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Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)

Titel: Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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und seinen Trainer!“, stand die Reporterin auf und begann zu applaudieren. Es führte zwar nicht zu stehenden Ovationen, aber immerhin klatschten alle im Saal.
    Die Diskussion um seinen Start beim Super-G schien ihm noch weit entfernt. In seinem Kopf kreiste noch immer der Moment, als auf der Anzeigetafel die neun Hundertstel grün blinkten und deshalb Putin einem schwulen Sportler die Hand reichen musste, der seinen Gladiator geschlagen hatte; ein berauschendes Gefühl, aber würde das nicht auch Neider und Homophobe auf den Plan rufen?

Das Interview
    Die Sonne verschwand gerade hinter den Bergen, als sich das Schweizer Team in der Eingangshalle seines Hauses versammelte, um gemeinsam zur Medaillenfeier aufzubrechen. Mayerhofer in sportlichem Jackett und Krawatte prüfte die Rasur des Medaillengewinners, damit der bei der Siegerehrung an der Küste einen guten Eindruck machen würden. Auch Alfons-Maria Saubauer erschien zu dem feierlichen Anlass im Anzug. Er finde es in der Tat würdevoller, meinte er, wenn alle am Abend nochmals feierlich zusammenkämen. Die Sportler durften Sneakers, Jeans und Teamjacke tragen. Luchsi gab zu, dass er ziemlich nervös war, und fragte Jörg Pesenbauer, wie peinlich so eine Medaillenzeremonie eigentlich sei.
    „Sehr schlimm, Luchsi. Ich hab in Kanada während der Hymne auf dem Podest gepopelt. Da hat mir Jacques Rogge persönlich die Medaille wieder runter g’rissen.“
    „Ernst?“, fragte Fabian leise.
    „Wenn’s der Pesi sagt, wird’s wohl so sein“, antwortete Saubauer trocken. „Es ist Zeit!“
    Von der Schweizer Delegation kamen noch etliche mit, nicht nur vom Alpin-Team. Florian nahm an einer Pressekonferenz im olympischen Deutschen Haus in Esto-Sadok teil. Das lag fünf Kilometer weiter talabwärts, also würde ihn Fabian leider erst im Coastal Cluster treffen. Im Bus hatte sich eine ordentliche Schar versammelt. Er vermutete, dass Jonny Druck gemacht hatte, es könne nicht sein, dass ein Schweizer Abfahrts-Olympiasieger alleine zur Medaillenfeier fahre. Selbst Richard stieß im letzten Moment zu ihnen; er gehörte ja ebenfalls zum Team.
    Edcham hatte sich auch herausgeputzt und gratulierte feierlich beim Einsteigen. Für ihn sei ein Traum in Erfüllung gegangen: einen Olympiasieger zur Feier zu chauffieren! Stas hatte sich auch eine Krawatte umgebunden, musste aber trotzdem die Guide-Jacke mit dem seltsamen bunten Kristallmuster, das bei diesen olympischen Spielen in Mode war, tragen. Er fuhr dem deutschen Mannschaftsbus hinterher, sehr vorsichtig die von überfrorenem Schmelzwasser eisig gewordene Straße hinunter. Ein paar Helfer waren gerade dabei, Splitt zu streuen. Die Fahrt ins Tal führte an der Bob-Bahn vorbei, dort brannte bereits das Flutlicht, ein Wettbewerb war da im vollen Gang. Da wurde noch um Medaillen gekämpft und Fabian fuhr an die Küste, um eine Goldene abzuholen. Wahnsinn! Aber er dachte auch an das irritierende Erlebnis mit der australischen Snowboarderin vom Nachmittag, die eine Abfahrts-Goldmedaille einem Schwulen nicht zutraute.
    Im Tal ging die Reise flotter voran. Für die olympischen Spiele hatte Putin neben der neuen Eisenbahn auch eine Schnellstraße mit etlichen Tunnels und Brücken bauen lassen.
    Sie erreichten die Küstenstadt Adler, als die Sonne schon untergegangen war, aber es blieb noch Zeit, bis die Zeremonie beginnen würde. Deshalb fuhren die beiden Busse Fabian zuliebe um den Olympiapark herum auf die Strandseite. Er hatte ja noch nie das Schwarze Meer von ganz nahe gesehen. Es waren an der Promenade viele Leute unterwegs und die Mitteilung des deutschen Trainers, man habe von ziemlich weit oben in der deutschen Sportwelt die Bitte geäußert, Fabian und Florian sollen hier nicht Händchen halten, war überflüssig. Bei den vielen Einheimischen, die gerade aus der Schaiba-Eis-Arena strömten, hätten sie sich das sowieso nicht getraut. Der Eishockey-Match Deutschland gegen Russland war dort vor ein paar Minuten zu Ende gegangen. Auch am Kiesstrand waren jede Menge Olympiatouristen unterwegs.
    Eine weit über dem Meer draußen noch im Abendrot schimmernde Bank aus Zirruswolken sorgte einen Moment lang für romantische Stimmung, während nun die LEDs am Bolshoy Ice Dome ein immer wechselndes Lichtmuster zeichneten.
    Fabian ging zu den Wellen hinunter, die über den Kies rauschten, und hielt seine Hand einen Moment ins kalte Salzwasser. Ohne das Meer gäbe es in den Bergen keinen Schnee und ohne Schnee keine

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