Der siebte Turm 06 - Der violette Sonnenstein
als sie einander getroffen hatten…
Milla hatte ähnliche Gedanken, als sie Tal näher kommen sah. Sie war sich ihrer Gefühle ebenfalls nicht sicher. Sie war wie immer bei seinem Anblick irritiert, doch gleichzeitig auch erleichtert, ihn lebend und nach dem Aufenthalt im Saal der Albträume unbeschadet zu sehen.
Sie trafen sich in der Mitte des Korridors. Die beiden Geistschatten, die sich noch immer vergnügt gegenseitig über den Gang jagten, ignorierten sie.
„Milla“, sagte Tal und blieb stehen.
„Tal“, gab Milla zurück.
Dann senkte sich ein schweres Schweigen über die beiden, bis sie schließlich gleichzeitig zu sprechen begannen.
„Ich bin froh, dass du lebst“, sagte Tal.
„Ich habe deine Mutter kennen gelernt“, sagte Milla.
„Meine Mutter! Geht es ihr gut? Ich war mir nicht sicher, ob das Gegengift…“
„Sie ist schwach, aber es geht ihr gut und sie ist unter unserem Schutz auf den besetzten Ebenen. Sie sagt, dass sie dich liebt und weiß, dass du tun wirst, was getan werden muss.“
„Sushin hat den Violetten Schlüsselstein – meine Hälfte davon, meine ich“, sagte Tal schnell. Es schien einfacher zu sein, darüber als über etwas Persönliches zu reden. „Er wird ihn benutzen, um den Schleier zu zerstören. Wir müssen ihn aufhalten.“
„Das ist uns bekannt“, sagte Milla in dem betont ruhigen, überzeugten Tonfall, der ihn immer so gestört hatte. „Deshalb sind wir hier. Wo ist Sushin?“
„Äh, das weiß ich nicht“, gab Tal unbehaglich zurück. „Wir sind gerade erst hier angekommen. Aber er hat den Audienzsaal geöffnet und ist vielleicht schon im Violetten Turm, deshalb müssen wir uns beeilen.“
„Warum stehen wir dann hier herum und reden?“, fragte Milla gereizt. Sie drehte sich um und rief: „Beeilung!“
Der gewaltige blaue Mann, der hinter ihr gestanden hatte, sah Tal mit einem Blick an, der ihn ängstigte und erschauern ließ. In diesem Blick lag ein verborgener Wahn und Tal wusste, dass dieser Wahn jederzeit ausbrechen konnte.
„Du musst Jarek sein“, sagte er schwach und schlug die Fäuste zusammen. „Ich bin Tal. Ich bin… so eine Art Ehren-Far-Raider…“
Jarek erwiderte den Gruß nicht, sondern folgte Milla.
Tal wollte ihnen ebenfalls folgen, als er Ebbitt und eine weitere Eiscarl-Frau sah. Sie war jung und musste so etwas wie eine Crone in der Ausbildung sein. Sie trug die Robe einer Crone, obwohl sie auffallend hellblaue Augen hatte.
„Großonkel Ebbitt!“, rief Tal und lief zu ihm hinüber. Er umarmte den alten Mann impulsiv. „Ich bin so froh, dass ich dich nicht getötet habe!“
„Dann lass los“, gab Ebbitt zurück. „Bevor du mich erwürgst und deine misslungene Tat vollendest.“
Tal lachte und ließ ihn los. Mit einem Mal fühlte er sich unglaublich viel besser. Ebbitt und Milla bei sich zu haben, erhöhte die Chancen bei einem Kampf gegen Sushin ungemein.
„Das ist die Crone Malen“, sagte Ebbitt. „Sehr interessante Person. Könnte dir ein oder zwei Dinge beibringen.“
„Äh, dessen bin ich mir s… sicher“, stammelte Tal. Er schlug seine Fäuste auch vor ihr noch einmal zusammen und anders als Jarek erwiderte sie den Gruß.
„Ich weiß eine Menge über dich“, sagte Malen kühl.
„Von Milla?“, fragte Tal.
„Nein“, gab Malen zurück. „Die Kriegsführerin hat keine Zeit, Geschichten zu erzählen. Ich bin gemeinsam mit den anderen Cronen durch ihre Gedanken gewandert. Ich habe ihre Erinnerungen gesehen, habe Aenir und dich durch ihre Augen gesehen.“
„Oh, schön“, sagte Tal unsicher, als er daran dachte, wie er wohl in Millas Erinnerung ausgesehen hatte. Nicht allzu gut, vermutete er.
„Ebbitt, Sushin hat den Violetten Schlüsselstein“, sagte Tal, als sie hinter Milla her eilten. „Die Imperatorin und der Helle Vizier sind tot und sie haben mir noch erzählt, dass Sushin eine Schattenpuppe von Sharrakor ist…“
„Schattenpuppe? Schattenpuppe?“, brach es aus Ebbitt hervor. „Das haben sie gesagt?“
„Ja“, antwortete Tal. Er war überrascht von der Heftigkeit der Reaktion des alten Mannes. „Was bedeutet das?“
„Keine Ahnung“, gab Ebbitt zurück. „Aber es klingt übel.“
„Hallo Tal.“
„Oh, hallo Odris“, erwiderte Tal und winkte dem Geistschatten über ihm zu.
„Adras sagt, dass du mit ihm nach Aenir gegangen bist, ihn in einen komischen Anzug gesteckt hast und dass er von einem Ding gefressen wurde und nach eurer Rückkehr in eine Kiste gesperrt war
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