Der siebte Sinn der Tiere: Warum Ihre Katze weiß, wann Sie nach Hause kommen, und andere bisher unerklärte Fähigkeiten der Tiere (German Edition)
erfuhr ich später, dass Lazzaro Spallanzani schon 1793 darauf hingewiesen hatte, Fledermäuse würden sich mit Hilfe ihres Gehörs orientieren, doch dass seine skeptischen Gegner seine Experimente als fehlerhaft abgetan und die Forschung für über ein Jahrhundert zurückgeworfen hatten. Immerhin akzeptierte Dawkins, dass die Telepathie eine radikalere Herausforderung darstellt als die Echoortung. Er sagte, wenn es sie wirklich gäbe, würde sie »die Gesetze der Physik auf den Kopf stellen«, und fügte hinzu: »Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise.«
»Es kommt darauf an, was man für außergewöhnlich hält«, erwiderte ich. »Die Mehrheit der Bevölkerung meint, Telepathie schon erlebt zu haben, insbesondere in Verbindung mit Telefonanrufen. In diesem Sinne ist Telepathie ganz gewöhnlich. Die Behauptung hingegen, die meisten Menschen würden sich im Hinblick auf ihre eigenen Erfahrungen täuschen, ist außergewöhnlich. Wo sind die außergewöhnlichen Beweise dafür?«
Er konnte überhaupt keine Beweise dafür vorlegen und ließ sich nur vage über die Fehlbarkeit des menschlichen Urteilsvermögens aus. Er hielt es auch für selbstverständlich, dass Menschen an das »Paranormale« glauben wollen – doch das sei reines Wunschdenken.
Wir einigten uns dann darauf, dass kontrollierte Experimente unabdingbar seien. Ich sagte, daher hätte ich ja bereits derartige Experimente gemacht, etwa Tests, um herauszufinden, ob Menschen wirklich wissen konnten, wer sie anrief, wenn der Anrufer nach dem Zufallsprinzip ausgewählt worden war. Die Ergebnisse hätten weit über dem Zufallslevel gelegen. Eine Woche zuvor hatte ich Dawkins Kopien von einigen meiner Artikel in Fachzeitschriften geschickt, damit er die Daten überprüfen konnte, bevor wir uns trafen. An dieser Stelle wirkte er unruhig und sagte: »Ich will nicht über Beweise diskutieren.« – »Warum nicht?«, wollte ich wissen. Er erwiderte: »Dafür haben wir keine Zeit. Es ist zu kompliziert. Und darum geht es auch nicht in dieser Sendung.« Die Kamera wurde angehalten.
Russell Barnes bestätigte mir, auch er sei nicht an Beweisen interessiert. Der Film, den er drehte, sei wieder eine von Dawkins’ Polemiken gegen irrationale Glaubensvorstellungen. Ich sagte zu ihm: »Wenn Sie Telepathie als irrationale Glaubensvorstellung behandeln, dann sind doch mit Sicherheit Beweise darüber, ob sie existiert oder nicht, ganz wesentlich für die Diskussion. Wenn Telepathie vorkommt, ist es doch nicht irrational, daran zu glauben. Ich dachte, wir würden darüber reden wollen. Ich habe von Anfang an erklärt, dass ich nicht daran interessiert bin, mich an einer weiteren primitiven Entlarvungsshow zu beteiligen.«
Dawkins konterte: »Das ist keine primitive Entlarvungsshow, sondern eine hochwertige Entlarvungsshow.« Ich erwiderte, in diesem Fall handle es sich um ein ernstes Missverständnis, da man mir versichert habe, dass es um eine ausgewogene wissenschaftliche Diskussion über Beweise gehen werde. Russell Barnes wollte die E-Mails sehen, die ich von seiner Assistentin bekommen hätte. Er las sie mit unverhohlenem Entsetzen und sagte dann, die Zusagen, die sie mir gegeben habe, seien falsch. Das Team packte seine Sachen zusammen und ging.
Richard Dawkins hat schon vor langer Zeit seine Überzeugung verkündet: »Das Paranormale ist völliger Blödsinn. Wer es uns verkaufen will, ist ein Hochstapler und Scharlatan.« Enemies of Reason sollte diese Überzeugung verbreiten. Doch ist sein Kreuzzug wirklich förderlich für das öffentliche Verständnis von Wissenschaft, die er immerhin als Professor in Oxford betrieb? Soll die Wissenschaft ein Vehikel für Dogmen und Vorurteile sein, eine Art fundamentalistisches Glaubenssystem? Oder soll sie nicht vielmehr auf der aufgeschlossenen Erforschung des Unbekannten basieren?
Skeptizismus und Leichtgläubigkeit
Obwohl engagierte Skeptiker sich als ergebene Diener von Wissenschaft, Vernunft und kritischem Denken verstehen, sind sie leichtgläubig gegenüber den Behauptungen anderer Skeptiker. Viele Wissenschaftsjournalisten teilen diese Leichtgläubigkeit, und darum unterstellen die wissenschaftlichen Medien dem dogmatischen Skeptizismus gern eine Autorität, die ihm nicht zusteht. Wenn beispielsweise prominente Materialisten wie Lewis Wolpert behaupten, es gebe keine Beweise für Telepathie, werden sie in Zeitungen und Fernsehsendungen unkritisch zitiert, als ob sie wüssten, wovon sie
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