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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zurückzukehren.«
    »Nun gut. Richte Ulpia Rosina aus, dass ich zu Beginn der Saturnalien auf das Gut komme, um mich dem Mummenschanz hier zu entziehen. Annik bringe ich mit.«
    Annik aber schüttelte den Kopf.

    »Nein, ich reite einen Tag vor Euch zurück. Das ist besser so, Valerius. Glaubt mir.«
    »Kannst du sie abholen, Falco?«
    »Ich oder einer meiner Leute werden sie begleiten.«
    »Danke.«
    »Du sollst wissen, Corvus, dass ich es nicht gutheiße, was hier geschehen ist.«
    »Ich weiß. Gerade deswegen - danke.«
    Steif verbeugte der Praefect Lucius Aurelius Falco sich vor den beiden und marschierte aus dem Raum.
    »Er ist prinzipientreuer als ich. Aber er ist ein hervorragender Offizier.«
    »Er ist ein nüchterner Mann, und seine Einschätzung ist nicht verkehrt, Valerius. Aber ich mag jetzt nicht klug sein.« Sie streifte seine bärtige Wange. »Ich möchte stattdessen baden. Begleitest du mich?«
    »Wie pflegst du in solchen Fällen zu sagen - gerne!«
     
    Es waren fast zwanzig glückliche Tage, die sie gemeinsam verbrachten. Sie durchstreiften die Stadt, und mit Valerius als Begleiter bekam Annik die Möglichkeit, viele Gebäude zu betreten, die ihr ansonsten verwehrt gewesen wären. Sie ritten an manchen sonnigen Tagen aus, am Rheinufer entlang oder durch die Felder hinter den Stadtmauern. Sie besuchten das Theater und sahen Tragödien und die heiteren Komödien des Plautus. Sie aßen in Schenken oder im Haus, wo der Koch, von der Liebe, die sein Herr und die Dame Anna ausstrahlten, zu wahren Wunderwerken inspiriert wurde. Sie kauften Kleider für Annik, goldene Fibeln, mit bunten Steinen besetzt, gestickte Bänder und zierlich geschnitzte Kämme für ihr Haar. Sie besuchten Viatronix, den gallischen Arzt, der bärbeißig Anniks Heilkunst lobte und dann, nach etlichen Bechern dunklen Wein, gallische Kampflieder
zum Besten gab, in die Annik fröhlich einstimmte. Sie schieden als die besten Freunde.
    An einem der Tage begegneten sie bei einem Ausritt dem Imperator. Ein wenig scheu fühlte sich Annik dann doch, als Valerius Corvus sie vorstellte. Zu gut wusste sie, welchen Einfluss Macht auf das Leben eines Menschen hatte. Und der künftige römische Kaiser hatte Macht. Auch über sie, vor allem aber über Valerius Corvus. Traian erwies sich jedoch als vollkommen unkompliziert, er akzeptierte Annik als die keltische Adlige, als die Valerius sie vorstellte.
    Zu anderen Zeiten stöberten sie in Schriftrollen und Codices, die die Händler anboten und lasen sich gegenseitig aus den Werken vor. Sie besuchten die öffentlichen Thermen, die Rennbahn im Norden der Stadt und den Steinmetz, dem Valerius Corvus die Tonplastik gegeben hatte, die Annik von ihm angefertigt hatte. Der Künstler hatte das Abbild in geäderten, weißen Marmor umgesetzt und eine Büste daraus gefertigt, deren Schultern mit den kunstvollen Falten der Toga umgeben waren. Die Narbe hatte er, auf den besonderen Wunsch seines Auftraggebers, ebenfalls abgebildet, wenngleich er sich zunächst heftig gesträubt hatte.
    An einem Tag bemerkte Valerius Corvus den Siegelring an Anniks Hand, und sie schilderte ihm, wie sie ihn bei jenem ersten Besuch in der Colonia erhalten hatte. Am Abend hatte er ihr dann einen weiteren Ring geschenkt, einen breiten Goldring, der aussah, als sei er aus vielen kleinen Stäbchen zusammengesetzt, die jeweils in einem Kügelchen endeten. Auch er trug eine Inschrift, und Annik standen die Tränen in den Augen, als sie sie las. »Omnia vincit Amor - Alles besiegt die Liebe«, hieß es in seiner Innenseite.
    Hin und wieder musste Valerius Corvus seinen Verpflichtungen
nachkommen und sie alleine lassen. Annik widmete sich dann dem Luxus einer ausgedehnten Körperpflege, etwas, das sie bislang in dieser Ausgiebigkeit noch nie getan hatte. Ihre Hände wurden weich, ihre Nägel glatt und glänzend und ihr schönes Haar schimmerte. Sie ließ sich massieren, Härchen auszupfen, cremen und ölen und in der hohen Kunst des Schminkens unterweisen.
    Wenn Valerius und sie der Vergnügungen und der Unterhaltung müde waren, widmeten sie sich der Kunst des Liebens - und wahrhaft nicht ausschließlich der literarischen, von Ovid verfassten. Annik hatte keine Nacht in dem Zimmer verbracht, das für sie gerichtet war, und die Diener hatten sich angewöhnt, das Bad nicht zu betreten, während ihr Herr und die Dame Anna sich dort aufhielten.
    Dann brach der letzte gemeinsame Abend an, und nach dem Mahl wurde Valerius Corvus

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