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Der Siegelring - Roman

Titel: Der Siegelring - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zur Ruhe kommen.«
    »Ich werde das Gleiche tun. Aber wir sollten Valerius so bald wie möglich von unserem Plan in Kenntnis setzen. Wollt Ihr mit ihm sprechen?«
    Ulpia Rosina schwieg einen Moment, dann sagte sie: »Nein, tu du es. Nicht, weil ich zu feige bin, aber es mag dein Wort ihn milder stimmen.«
    »Möglich. Dann gebt ihm zu verstehen, dass ich mit ihm sprechen muss.«
    »Komm doch heute Abend zum Essen ins Haus. Es sind keine Gäste mehr da, die stören könnten.«
    »Lieber nicht, Domina. Es gibt zu viele Lauscher, die ihre Ohren neugierig spitzen. Es wäre besser, er käme zu mir. Oder würde eventuell sogar mit mir ausreiten. Es ist ein zu heikles Geheimnis, das wir hüten. Selbst hier sollten wir beide nicht mehr darüber reden.«
    »Ja, ich verstehe.« Aber dann legte sie Annik doch noch einmal scheu die Hand auf den Arm. »Du bist beinahe so etwas wie eine Schwester für mich geworden. Ich danke dir sehr, Annik.«
    Annik nahm ihre Hand und hielt sie fest.
    »Ihr wart es doch, die die Töpferin aus dem Barbarenland freundlich aufgenommen hat. Ihr habt mich ins Haus eingeladen, von Euch habe ich die Feinheiten des römischen Lebens gelernt, Ihr habt meine Arbeit geachtet und mir unzählige kleine Freundlichkeiten erwiesen.«
    Ulpia Rosina hatte plötzlich ein kleines Zwinkern in den Augen.
    »Ja, und das, obwohl du damals, als ich dich zum ersten Mal traf, ruß- und blutverschmiert aus dem Ofen gefahren kamst wie eine der schaurigen Lamien der Nacht.«
    »Und Ihr zu einem anmutigen Bündelchen Leinen zu meinen Füßen wurdet!«
    Sie kicherten beide, dann stand Annik auf und ging zur Tür.
     
    Sie war auf ihrem Weg zur Werkstatt, als der Bote auf dem schäumenden Pferd eintraf. Neugierig machte sie kehrt und folgte ihm zur Villa.
    »Große Neuigkeiten!«, rief der Mann atemlos und sprang vom Pferd. Ein Stalljunge lief hinzu und nahm die Zügel, auch andere drehten sich um, und plötzlich schien alles, was Beine hatte, auf den Eingang der Villa zuzuströmen.
    Valerius Corvus, der Hausherr, erschien auf der Treppe.
    »Sprich, Mann!«
    »Caesar Nervas ist tot. Er starb vier Tage vor den Kalenden des Februars. Marcus Ulpius Nerva Traianus ist Caesar! Publius Aelius Hadrian, sein Sohn, hat heute Morgen die Nachricht persönlich überbracht.«
    Plötzlich wurde es Annik kalt, und sie begann zu zittern.
    Die Zukunft hatte begonnen.
    Der Herr des Hauses bedankte sich bei dem Boten und schickte ihn in die Quartiere. Sie wusste, Valerius würde sofort aufbrechen, dem neuen Kaiser seinen Respekt zu erweisen. Er war sein Vertrauter und sein alter Freund. Mit eiligen Schritten ging sie zu ihrem Häuschen zurück. Rasch warf sie den Alltagskittel ab und holte die lange Tunika und ihre blaue Stola aus der Truhe. Die meisten neuen Kleider hatte sie im Haus in der Colonia
gelassen, doch die warme, goldbordierte Palla in dem dunklen Blau hatte sie mitgenommen. Sie legte sie an, dann löste sie ihre Zöpfe und ließ die Haare lang über den Rücken wallen. Zu guter Letzt griff sie noch einmal in die Truhe. Nachdenklich wog sie den festen Lederbeutel in der Hand, dann öffnete sie ihn entschlossen und holte heraus, was seit Jahren unberührt darin verborgen lag. Es war das einzige Erinnerungsstück an ihren Vater. Sie hatte es Tage nach der großen Flut gefunden, am Strand ihrer Insel, halb verborgen im Sand. Glänzend und schwer lag es nun in ihrer Hand - fein ziselisiertes, massives Gold. Ein Halsreif, beinahe kreisrund, doch nicht ganz geschlossen. Die beiden Enden liefen in je einem stilisierten Vogelkopf aus.
    Sorgfältig legte sie den Torques um ihren Hals und spürte das kühle Gewicht. Doch Gold erwärmt sich schnell, und als sie vor die Tür trat, hatte er die Temperatur ihres Körper angenommen.
    Es war genau der richtige Zeitpunkt. Vor dem Eingang der Villa tänzelte bereits Valerius’ Rappe, und der Bote hielt ein frisches Pferd am Zügel.
    Valerius Corvus kam aus dem Haus, schwang sich auf den Pferderücken und ritt langsam den Weg zum Haupttor hinunter. Er bemerkte sie wenige Schritte vor ihrem Haus, zügelte das Pferd und stieg noch einmal ab. Sie wusste, dass unzählige neugierige Augen auf ihr ruhten, wie sie so dastand. In der kühlen Brise wehte ihr langes Haar wie ein Schleier und leuchtete im klaren Sonnenlicht. Der Torques aber funkelte an ihrem Hals, und ihre Haltung war königlich.
    »Annik! Ich muss in die Stadt. Du verstehst das.«
    »Natürlich, Valerius.«
    »Komm nach, sobald du

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