Der Sieger von Sotschi: Ein olympischer Roman (German Edition)
landen.
Die Australierin erkannte Fabian plötzlich. Für mehr als ein „
hi boys
!“ – „
hi girls
!“, reichte es nicht mehr. Jedes Trio musste sich hinter einer Hostess mit einem Schild einreihen, das die jeweilige Sportart zeigte.
„Guten Abend“, ergriff ein Offizieller das Wort. „Sie werden den netten Damen unauffällig folgen und dann finden Sie auf der vom Publikum aus gesehen rechten Seite der Bühne Ihre Ehrenplätze. Sie setzen sich pro Sportart zusammen hin. Wenn sie dann dran sind, gehen Sie in der Reihenfolge Bronze, Gold, Silber auf die Bühne vor der Treppe durch, dann im Bogen hinter die Treppe auf die Position Ihrer Medaille und steigen erst hoch, wenn Sie aufgerufen werden. Wenn die Hymne gespielt wird, blicken Sie ernst, kein Winken oder Jubeln. Für das Siegerfoto steigen Sie alle auf den ersten Platz und dann sind Sie unsterblich. Fragen dazu?“
Niemand hatte eine Frage. Fahnenträger machten sich bereit.
„Großer Moment!“, meinte Stas, klapste Fabian und Florian auf die Schulter und musste dann den Raum mit den anderen Team-Guides verlassen. Der Glarner dachte nochmals an die Regieanweisung. Er musste also hinter Florian und vor Koslow über die Bühne gehen.
Schon wurde im Stadion auf Englisch angekündigt: „Meine Damen und Herren, begrüßen Sie nun die erfolgreichen Nationen des zweiten Spieltages.“ Die drei Damentrios hatten den Vortritt, danach folgte alphabetisch Alpine Downhill als erste Männermannschaft. Fabian und Florian zusammen mit Koslow reihten sich hinter einem Schild ihrer Sportart ein, dahinter wurden ihre jeweiligen Nationalflaggen getragen. Die Athleten wurden beim Gang nach vorne zu den Ehrenplätzen mit Applaus begrüßt; ihre Teams hatten in der Nähe der Bühne platzgenommen. Nachdem die olympische Hymne gespielt worden war, durften sich die Athleten auf den Plätzen bei der rechten Ecke der Bühne setzen. Mit 3000 Meter Eisschnelllauf der Damen wurde begonnen. So konnte Fabian zusehen, wie das genau funktionierte. Nachdem ein paar Einblendungen vom Wettkampftag das Publikum eingestimmt hatten, mussten sich die Medaillenträgerinnen wie abgemacht auf die Bühne begeben, ebenso die Helfer und die Offiziellen. Schließlich wurde die Hymne des Siegers gespielt und es wurde ein Foto mit allen dreien auf der Plattform der Goldmedaille geschossen. Es folgten die Bezwingerinnen der Buckelpiste und dann die Snowboarddamen des Slopestyles, die Fabian ja bereits kennengelernt hatte. Und dann trennte ihn nichts mehr von der zehn Schritt entfernten Siegertreppe.
„Meine Damen und Herren, wir begrüßen Sie nun zur Siegerehrung in der alpinen Abfahrt der Männer“, kündigte der Platzsprecher an und eine Sprecherin wiederholte den Satz auf Französisch, ein weiterer auf Russisch. Ein paar spektakuläre Sprünge wurden eingeblendet, unter dem großen Applaus des Publikums. Sie feierten wohl vor allem David, vermutete Fabian. Doch es wurde auch Fabians weiter, aber kompakter Lake Jump gezeigt. Als Nächstes sah man in Zeitlupe, wie ein Rennläufer mit deutschem Anzug im Sprung wie vor dem Gebirgsgrat im Hintergrund zu schweben schien. Wie sie vorhin instruiert worden waren, musste Florian vorangehen. Eine hübsche Helferin machte die Spitze, damit sich keiner verirrte unterwegs. Auf der Bühne hinter der Treppe schien der Medaillentraum wirklich wahr zu werden.
Die Medals Plaza war etwa zu dreiviertel voll und das waren eine Menge Menschen. Das IOC-Mitglied Randhir Singh und ein Vizepräsident der FIS, der Koreaner Sung-Won Lee, wurde vom Sprecher als Offizieller vorgestellt. Die eigens für die Medaillenzeremonie komponierte Musik setze ein und es hieß:
„Der Bronzemedaillengewinner der Alpinen Abfahrt, der Deutschland repräsentierende Florian Häusle!“
Dem Südkoreaner in überkorrektem blauen Anzug wurde von einer Hostess die Medaille auf einem Tablett dargeboten, dann überreichte er ihm die Medaille und der Inder ihm den Blumenstrauß. „Eine überaus beeindruckende Leistung für einen so jungen Athleten
“
, gratulierte ihm der Vizepräsident.
„Ich danke Ihnen, Sir“, antwortete Florian heiser. Fabian kämpfte bereits damit, keine feuchten Augen zu bekommen. Das war tatsächlich ein besonderer Moment, dachte er – vielleicht war das schon der Höhepunkt seiner Karriere?
Der Applaus schwoll fast ohrenbetäubend an, als nun David Koslow auf die Silbermedaillenstufe treten durfte und von den beiden Funktionären die Silberne umgehängt
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