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Der siebte Schrein

Der siebte Schrein

Titel: Der siebte Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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dem sie ihn zwei Tage gefangengehalten hatte, hatte sie auch durchblicken lassen, daß sie seine Heirat mit Iselle bald bekanntgeben würde. Bukama hatte recht gehabt. Edeyn benützte seinen Daori wie einen Zügel, und er glaubte nicht, daß sie damit aufhören würde, nur weil er ihre Tochter heiratete. Wenn man einem Gegner gegenüberstand, den man nicht besiegen konnte, blieb einem nur eines, nämlich wegzulaufen, und das wollte er.
    Nach einer brüsken Bewegung von Merean nickte Iselle eifrig und ging den Weg zurück, den sie gekommen waren. Merean sah ihr einen Moment nach, aber ihrem gleichmütigen Gesicht war nichts zu entnehmen. Dann folgte sie ihr überraschend und in einer Weise geschmeidig, gegen die Iselle unbeholfen wirkte.
    Lan vergeudete keine Zeit damit, sich zu fragen, was Merean im Schilde führte, sowenig wie er sich gefragt hatte, warum Moiraine sie beobachten lassen wollte. Ein Mann konnte den Verstand verlieren, wenn er auszuknobeln versuchte, was Aes Sedai vorhatten. Moiraine mußte wirklich eine sein, andernfalls hätte Merean dafür gesorgt, daß sie heulend durch die Flure streifte. Er wartete lange genug, bis das Paar nicht mehr zu sehen sein würde, dann ging er lautlos zur Ecke und spähte herum. Sie waren beide verschwunden, daher lief er hastig weiter. Aes Sedai waren heute nicht seine Hauptsorge. Er mußte mit Bukama reden.
    Wenn er weglief, würde er Edeyns Heiratspläne durchkreuzen. Wenn er ihr lange genug aus dem Weg ging, würde sie einen anderen Mann für Iselle finden. Wenn er weglief, würde er auch Edeyns Pläne durchkreuzen, Malkier zurückzuerobern; ihre Unterstützung würde schwinden wie Nebel unter der Mittagssonne, wenn die Leute erfuhren, daß er fort war. Wenn er weglief, würde das für viele Träume das Ende bedeuten. Aber der Mann, der einen Säugling auf dem Rücken getragen hatte, hatte ein Anrecht auf seine Träume. Die Pflicht war ein Berg, aber er mußte getragen werden.
    Vor ihm lag eine breite Treppenflucht mit einem Geländer aus Stein. Er wollte hinuntergehen, und plötzlich fiel er. Er hatte gerade noch Zeit, sich schlaff zu machen, dann kullerte er von Stufe zu Stufe, überschlug sich, landete mit einem Aufprall auf dem Fliesenboden unten, der ihm den letzten Rest Luft aus den Lungen trieb. Pünktchen tanzten vor seinen Augen. Er bemühte sich, zu atmen, sich aufzurichten.
    Diener kamen aus dem Nichts und halfen ihm auf die Füße, alle riefen durcheinander, was für ein Glück er habe, sich bei so einem Sturz nicht den Hals zu brechen, und fragten, ob er sich wegen Heilung an eine der Aes Sedai wenden wolle. Er sah stirnrunzelnd die Treppe hinauf und murmelte Antworten in der Hoffnung, daß sie wieder verschwinden würden. Er nahm an, daß er mehr Blutergüsse hatte als je zuvor, aber Blutergüsse gingen wieder weg, und eine Schwester wollte er in diesem Augenblick als allerletztes sehen. Die meisten Männer hätten sich gegen den Sturz gewehrt und sich glücklich schätzen können, wenn sie nur die Hälfte ihrer Knochen gebrochen hätten. Etwas hatte ihm da oben die Knöchel weggezogen. Etwas hatte ihn zwischen die Schulterblätter geschlagen. Es konnte nur eines bedeuten, sowenig Sinn es auch ergab: Eine Aes Sedai hatte versucht, ihn zu töten.
    »Lord Mandragoran!« Ein untersetzter Mann im gestreiften Mantel der Palastwache kam schlitternd vor ihm zum Stillstand und wäre beinahe umgekippt, weil er versuchte, sich zu verbeugen, ehe er sicheren Halt hatte. »Wir haben überall nach Euch gesucht, Mylord!« keuchte er. »Es geht um Bukama, Euren Diener! Kommt rasch, Mylord! Er könnte noch am Leben sein!«
    Fluchend rannte Lan hinter dem Soldaten her und brüllte ihn an, schneller zu laufen, aber es war zu spät. Zu spät für den Mann, der einen Säugling getragen hatte. Zu spät für Träume.
    Wachen drängten sich in einem schmalen Durchgang am Ende eines der Übungsplätze, machten aber Platz für Lan. Bukama lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, eine Blutlache hatte sich um seinen Mund herum gebildet, der schlichte Holzgriff eines Dolchs ragte aus dem dunklen Fleck auf der Rückseite seiner Jacke. In seinen offenen Augen lag ein überraschter Ausdruck. Lan kniete nieder, drückte ihm die Augen zu und murmelte ein Gebet für die letzte Umarmung der Mutter, mit der sie Bukama zu Hause willkommen hieß.
    »Wer hat ihn gefunden?« fragte er, hörte aber die durcheinandergerufenen Antworten zu dem Wer und Wo und Was gar nicht. Er hoffte, Bukama

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