Der siebte Turm 03 - Aenir - Reich der Schatten
Meinung eigentlich hätte sein sollen.
Adras gab keine Antwort.
Tal rief noch einmal. Über ihm ertönte ein dumpfes Grollen, ein eher lächerlich klingender Donnerschlag.
Tal seufzte und schlurfte auf das Geräusch zu, wobei er achtsam den Kristallen aus dem Weg ging.
Ein paar hundert Spannen weiter kam er an eine Oase in der Wüste der blauen Kristalle. Es war ein Fleck unauffälliger Erde mit einer kleinen, sprudelnden Quelle, die von großen, dünnen Bäumen mit grünlich-lilafarbenen Blättern umgeben war.
Adras schwebte über der Quelle und saugte Feuchtigkeit auf. Er pustete in den kleinen Teich und erzeugte damit eine dicke Säule aus Tröpfchennebel, den er in seinen Mund aufnahm.
Tal ging hastig zu ihm, um etwas zu trinken. Vielleicht gab es auch etwas zu essen, denn die Bäume trugen Früchte zwischen ihren Blättern.
Eine der Früchte lag auf dem Boden. Tal trank etwas, hob dann die Frucht auf und sah sie näher an. Sie hatte eine harte Schale, war innen aber weich und fleischig. Er hatte eine solche Frucht schon einmal gesehen, wenn auch nur in einem Korb, den jemand in die Enklave der Erwählten gebracht hatte. Seine Mutter hatte sie Kuchenfrucht genannt, sie in Scheiben geschnitten und im Ofen gebacken.
Das konnte Tal hier nicht machen, doch er röstete sie mit einem heißen, weißen Lichtstrahl aus seinem Sonnenstein, bis das Fruchtfleisch braun wurde. Als er es aß, stiegen Erinnerungen an bessere Zeiten in ihm hoch, als seine Familie noch zusammen gewesen und das Einzige, worüber Tal sich Sorgen machen musste, das nächste Schuljahr im Lektorium war.
Tal spuckte den letzten Bissen der Kuchenfrucht aus. Er wollte nicht länger an all das erinnert werden. Es machte ihn traurig, an seine Familie und ihre Schwierigkeiten zu denken. Er musste sich auf das vor ihm liegende Ziel konzentrieren.
„Ich muss den Kodex finden“, sagte er laut.
Über ihm nickte Adras, unterbrach aber seine Dunstaufnahme nicht. Die Wüste hatte dem Sturmhirten schwer zu schaffen gemacht. Er war in der trockenen Luft auf ein Drittel seiner normalen Größe geschrumpft. Jetzt wollte er so viel Wasser wie möglich trinken, damit es bis zur kühlen Nacht reichte.
„Es ist gut, dass Milla uns verlassen hat“, fügte Tal hinzu. Er sah Adras dabei an, sprach aber eher zu sich selbst. „Es macht alles etwas… ich weiß nicht… einfacher. Ich meine, sie wollte den Kodex nicht wirklich finden. Sie wollte nur alles über Aenir in Erfahrung bringen, um es dieser seltsamen alten Frau zu erzählen.“
Adras machte eine Pause beim Trinken und rülpste. Dann saugte er weiter, indem er das Wasser mit seinem mächtigen Atem zerstäubte und mit dem Mund aufnahm.
„Großartig“, sagte Tal. „Du bist mir eine wirkliche Hilfe.“
Trotz der Hitze, die jetzt am größten war, wollte Tal nicht warten. Jede Minute, die er in der Oase verbrachte, war verlorene Zeit. Alles Mögliche konnte passieren, während er hier saß und Kuchenfrucht aß. Gref oder seiner Mutter könnte etwas zustoßen.
Alles Mögliche.
„Los“, sagte er. Doch er hatte kaum ein paar Schritte aus dem Schatten der Bäume gemacht, als sich die Hitze des Sandes durch seine Schuhsohlen brannte. Fluchend hüpfte er zurück zu dem kleinen Teich.
„Zu heiß, um weiterzugehen“, bemerkte Adras gähnend. „Wir sollten warten, bis es abkühlt.“
„Das glaube ich auch“, sagte Tal zögernd. Er inspizierte seine Stiefel und stellte überrascht fest, dass der lange Marsch durch die seltsame Wüste mehrere Löcher in die Sohlen gebrannt hatte. Es waren Eiscarl-Stiefel, die für das Eis und nicht für heißen Sand gemacht waren. „Wir müssen die Zeit heute Abend wettmachen.“
Adras nickte.
Tal setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken an einen der Bäume. Er vergewisserte sich, dass keine der Kuchenfrüchte auf ihn fallen würde und schloss die Augen. Er schwor sich, dass er nicht einschlafen würde. Er würde nur alles noch einmal durchdenken. Den Kodex zu finden war der erste Schritt, doch es gab noch eine Menge mehr zu tun.
„Wie finde ich den Kodex?“, murmelte er vor sich hin.
Musste er einfach so lange nach Osten gehen, bis er darüber stolperte?
Tal wusste, dass es nicht so einfach werden würde. Er würde sich jetzt ausruhen und seine Kräfte schonen. Dann würde er die ganze Nacht marschieren. Er würde die verlorene Zeit wettmachen. Er musste sie wettmachen.
Doch die Sonne war sogar im Schatten der Bäume glühend heiß und Tals Gedanken
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