Der Sieger bleibt allein (German Edition)
eine E-Mail:
»Machen Sie sich keine Sorgen, die Verbrechen werden plötzlich aufhören, noch bevor das Festival zu Ende ist.«
Nur zum Spaß schickt er eine Kopie an einen Freund bei Scotland Yard – damit man dort weiß, dass Frankreich ihn als Fachmann schätzt, ihn um Hilfe gebeten und sie erhalten hat; dass er noch professionell arbeiten und zu Schlussfolgerungen kommen kann, die sich schon bald als richtig erweisen werden. Er gehört noch nicht zum alten Eisen.
Sein Ruf steht auf dem Spiel. Aber er ist sich der Richtigkeit dessen, was er gerade geschrieben hat, ganz sicher.
22 Uhr 19
Hamid schaltet das Mobiltelefon aus – ihn interessiert kein bisschen, was in der Welt passiert. In der letzten halben Stunde hat ihn sein Handy mit negativen Nachrichten überschwemmt.
Das alles wertet er als Zeichen dafür, dass er sich diesen absurden Gedanken, einen Film zu machen, ein für alle Mal aus dem Kopf schlagen soll. Er hatte sich von Eitelkeit leiten lassen, anstatt den Ratschlag des Scheichs und den seiner Frau zu befolgen. Offenbar hat er den Kontakt zu sich selbst verloren: Die Welt des Luxus und des Glamours beginnt ihn zu vergiften – ausgerechnet ihn, der sich dagegen immer immun gefühlt hat!
Es reicht. Morgen, wenn alles sich beruhigt hat, wird er die Weltpresse einbestellen und verkünden, dass er das Projekt, in das er bereits eine beträchtliche Summe gesteckt hat, aufgeben wird, weil »es der gemeinsame Traum aller Beteiligten gewesen ist, von denen einer jetzt nicht mehr unter uns weilt«. Irgendein Journalist wird bestimmt wissen wollen, ob er andere Projekte vorhat. Er wird antworten, dass es noch zu früh sei, darüber zu reden, »wir müssen das Gedenken dessen ehren, der von uns gegangen ist«.
Selbstverständlich bedauert er, wie jeder Mensch, der noch einen Funken Anstand hat, dass der Schauspieler, der die Hauptrolle spielen sollte, vergiftet wurde und dass der Regisseur seines Films im Krankenhaus ist – wenn auch gottlob außer Lebensgefahr. Die Botschaft ist dennoch zwei Mal: Kein Kino, das ist nicht deine Branche, du verlierst nur dein Geld und gewinnst nichts.
Kino ist etwas für die Cineasten, Musik für die Musiker, Literatur für die Schriftsteller. Seit er sich zwei Monate zuvor auf dieses Abenteuer eingelassen hat, sind immer mehr Probleme aufgetaucht; er hat sich mit riesigen Egos herumschlagen, unrealistische Kostenvoranschläge ablehnen und ein Drehbuch korrigieren müssen, das mit jeder neuen Version, die man ihm vorlegte, schlechter wurde; er hat affektierte Produzenten ertragen müssen, die ihn herablassend behandelten, als hätte er von alldem überhaupt keine Ahnung, dabei war er doch mit den allerbesten Absichten angetreten: die Kultur seiner Heimat zu zeigen, die Schönheit der Wüste, die tausendjährige Weisheit und den Ehrenkodex der Beduinen. Er meinte, dies seinem Stamm schuldig zu sein, obwohl der Scheich ihn immer gewarnt hatte, sich nicht von seinem Weg zu entfernen.
»Die Menschen verirren sich in der Wüste, weil sie sich von Fata Morganas leiten lassen. Du bist ein ausgezeichneter Modedesigner, also konzentriere dich ganz darauf.«
Aber Hamid wollte mehr: Er wollte zeigen, dass er noch zu ganz anderen Dingen fähig war, wollte noch höher, noch weiter hinauf, etwas riskieren. Seine Sünde war sein Stolz gewesen, und das durfte nicht wieder vorkommen.
Die Journalisten bestürmen ihn mit Fragen – offensichtlich hat sich die Nachricht in Windeseile verbreitet. Er sagt noch, dass er keine Einzelheiten des Falles kenne, aber am nächsten Tag etwas dazu sagen werde. Er wiederholt die Antwort zweimal, bis einer seiner Sicherheitsleute kommt und die Presse auffordert, das Ehepaar Hussein in Ruhe zu lassen.
Hamid ruft einen Assistenten; bittet ihn, Jasmine zu finden, die bestimmt im Garten ist, und sie zu ihm zu bringen. Er braucht ein paar Fotos von ihnen beiden und dann eine neue Pressemitteilung, die den Vertrag bestätigt, und eine gute pr -Frau, die die Sache bis zur Pariser Modewoche im Oktober in den Medien am Laufen hält. Später will er die belgische Modedesignerin persönlich bitten, mit ihrem Label unter sein Dach zu kommen; ihre Arbeit hat ihm sehr gefallen, und er ist sicher, dass sie seinem Konzern Geld und Prestige bringen wird. Aber er weiß auch, was sie im Augenblick denkt: dass er sie mit seinem Angebot, ihr Label zu kaufen, nur dazu bringen wollte, den Vertrag mit ihrem wichtigsten Model aufzulösen. Sich ihr jetzt zu
Weitere Kostenlose Bücher