich möchte zur Weißen Burg gehen. Meine Mutter wünscht, daß ich heirate. Ich hätte nichts gegen Lan als meinen Carneira, wenn meine Mutter nicht bereits seine wäre, aber wenn ich heirate, dann soll es einer meiner Behüter sein. Ich möchte eine Grüne Ajah werden.« Sie sah Siuan mit einem leichten Stirnrunzeln an. »Steh hier nicht herum, Mädchen! Geh da rüber, bis du gebraucht wirst.« Siuan stellte sich neben den Kamin, Rücken gerade, Arme unter den Brüsten verschränkt. Keine richtige Dienerin hätte sich so hingestellt - oder so die Stirn gerunzelt -, aber Iselle nahm sie überhaupt nicht mehr zur Kenntnis. »Setzt Euch, Moiraine«, fuhr sie mit einem Lächeln fort, »und ich werde Euch sagen, was ich von Euch will. Natürlich nur, wenn Ihr wirklich eine Aes Sedai seid.«
    Moiraine sah sie an. In ihrem eigenen Wohnzimmer wurde ihr erlaubt, sich zu setzen. Dieses törichte Kind war sicherlich eine ebenbürtige Partnerin für Lan, was Arroganz betraf. Ihr Carneira? In der alten Sprache bedeutete das »Erster«, hier aber eindeutig noch etwas anderes. Natürlich nicht, was es zu sein schien, nicht einmal die Malkieri konnten so seltsam sein! Sie setzte sich und sagte trocken: »Deine Ajah auszusuchen sollte wenigstens so lange warten, bis ich dich einer Prüfung unterzogen habe, um festzustellen, ob es einen Sinn hat, dich zur Burg zu schicken. Ein paar Minuten werden genügen, um herauszufinden, ob du kanalisieren kannst, sowie deine potentielle Kraft, wenn du . . .« Das freche Mädchen fiel ihr ins Wort.
    »Oh, ich wurde dem Test schon vor Jahren unterzogen. Die Aes Sedai sagte, ich würde sehr stark werden. Ich sagte ihr, ich sei fünfzehn, aber sie fand die Wahrheit heraus. Ich verstehe nicht, warum ich nicht mit zwölf in die Burg gehen konnte, wie ich es wollte. Mutter war wütend. Sie hat immer gesagt, daß ich eines Tages Königin von Malkier sein würde, aber das würde bedeuten, Lan zu heiraten, was ich nicht wollte, selbst wenn meine Mutter nicht seine Carneira wäre. Wenn Ihr ihr sagt, daß Ihr mich mit zur Burg nehmt, wird sie zuhören müssen. Alle wissen, daß Aes Sedai jede Frau zur Ausbildung nehmen, die sie wollen, und niemand kann sie daran hindern.« Die vollen Lippen wurden schmollend geschürzt. »Ihr seid doch eine Aes Sedai, oder nicht?«
    Moiraine führte die Übung mit der Rosenknospe durch. »Wenn Ihr nach Tar Valon wollt, geht. Ich habe ganz sicher keine Zeit, Euch zu begleiten. Dort werdet Ihr Schwestern finden, bei denen Ihr keine Zweifel haben müßt. Suki, würdest du Lady Iselle hinausbegleiten? Sie möchte ihre Abreise zweifellos nicht so lange hinauszögern, bis ihre Mutter sie erwischt.«
    Die Göre spielte natürlich die Gekränkte, aber Moiraine wollte sie nur noch von hinten sehen, und Siuan hätte sie am liebsten auf den Flur hinaus geschubst.
    »Die«, sagte Siuan, als sie zurückkam und ihre Hände abwischte, »wird keinen Monat durchhalten, selbst wenn sie es an Kraft mit Cadsuane aufnehmen könnte.« Die Burg hielt alle Frauen, die auch nur die geringste Chance hatten, den Schal zu erringen, wie mit eisernen Fesseln fest, aber wer nicht lernen konnte oder wollte, wurde hinausgeworfen, und das Kanalisieren war nur ein Teil des Lernstoffs.
    »Sierin selbst kann sie von der höchsten Zinne der Burg stoßen, mir einerlei«, sagte Moiraine. »Hast du etwas erfahren?«
    Offenbar hatte Siuan herausgefunden, daß der junge Lakai gut küssen konnte, eine Feststellung, die ihr nicht einmal die Wangen rötete, aber davon abgesehen gar nichts. Zu hören, daß Moiraine Lan angesprochen hatte, schien sie überraschenderweise mehr aus der Fassung zu bringen als Mereans Ankunft.
    »Häute mich und salz mich ein, wenn du nicht idiotische Risiken eingehst, Moiraine! Ein Mann, der den Thron eines untergegangenen Landes für sich beansprucht, ist ein neunfacher Narr. Er könnte sich in diesem Augenblick bei jedem über dich das Maul zerreißen, der ihm

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