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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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Zischen, wie von einer wütenden Katze. Mina wich vom Glas zurück.
    Das Zischen wurde lauter, schärfer. Jetzt begriff sie, dass es von den Schwänen kam. Sie bogen die roten, gelben und schwarzen Schnäbel in die Luft, wie Blumen auf weißen Stängeln. Und sie zischten. Immer mehr.
    Mina ging weiter rückwärts, die Hände erhoben, als ob die Tiere die beschwichtigende Geste verstehen könnten. Das Zischen hörte nicht auf. Sie stolperte über irgendetwas, das sie nicht sehen konnte, schaute zur Seite, über die Schulter. Jetzt zischten die Schwäne so laut, dass sie es bis hierher hören konnte.
    Erst dann sah Mina den Hund.
    Er stand neben dem Glashaus, sein Fell spiegelte sich dunkel in der Scheibe. So ruhig, so regungslos. Schaute sie an, aus runden, goldbraunen Augen.
    Zog eine der Lefzen hoch.

    Knurrte; ein einziges Mal.
    Der Ton zwang ein Keuchen aus Minas Mund. Unwillkürlich presste sie die Hände gegen die Lippen; fühlte, wie ihre Finger zitterten. Das Zischen der Schwäne erfüllte die Luft.
    Der Hund war nicht allein.
    Mehr schwarzes Fell wischte über das Glas, auf der anderen Seite. Und vor dem Weiß des Hauses tauchte ein dunkler Schemen auf.
    Irgendwo auf den Bänken wimmerte jemand.
    Sie wich weiter zurück, auf den Holunder zu. Die Hunde folgten ihr langsam. Setzten die mächtigen Pfoten so bedächtig auf das Gras. Mina wusste, warum sie keine Eile hatten. Sie wusste es nur zu gut. Der Zaun. Und der Holunder, der sich nach der Sonne reckte. Hoch genug für das Pferd eines Königs … Viel zu hoch für sie.
    Es gab keinen Grund, warum sie trotzdem in seine Richtung auswich, einen Schritt nach dem anderen. Sie tat es, weil nichts in der Welt ihre Füße zum Stehenbleiben hätte bringen können. Und sie hielt erst an, als die Stimme von hinten wie ein Messer in ihren Rücken stieß.
    »Wilhelmina, mein Kind.«
    Ihre Zähne begannen aufeinanderzuschlagen. Sie blieb stehen, starr wie Eis, drehte sich nicht um.
    »Mein Kind; mein armes, armes Kind. So bist du mir also auch hierhergefolgt. Wie groß muss deine innere Not sein. Und du erkennst sie noch immer nicht.«
    Schritte im Gras, und dann blendete sie das Funkeln der Brillengläser, gleißender, schärfer sogar als die Pyramide der Schwäne.
    »Willst du wirklich wieder fortlaufen, von hier, wo du
willkommen wärst? Tu es nur, ich hindere dich nicht. Siehst du«, er hob die leeren Hände, zeigte in Richtung des Zauns. »Ich stehe dir nicht im Weg. Wenn du es versuchen willst … bitte, nur zu.«
    Die Hunde waren mit Mina stehen geblieben. Sie wagte einen einzigen, gehetzten Blick über die Schulter, obwohl sie wusste, dass die Augen hinter den Brillengläsern nachsichtig darüber lächelten. Der Weg zum Holunder war frei.
    Und wohin dann?
    Sie presste die Kiefer aufeinander, zwang ihre Zähne zur Ruhe.
    »Du kämst doch wieder zurück.« Der Doktor lächelte tatsächlich. »Ihr kommt doch alle zurück, ihr armen Wesen, die ihr keinen Platz finden könnt in der Welt. Und ist es denn nicht schön hier, wunderschön? Hast du dir angesehen, was ich für meine Patienten geschaffen habe?«
    Sie nickte nicht, als er zum Glashaus deutete. Und als er die Hand wieder sinken ließ, verstummten die Schwäne mit einem Schlag.
    »So wunderbare Tiere«, sagte der Doktor. »Und so gefährdet auf den Seen. Weißt du, wie viele von ihnen in Fischernetzen hängen bleiben? Hier sind sie in Sicherheit. Wie alle. Wie du. Wenn du es nur endlich zulassen könntest, Mina, dass jemand sich um dich kümmert. Du brauchst es so sehr, mit deinem armen kranken Geist.«
    Ohne zu überlegen, schüttelte sie den Kopf, aber das Lächeln blieb auf seinem Gesicht. Irgendetwas daran erinnerte sie an Viorel. An den Ausdruck um seinen Mund, als er sich niederbeugte, um sie zu küssen - zu täuschen.
    Sie versuchte, an das Gras zu denken, die einzelnen Halme um ihre Füße; das Blau hervorzulocken, das Schutz bedeuten
würde. Schutz gegen das Funkeln der Brille, Schutz gegen sein Lächeln. Schutz vor den Hunden, die ihn abwartend ansahen. Aber selbst in ihrer Vorstellung standen große schwarze Pfoten auf dem Grün, und sie wusste, dass es ihr nicht gelang, den Feenkreis zu rufen, der sie schon einmal beschützt hatte. Diesmal reichte ihre Kraft nicht aus.
    Gab es denn keinen Ausweg?
    Nichts als Hohn war es, dass er den Holunder freigegeben hatte; Hohn, dass er tat, als könnte sie gehen, wenn sie es nur wollte. Der Zaun umgab sie, und die Hunde rührten sich nicht.
    Aber der Eingang,

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