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Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Der Sieger bleibt allein (German Edition)

Titel: Der Sieger bleibt allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paulo Coelho
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dass sie mit dem, was sie tun, zufrieden sind. Keiner Ihrer Freunde, die sich in der gleichen Lage befinden, wird sich eingestehen, dass er Hilfe braucht.«
    Igor senkte den Blick.
    »Warum? Soll ich für Sie antworten? Nun denn. Wie ich bereits sagte, geht Ihre Ehe daran kaputt.«
    »Schlimmer noch. Meine Frau weist dieselben Symptome auf. Seit einer gemeinsamen Reise an den Baikalsee distanziert sie sich von mir. Und wenn es jemanden auf der Welt gibt, für den ich wieder töten würde...«
    Igor merkte, dass er zu viel gesagt hatte. Doch der Psychiater saß ungerührt auf der anderen Seite des Tisches.
    »Wenn es jemanden auf der Welt gibt, für den ich alles, wirklich alles tun würde, dann ist es meine Frau.«
    Der Psychiater rief seine Assistentin und bat sie, eine Reihe von Terminen auszumachen. Er fragte nicht, ob sein Patient an dem betreffenden Datum Zeit hätte: Es gehörte zur Behandlung, klarzumachen, dass jeder andere Termin, so wichtig er auch sein mochte, aufgeschoben werden konnte.
    »Darf ich Sie etwas fragen?«
    Der Arzt nickte.
    »Kann die Tatsache, dass ich mehr arbeite, als ich muss, nicht auch als etwas Gutes angesehen werden? Als tiefe Achtung vor den Chancen, die mir Gott geschenkt hat? Als eine Möglichkeit, die Gesellschaft zu korrigieren, auch wenn ich manchmal gezwungen bin, Methoden anzuwenden, die etwas...«
    Schweigen.
    »...Etwas...?
    »Ach, nichts.«
    Igor verließ die Praxis verwirrt und zugleich erleichtert. Vielleicht hatte der Arzt das Wesen all dessen, was er tat, nicht begriffen. Für alles im Leben gibt es immer Gründe. Alle Menschen sind miteinander verbunden. Und häufig ist es notwendig, bösartige Tumore zu entfernen, damit der Körper gesund bleibt. Die Menschen verbarrikadieren sich in ihrer egoistischen Welt, machen Pläne, die den Nächsten nicht mit einschließen. Sie glauben, dass der Planet nur ein weiteres Terrain ist, das ausgebeutet werden muss. Sie folgen ihren Trieben und Wünschen, ohne dem Gemeinwohl zu dienen.
    Igor zerstörte seine Ehe nicht. Er wollte nur den Kindern, die er sich erträumte, eine bessere Welt hinterlassen. Eine Welt ohne Drogen, ohne Kriege, ohne den skandalösen Sexmarkt, eine Welt, in der die große Kraft der Liebe alle Paare, Völker, Nationen und Religionen vereint. Ewa würde das verstehen – auch wenn ihre Ehe gerade in einer Krise steckte, die bestimmt vom Geist des Bösen geschickt worden war.
    Am nächsten Tag bat Igor seine Sekretärin, die Termine mit dem Psychiater wieder abzusagen – er hatte Wichtigeres zu tun. Er arbeitete jetzt an einem großen Plan zur Läuterung der Welt. Dafür brauchte er Hilfe und hatte bereits eine Gruppe gefunden, die bereit war, für ihn zu arbeiten.
    Zwei Monate später verließ ihn seine geliebte Frau – weil das Böse von ihr Besitz ergriffen hatte; weil ihr Mann nicht imstande gewesen war, ihre Gefühle zu verstehen.
     
    Das Scharren eines Stuhles, der zurückgezogen wird, bringt ihn zurück nach Cannes. Neben ihm sitzt jetzt eine Frau mit einem Glas Whisky in der einen und einer Zigarette in der anderen Hand. Sie ist gut gekleidet, aber sichtlich angetrunken.
    »Darf ich mich hierhin setzen? Alle Tische sind belegt.«
    »Das haben Sie ja bereits getan!«
    »Unmöglich!«, sagt die Frau, als würde sie ihn schon lange kennen. »Das ist einfach unmöglich. Die Polizei hat mich aus dem Krankenhaus rausgeworfen. Und der Mann, dessentwegen ich fast einen Tag lang gereist und ein Hotelzimmer zum doppelten Preis genommen habe, schwebt gerade zwischen Leben und Tod. So ein Mist!«
    Ist sie von der Polizei? Hat das, was sie sagt, irgendeinen Bezug zu dem, was er denkt?
    »Und was machen Sie hier? Ist Ihnen nicht heiß? Warum ziehen Sie Ihr Jackett nicht aus? Oder wollen Sie irgendjemanden mit Ihrer Eleganz beeindrucken?«
    Die Leute wählen immer ihr eigenes Schicksal, das ist nun einmal so. Diese Frau tut das gerade.
    »Ich trage immer ein Jackett, egal wie heiß es ist. Sind Sie Schauspielerin?«
    Die Frau lacht, und es klingt geradezu hysterisch.
    »Ja, sagen wir ruhig, ich bin Schauspielerin. Ich spiele die Rolle von jemandem, die als Jugendliche einen Traum hatte, mit ihm aufgewachsen ist, sieben elende Jahre ihres Lebens dafür gekämpft hat, um ihn Realität werden zu lassen, die eine Hypothek auf ihr Haus genommen und unablässig gearbeitet hat...«
    »Ich weiß, wie das ist.«
    »Nein, das wissen Sie nicht! Das bedeutet, Tag und Nacht immer an dasselbe zu denken. Zu Veranstaltungen zu

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