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Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan

Titel: Der siebte Schwan - Mer, L: Der siebte Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilach Mer
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wie ein fremdländischer Akzent, und die zur gleichen Zeit, auf eine vollkommen unerklärliche Weise, sowohl ein Fauchen als auch ein Schnurren hätten sein können. Darunter mischte sich das Kratzen seiner Zunge in seinem Fell mit dem Geräusch des Regens in den Blättern. Mina hörte all dies, all die kleinen Geräusche; sie wusste , dass sie sie hörte. Und trotzdem konnte sie es nicht glauben. Sie konnte nur dastehen und ihn weiter anstarren.
    Ein Traum, dachte es wieder in ihr, zum zweiten Mal an diesem Tag. Ein Traum, ich träume nur. Es kann gar nicht anders sein.
    »Nun«, sagte der Kater scharf, »haben Sie nichts zu Ihrer Entschuldigung vorzubringen, Fräulein Mina?«
    Die runden, glühenden Augen musterten sie streng. Sie
öffnete den Mund, unwillkürlich, und die ersten Worte waren schon heraus, bevor sie darüber nachdenken konnte.
    »Ich … weiß nicht, was du meinst …«
    Wie war das gekommen? Wieso antwortete sie ihm?
    »Oh.« Es war ein sehr unzufriedener Laut. »Wieso sind wir denn so unhöflich? Ich wüsste nicht, womit ich das verdient hätte, junge Dame.«
    Er sah sie auffordernd an, wartete auf ihre Antwort. Ob sie es glauben konnte oder nicht - sie unterhielt sich mit ihm.
    »Ich … ich …« Mina schluckte. Sie fühlte sich schwindelig. Wie um alles in der Welt redete man mit einem Kater? Mit einem Kater, den man mitten in der Nacht im Sturm unter einem alten Baum traf, an einer Straßengabelung, die es überhaupt nicht gab?
    »Ich weiß doch gar nicht«, sagte sie schließlich leise, »wie … wie Sie heißen.«
    »Ah.« Der Kater riss das Maul auf und gähnte. Mit einem scharfen Klacken schlugen seine Zähne wieder zusammen. »Nun, dem ist leicht abzuhelfen. Sie können mich Tausendschön nennen.«
    Da war etwas in dem Ausdruck seines kleinen, runden Gesichts mit der schiefen schwarzen Maske, das so deutlich wie Eitelkeit aussah, dass Mina lächeln musste - trotz der Verwirrung, trotz der scharfen Erinnerung an die Angst auf der offenen Straße.
    »Tausendschön?«
    Er würdigte sie keiner Antwort. Mit einer geschmeidigen Bewegung, die seinen ganzen Körper erfasste und nicht länger dauerte als ein Wimpernschlag, hatte er ihr den Rücken zugekehrt.

    »Verzeihung … Verzeihen Sie bitte, Herr Tausendschön. Ich habe es nicht böse gemeint.« Wieder waren die Worte heraus, bevor sie darüber nachdenken konnte. Wieder hörte sie sich selbst mit ihm reden und konnte es nicht fassen.
    »Davon gehe ich aus.« Er wandte sich kaum um. »Man kann natürlich nicht allzu viel von Ihnen erwarten. Menschen begreifen gerade einmal die grundlegendsten Regeln der Höflichkeit, zu mehr sind die allerwenigsten imstande. Ich will nachsichtig mit Ihnen sein.«
    Mit einem Satz war er bei ihr, neben ihr, strich an ihr vorbei zwischen die tropfenden Zweige, die sie in einem fast vollkommenen Kreis umgaben.
    »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick.«
    Sie hütete sich, noch einmal zu lächeln, als der Kater sich mit einem Geräusch, das verdächtig nach einem Raunzen klang, auf die Hinterbeine stellte und mit den Vorderpfoten in die Zweige schlug, dass Wassertropfen nach allen Seiten herabsprangen. Er riss das Maul weit auf, aber nicht, um zu gähnen - in alle Richtungen schnappte er nach den schwach glitzernden Tropfen und raunzte dabei immer wieder, was so sehr nach Ärger wie nach Zufriedenheit klang. Als er anfing, im Kreis zu springen, wild um sich schlagend und schnappend, musste sie sich die Hand auf die Lippen pressen, um nicht laut herauszuprusten.
    »Was haben Sie?«, fragte er zwischen zwei Bocksprüngen und klang dabei etwas außer Atem. »Ich bin ein Kater, das sehen Sie doch. Und diese winzigen, glimmernden, tröpfelnden Dinger … mmrrhau, das ist nicht auszuhalten!«
    »Natürlich«, gelang es ihr zu antworten. »Möchten Sie vielleicht … Ich habe sicher auch einige Regentropfen auf meinem Mantel …«

    »Seien Sie nicht albern.« Er schüttelte sich endlich, ganz so wie ein nasser Hund, obwohl sie sich eher die Zunge abgebissen hätte, als ihm das zu sagen, und setzte sich neben sie. »Das ist etwas ganz und gar anderes.«
    So seltsam es war, es erschien ihr unfreundlich, dass er die ganze Zeit zu ihr heraufsehen musste. Und so zog sie den Mantel enger um sich und hockte sich hin. Er war so groß, dass seine Augen jetzt beinahe auf einer Höhe mit den ihren waren.
    »Nur zu«, sagte er, ohne dass sie gesprochen hätte. »Fragen Sie ruhig. Dafür sind wir doch hier, nicht wahr?«
    »Sind

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