Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
kannst es ruhig glauben. Ich bin ein Barde, kein Krieger.«
    »Eben. Und wenn du ihn schon nicht geplant hast, dann hättest du, gerade du, ihn verhindern können!«
    »Warum sollte ich? Ich wusste nur, dass man den Boten und sein Gefolge in die Irre führen wollte. Dass die Römer uns dafür erschlagen würden, konnte ich doch nicht ahnen.«
    »Nur in die Irre führen! Bei solchen Streichen sind schon zahlreiche Menschen ums Leben gekommen.«
    »Wenn sie uns angreifen, müssen wir uns wehren!«
    »Ihr fordert diese Angriffe heraus!«
    Cullen lächelte sie an.
    »Du bist sehr schön, wenn du so wütend bist, Annik. Man ist sehr geneigt, dir bedingungslos zu gehorchen.«
    »Dann tu das doch mal, Barde!« »Man, sagte ich, nicht ich. Barden gehorchen nicht. Niemandem, wie du weißt.«
    »Man würde auf dich hören, Barde. Und darum solltest du jetzt wissen, dass es das Ende deines Clans sein wird, und auch das Ende eurer germanischen Freunde, wenn nur der kleinste Zwischenfall noch passiert. Der Senator war hier, und er wollte drastische Vergeltungsmaßnahmen einleiten. Sei froh, dass Valerius Corvus viel daran liegt, Frieden zu halten!«
    »Liegt ihm tatsächlich daran? Oder will er nur Karriere machen? Traian legt Wert darauf, seine Grenzen zu sichern und die Stadt mit allem Luxus zu versehen. Im Moment ist es ihm wichtiger, seine Legionäre zum Bau von Wasserleitungen und Palisaden einzusetzen, statt
uns zu vertreiben. Aber das kann sich schnell ändern, und dann hängt auch dein Valerius Corvus sein Fähnchen nach dem neuen Wind.«
    »Was macht dich so zynisch, Cullen?«
    »Das Leben, Annik.«
    Sie setzte sich kopfschüttelnd an die Drehscheibe, und dabei fiel das Stilett aus ihrer Schürze. Cullen hob es auf, betrachtete es neugierig und reichte es ihr mit dem Heft voraus.
    »Hast du so große Angst vor einem Angriff, dass du jetzt schon bewaffnet an die Töpferscheibe gehst?«
    Sie nahm es und legte es auf das Wandbord hinter sich zwischen zwei trocknende Schalen.
    »Es ist nicht meines. Ulpia Rosina trägt es, und du weißt vermutlich sehr gut, warum.«
    »Niemand zwingt sie, alleine in den Wald zu gehen.«
    »Wer war es, Cullen?«
    »Zwei übermütige Jungen. Sie sind jetzt tot. Von den Römern erschlagen.«
    »Sie hätten sich nicht an dem Überfall beteiligen müssen.«
    »Wir drehen uns im Kreis.«
    »Ja, denn du bist uneinsichtig.«
    »Das bin ich nicht. Ich habe verstanden, was du gesagt hast. Ich werde denen, die von Verlust und Trauer betroffen sind, versuchen, deutlich zu machen, dass sie sich ruhig verhalten müssen. Dass sie hinnehmen müssen, was immer die Römer ihnen antun.«
    »Du hast die Macht des Wortes, Cullen. Es dürfte dir nicht allzu schwer fallen.«
    »Diese Macht, Annik, scheint mir manchmal sehr gering. Hätte ich sie, würdest du mir geneigter sein. Ich habe versucht, mit meinen Liedern einen Bann über dich zu legen, aber dein Herz lässt sich nicht rühren. Du hast
es mit einem Panzer umgeben, den meine Worte nicht durchdringen können. Und seien sie noch so süß und zauberkräftig.«
    Plötzlich sah Annik in ihm wieder den Jungen, der zu früh seinen Lehrer verloren hatte, der zu wenig von den Auswirkungen seiner Macht wusste, und hatte Mitleid mit ihm.
    »Du hättest deinem Großvater sorglicher lauschen sollen. Mag sein, dass es Feinheiten in den Liebeszaubern gibt, die dir entgangen sind. Versuch es doch erst einmal bei einem jüngeren, weniger erfahrenen Mädchen.«
    »Dann binde ich meine Kraft und kann sie nicht mehr für dich einsetzen. Nein, nein, schöne Annik. Das tue ich nicht.«
    Sie lächelte ihn freundlicher an und fragte: »Wer war eigentlich dein Großvater? Ich kenne jetzt schon einige aus dem Dorf, aber ich weiß nicht, zu welcher Familie du gehörst.«
    »Familie - sie gibt es eigentlich gar nicht mehr. Mein Großvater hieß Gaelix, Sohn des Gael. Er gehörte, wie Erwan, zu den ganz wenigen, die von jenen abstammen, die das große Schlachten überlebt haben. Ach, Annik, lassen wir die Vergangenheit ruhen. Sag mir lieber, warum du deiner Domina das Messer abgenommen hast. Wollte sie dir die Wange aufschlitzen, weil deine Krüge schief geraten sind?«
    »Viel schlimmer. Sie wollte Gratias Katze ermorden. Sie hatte eine gläserne Schale vom Tisch geschubst. Nun ja, es war die etwas überzogene Reaktion einer empfindlichen Künstlerin.«
    Sie unterhielten sich noch eine Weile auf freundschaftliche Art, aber bald bat Annik den Barden, sie alleine zu lassen. Sie war

Weitere Kostenlose Bücher