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Der Sieg nach dem Krieg

Der Sieg nach dem Krieg

Titel: Der Sieg nach dem Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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Hammelkotteletts, Butterklumpen und Butterschmalz in Dosen hervorkehrte. Die beiden Amerikaner schauten nicht einmal hin, stellten auch keine Fragen. Warteten sie auf Verstärkung?
    Jörg nutzte die Lücke. »Wir müßten jetzt gehen«, sagte er beiläufig und gleich mit der Übersetzung.
    Die Amerikaner hatten nichts dagegen. Sie hielten die beiden offenbar nicht für Schwarzhändler, eher für Verwandte. Obwohl das eine das andere nicht ausgeschlossen hätte. Frau Sigg wußte, daß in dieser unklaren Lage jedes Wort falsch sein konnte. Sie sagte überhaupt nichts. Nach knappem Gruß eilten die Kollegen, ohne Gepäcktaschen, beherrscht zu ihren Rädern, trennten sich zur Sicherheit sofort und atmeten erst auf, als sie in verschiedene Richtungen davonfuhren.
    Jörg strampelte zu seinem Vater. Doch er ließ sich Zeit, wollte den Schreck erst verdaut haben, bevor er ihm gegenübertrat. Der alte Herr bewohnte ein idyllisches Häuschen aus der Zeit, da Schwabing noch ein Dorf vor den Toren Münchens gewesen war. Der Jeep am Gehsteigrand fiel in der engen Straße nicht auf. Hier wohnten einige hübsche Mädchen, deren Eltern lieber beide Augen zu- als Magenknurren unterdrückten. Jörgs Fahrrad lehnte noch nicht an der Hauswand, da tauchten, wie aus dem Nichts drei Soldaten der Military Police auf.
    »Keine Bewegung !« rief ein Zivilist, als gehöre er dazu. Sie drängten den Sohn ins Vaterhaus.
    »Was soll das? Meine Herrn, ich muß doch sehr bitten !« protestierte der ehemalige königlich-bayerische Offizier gegen den unangemeldeten Besuch.
    Hier gehe es um den Junior, ließ der Zivilist ihn wissen. Er unterstützte die Amerikaner als Dolmetscher gegen seine Landsleute und wurde von dem alten Herrn mit einem entsprechenden Blick bedacht.
    Unterdessen konnte sich der junge Herr ein Bild von der Schnelligkeit der Militärpolizei machen. Frau Sigg hatte plaudern müssen. Von Freund Jörg wußte sie nur den Vornamen und daß er als Zeichner für den Simplizissimus arbeite. Das hatte genügt. Umgehend war ein Jeep bei der Redaktion vorgefahren, der Verleger kam nicht drum herum, den vollen Namen und die Adresse seines Mitarbeiters preiszugeben.
    Ein Protest des alten Herrn gegen solche Methoden verebbte vor der Antwort seines Sohnes auf die Frage, ob er Sacharin verschoben habe. Es wäre sinnlos gewesen zu leugnen.
    Jörg wurde verhaftet. Sein Vater ereiferte sich, sprach von Schande für Haus und Namen. Über einer sofortigen Erklärung, die er von seinem Sohn verlangte, fiel die Haustür ins Schloß. Draußen brauste der Jeep davon und hielt erst wieder auf der anderen Seite der Isar vor irgendeiner Dienststelle mit Wachposten am Tor.
    Grimmig dreinschauend und nachgerade hysterisch wichtig, als handle es sich um einen gemeingefährlichen Schwerverbrecher, zerrten sie den Verhafteten ins Haus, drückten ihn zu sofortigem Verhör auf einen Stuhl. Sein Landsmann baute sich vor ihm auf und entwickelte Übereifer. Nicht nur die Fragen übersetzte er, sondern versah sie zusätzlich mit drohendem Unterton. Um Namen und Adressen weiterer Mitwirkender ging es. Jörg zögerte. Den Tschechen am Bahnhof hatte er nicht gekannt, seinen bulgarischen Kollegen wollte er nicht verpfeifen.
    Sein Schweigen löste ein kurzes Kommando aus, das nicht übersetzt zu werden brauchte. Zwei Soldaten fesselten ihn mit Riemen an den Stuhl. Der Kommandogeber zog Photos aus der Tasche und hielt sie ihm hin. Sie zeigten gleichfalls sitzende gefesselte Delinquenten, mit Schwellungen und offenen Platzwunden im blutverschmierten Gesicht.
    Die Warnung war eindeutig. Gestapomethoden zur Wahrheitsfindung wollte sich Jörg nicht aussetzen. Er beschloß, seinen bulgarischen Kollegen zu benennen und gleichzeitig seine Verteidigung zu übernehmen. In ruhigem Ton und auf englisch äußerte er Befremden über die Bilder. Sie widersprächen einfachsten, demokratischen Regeln, zu denen das deutsche Volk doch umerzogen werden solle. Jörg ließ wissen, was er unter demokratisch verstehe: Korrektes Verhör durch einen dazu befugten Offizier. Dann werde er sprechen.
    Seine Haltung verwirrte. Der Dolmetscher gab sich Mühe, den Soldaten, nicht seinem Landsmann, hilfreich zu sein, bewirkte aber das Gegenteil. Die Mienen wurden zusehends entspannter. Der Delinquent verstand jedes Wort, nicht nur das erlösende Okay, nach dem die Fesseln fielen. Einer der Soldaten brachte ihn, nein, geleitete ihn zu einem Offizier, einem Captain. Die Rangabzeichen der Besatzer waren

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