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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gelassener reagierte. Vielleicht war das Wissen darum, dass er jeglichen Anspruch an die Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten aufgegeben hatte, der Grund, warum sie entspannter war. Annik fragte sich, ob er ihr von seinen Scheidungsplänen schon berichtet hatte. Mit ihm selbst sprach sie nie. Er hielt sich in der Villa auf und kümmerte sich um seine Gäste, sie selbst blieb in ihrem Bereich.

28. Kapitel
    In den Wäldern
    Es hatte ein wenig geschneit, nicht viel, aber der Boden war frosthart gefroren, und so blieb die dünne, pulverige Schicht auf der Erde liegen und zeigte die Spuren derer, die an diesen dunklen Tagen zur Wintersonnenwende unterwegs waren. Es waren erstaunlich viele. Zum einen lag es daran, dass die germanischen Einwohner ihre traditionellen Feiern veranstalteten, zum anderen aber auch, weil die Geschicke im fernen Rom sich nun bald entscheiden würden. Der Kaiser war dem Tode nahe, und Boten, Kuriere, Gesandtschaften waren in allen Teilen des Reiches unterwegs, um Nachrichten zu überbringen, Interessen zu vertreten, Ansprüche abzusichern und manchmal auch, um Intrigen zu schmieden.
    Der junge Barde war auf das Höchste aufmerksam. Was immer er an Wissensfetzchen aufschnappen konnte, fügte er zusammen, um das Bild seiner Welt so aktuell wie möglich zu gestalten. Es war schwieriger geworden, seit Martius nicht mehr auf einen freundschaftlichen Umtrunk zu ihm kam. Aber es gab mehr als genug Mitteilungen aus dem Landgut. Es wimmelte dort von Gästen, die über bedeutendste Informationen verfügten, und obwohl das gesamte Gesinde stark beschäftigt war, fand das Erlauschte doch regelmäßig seinen Weg zu ihm. Trotzdem war da noch die Warnung, die Annik ihm erteilt hatte. Er hatte sie weitergegeben, und sie war nicht gut aufgenommen worden. Die Zeit war viel
zu günstig, den Römern eine nachhaltige Lehre zu erteilen. Aber noch durchquerten Boten, Kuriere und Gesandtschaften unbehelligt die Wälder.

29. Kapitel
    Der Tod des Ofensetzers
    Januar, der Monat, den die Römer nach dem zweigesichtigen Janus benannt hatten, dem Gott, der sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft schauen konnte, ging kalt und dunkel vorüber. Annik verbrachte die meiste Zeit damit, das Lager aufzuräumen, ihre Materialbestände zu prüfen und den ständig schwächer werdenden Erwan zu pflegen. Dann, zu den Nonen des Februars, kam es zu gewaltigen Aufregungen auf dem Gut. Traian traf mitsamt seinem Gefolge ein, um Valerius Corvus zu besuchen. Vier Tage lang summte der ganze Hof von Geschäftigkeit, und Annik traute sich kaum, einen Schritt aus ihrem Häuschen zu machen, um nicht zufällig einem bekannten Gesicht zu begegnen. Erst als die Besucher endlich abgereist waren, wagte sie es, in einen weiten Kapuzenmantel gehüllt, einen Gang zum Matronenstein zu machen. Hier wollte sie der Tradition gemäß ihr Opfer zum Fest des ersten Lichtes bringen. Küchlein aus weißem Mehl hatte sie gebacken, und in ihren Gebeten an die Göttinnen sprach sie all das aus, was sie bisher niemandem anvertraut hatte. Sie sprach von Liebe und Sehnsucht - und sie sprach von Hoffnung.
    Das allererste Grün war in jenen kalten Februartagen aus der Erde hervorgebrochen. Die kleinen Lanzenspitzen der Schneeglöckchen hatten sich hervorgewagt, und an einem sonnigen Plätzchen entdeckte Annik sogar schon eines, das seine weiße Blüte entfaltet hatte. Sie
deutete es als gutes Omen - und es schien, dass sie Recht damit hatte.
    Zwei Tage später endlich, nach Einbruch der Dunkelheit, kam Valerius Corvus zu ihr. Sie lag schon im ersten Schlummer, als er an ihr Bett trat und sanft ihre Wange streichelte.
    »Ihr seid es, Dominus!«
    »Ja, mein Herz. Endlich habe ich Zeit und Gelegenheit, zu dir zu kommen.«
    »Wird Euch im Haus niemand vermissen?«
    »Nein, alle sind weidlich erschöpft von den Aufregungen der letzten Tage. Darf ich mich auf dein Bett setzen?«
    »Ihr dürftet sogar noch mehr, Dominus. Wenn Ihr mein schmales, hartes Lager nicht verschmäht. Es ist zumindest warm unter der Decke.«
    Er lachte leise, zog die Stiefel aus und legte den Gürtel seiner Tunika ab. Annik rückte so weit wie möglich an die Wand und hielt ihm die Decke hoch. Er legte sich zu ihr und umfing sie mit seinen Armen.
    »Es gibt vieles an dir, was ich in den vergangenen Wochen vermisst habe. Aber dies hat mir auch gefehlt.«
    »Ja, Valerius. Mir genauso.«
    Sie zog seinen Kopf zu sich, und ein langer Kuss voller Verlangen raubte ihnen beiden den Atem. Hände

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